Willi Resetarits gestorben: Ein unbezwingbar Freundlicher
Ein großer Künstler und ein großer Mensch ist gegangen: Willi Resetarits, auch bekannt unter dem Namen seines Alter Egos Kurt Ostbahn, ist völlig überraschend im Alter von 73 Jahren gestorben. Erst vor wenigen Wochen hat er eine Corona-Erkrankung überstanden. Resetarits verunglückte bei einem Sturz in seinem Haus.
Willi Resetarits, 1948-2022: Ein großer Künstler ist tot
Resetarits war ein Künstler, wie er selten geworden ist: Ein Mensch mit Haltung. In einem KURIER-Interview sagte er über die Veränderung der Gesellschaft:
Teufel Kommerz
„Es war nicht in die Richtung, die man erhofft hatte. Der Kommerz hat sich diese Bewegung des Rock gegriffen. Aber dadurch ist auch der Ostbahn-Kurti entstanden, denn der Günter Brödl hat darüber nachgedacht, wie man eine Wienerische Band beschreiben könnte und welche Lieder diese Band singen würde, die dem Teufel widersteht. Widerstehst du dem Teufel Kommerz? Und der Kurtl hat g’sagt: ,Ja, von mir aus.’ Ursprünglich haben wir gesagt: Den Kurtl machen wir nicht wegen des Geldes, sondern für die Gesundheit. Die heilende Wirkung der Rockmusik! Und dann haben wir doch nolens volens a Göd verdient.“
Willi Resetarits kam am 21. Dezember 1948 in Stinatz zur Welt, als Kind einer burgenländisch-kroatischen Familie. Seine Brüder sind der Kabarettist Lukas Resetarits und der TV-Moderator Peter Resetarits. Die Familie übersiedelte bald nach Wien-Favoriten. Er begann früh, in Bands zu singen und zu musizieren. Resetarits studierte Sport und Anglistik und wollte Lehrer werden. Seine musikalische Laufbahn verlief aber so erfolgreich, dass er sich bald ganz der Musik widmete.
1969 wurde er Mitglied der Gruppe Schmetterlinge. Die Band verband hochpolitische Texte mit gut ins Ohr gehender Folk-Pop-Musik. Ihr Werk „Proletenpassion“ wurde 1976 bei den Wiener Festwochen aufgeführt. Das Stück, das Fragen der sozialen Unterdrückung und der Revolution thematisiert, gilt bis heute als bahnbrechend.
1977 kam es zu einer großartigen Kuriosität: Die Schmetterlinge nahmen am Song Contest in London teil, ihr Lied „Boom-Boom-Boomerang“ schmuggelte kritische Töne in den so gemütlichen Bewerb, sorgte für Aufsehen und landete konsequenterweise auf dem vorletzten Rang.
Ostbahn
1979 schrieb der Autor Günter Brödl das Theaterstück „Wem gehört der Rock ’n’ Roll?“ mit der Figur des Ostbahn-Kurti, damals verkörpert von Erich Götzinger. Brödl erfand rund um diese Figur eine hoch kreativ gestaltete Biografie. Um die Authentizität seiner Kunstfigur zu steigern, inserierte Brödl Anzeigen wie: „Suche Ostbahn-Kurti-LPs!“ oder sprühte an Autobahnbrücken sein Graffito „Kurt Ostbahn lebt!“
1983 traf Brödl auf Willi Resetarits und fand damit den idealen Ostbahn-Darsteller, wobei die Grenzen zwischen der Figur und ihrem Darsteller bald verschwammen: Kurt Ostbahn war die wienerische Version von Bruce Springsteen. Immer ebenso hungrig wie durstig, ein nah am Boden gebauter Rockstar im schwarzen Unterleiberl, der ins Österreichische übertragene Versionen von Songs von Springsteen, ZZ Top oder Bad Company glaubwürig interpretierte und verkörperte.
(Wer es nicht glaubt, höre das erste Live-Album von Kurt Ostbahn und der Chefpartie – niemals hat jemand so authentisch nachgewiesen, dass Wien-Favoriten in Tennessee liegt.)
Später verlegte sich die Chefpartie auf eigene Songs, großartige Texte von Brödl, im rauen Favorit’n & Blues vertont, von Resetarits mit großer Seelenkraft gesungen.
Günter Brödl erlag im Jahr 2000 einer Herzattacke, worauf Resetarits den Ostbahn-Kurti in Gleitpension schickte, was ihn aber nicht daran hinderte, alle paar Jahre Konzerte zu geben, die von den Fans wie heilige Handlungen begangen wurden.
Resetarits blieb danach musikalisch hoch aktiv. Mit dem Stubenblues erforschte er die Überschneidungen von Volksmusik und Rock. Mit Ernst Molden, Walter Soyka und Hannes Wirth brachte er Wienerlieder am Rand des Wolkenbruchs zum Vortrage (und wurde erst dieser Tage mit dem „Amadeus“ ausgezeichnet).
Die Benachteiligten
Resetarits blieb ein Leben lang politisch engagiert, er stand immer auf der Seite der Schwachen und Benachteiligten. Er ist Mitbegründer des Integrationshauses Wien und der Organisation SOS Mitmensch.
Wer Willi Resetarits kennen lernen durfte, erinnert sich an einen warmherzigen, wachen und unbezwingbar freundlichen Menschen. Er war einer, der lieber zuhörte, als zu sprechen, ein begnadeter Musiker und sensibler Mensch. Ihn zu kennen, hieß, ihn zu mögen. Er wird schmerzhaft vermisst werden.
In einem KURIER-Interview sagte er: „Meine Musiklaufbahn ist von Partnerschaften geprägt. Ich bin erst Dank der Musik ein halbwegs selbstbewusster Mensch geworden. Die meiste Zeit meines Lebens dachte ich, ich bin der Einzige, der so kämpfen muss, damit man seine Unsicherheit nicht sieht. Da fiel es mir leichter, mit Partnern goschert zu sein.“
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