"Ach hätt ich bloß...": Wozu ist das Wünschen wirklich gut?

Zu Weihnachten steht die Wunscherfüllung im Fokus - doch wozu sind Wünsche eigentlich gut?
Alle Jahre wieder – eine Hitliste der größten Wünsche und beliebtesten Geschenke. Was es übers Wünschen zu sagen gibt.

Gesundheit und Frieden: Das ist, was sich der Durchschnittsösterreicher vom Leben und der Zukunft wünscht. Das Christkind darf aber dann schon ein bisserl Bargeld, Gutscheine und eine Reise auf den Gabentisch legen – sie führen die Hitliste der Weihnachtswünsche an. „Finger weg von Socken, Unterwäsche und allzu Teurem“, wird in einer Aussendung der Wirtschaftskammer gewarnt.

So oder so gilt: Irgendein Wunsch bleibt immer offen. Nach der Wunscherfüllung ist vor der Wunscherfüllung. Wenn ich doch nur … hätte, wäre, werde und bekäme. Das Leben ist eine lange Reihe von Wünschen. Vielleicht ist es deshalb modern geworden, das Universum zu bemühen. Optimiertes Wünschen geht heute so: Der Mensch übergibt seinen Wunsch an eine höhere Macht, wartet ab, trinkt Tee. Darin liegt eine der Tücken des Wunsches. In seiner Verkehrung zwingt er nicht zum Handeln – im Gegensatz zum Wollen.

„Das Wünschen kann sehr faul und passiv machen, Wünschen ist dezenter Illusionismus des Alltags“, sagte dazu die Psychoanalytikerin Brigitte Boothe, die ein Buch über die „Anatomie des Wunsches“ geschrieben hat. Sie ist überzeugt, dass Wünschen auch zum Nichtstun verführen kann. Doch sonst ist die Sache mit dem Wünschen schon etwas Schönes. Wer wünscht, fühlt Vorfreude. Und Sehnsucht. Wer wünscht, der träumt. Wünschen bedeutet außerdem, warten zu können. Was wäre das Weihnachtsfest ohne diesen Zustand der Vorfreude, diese Zeit kindlichen Er-Wartens?

„Ich wünsche mir, dass ich nie das Wünschen verlerne – das könnte ein Weiser gesagt haben“, schrieb der Autor Max Kruse (1921–2015, „Urmel aus dem Eis“) in seinem Buch „Alphabet der kleinen Freuden“ (Verlag Sanssouci), wozu das Wünschen zählt. Warum? „Weil wir nur leben, wenn wir noch Hoffnungen haben. Und die haben wir, solange wir uns etwas wünschen.“ Aus seiner Sicht ist der Wunsch „geradezu der Gradmesser unserer Lebensfreude“. Er betont aber auch, dass man das Wünschen keinesfalls mit dem Habenwollen verwechseln darf. „Der Wunsch, dieser vertrackte Geselle, lebt zwar von der Sehnsucht nach der Erfüllung. Aber wehe, wenn er sie hat. Die Erfüllung ist sein sicherer Tod.“

Vermutlich geht es einfach nur darum, den Wunsch um seiner selbst Willen zu mögen. Er offenbart die Sicht auf eine Möglichkeit, auf das, was sein könnte, aber nicht zwingend sein muss. Eine allzu hohe Erwartungshaltung ist nicht angebracht.

An dieser Stelle sei an das „Märchen vom Glück“ von Erich Kästner erinnert. Darin erzählt ein alter Mann, dass ihm eines Tages eine Art „Weihnachtsmann in Zivil“ begegnet sei und zu ihm, dem damals sehr Verbitterten, sagte: „Du hast drei Wünsche frei. Wünsch dir, was du willst. Die schönste Frau oder das meiste Geld oder den größten Schnurrbart, das ist deine Sache. Aber werde endlich glücklich. Deine Unzufriedenheit geht uns auf die Nerven.“ Der Mann wurde wütend und sagte nur eines: „Scher dich zum Teufel.“ Der Weihnachtsmann verschwand, der Mann erschrak – und wünschte sich ihn wieder zurück. Nun war nur mehr ein Wunsch frei, der dritte.

Hat er ihn verbraucht? Nein. „Den letzten Wunsch hab’ ich vierzig Jahre lang nicht angerührt. Manchmal war ich nahe daran. Aber nein. Wünsche sind nur gut, solange man sie noch vor sich hat.“ Das ist wohl das wichtigste Geheimnis des Wünschens.

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