Festwochen-Eröffnung mit "nicht-mainstreamigem" Musikprogramm

Festwochen-Eröffnung mit "nicht-mainstreamigem" Musikprogramm
Kunst, Politik und Aktivismus ist am Freitag bei dem Eröffnungsevent "Ausrufung der Freien Republik Wien" zu erwarten.

"Menschen aus allen Spektren der Kunst, Politik und des Aktivismus" versammeln die Wiener Festwochen am Freitagabend bei der traditionellen Eröffnung am Rathausplatz (ab 21.20 Uhr live auf ORF 2). Allein: Traditionell soll es dabei nicht zugehen, wie Festwochen-Intendant Milo Rau am Mittwoch bei der Pressekonferenz wissen ließ. Mit dem Programm - von Pussy Riot über Elfriede Jelinek bis zu Bipolar Feminin - sei "eine Mischung gelungen, den Platz trotz des angekündigten Regens zum Explodieren zu bringen".

Bei früheren Ausgaben der Eröffnung seien gefühlt "immer dieselben 20 Stimmen" zu hören gewesen, "und ich habe mich gefragt: Wo sind die anderen zwei Millionen?", so Milo Rau, der mit der Eröffnung die "Freie Republik Wien" ausrufen will und mit den beteiligten Acts, zu denen u.a. auch die Musikerin Königin der Macht, Gustav und Voodoo Jürgens sowie Mitglieder des "Rats der Republik" wie die Aktivistin Carola Rackete, der Autor Kim de l'Horizon oder die Schriftstellerin Sibylle Berg gehören, einen Vorgeschmack auf die inhaltliche Breite des Programms geben will. Die musikalische Verantwortung für den Abend, bei dem es laut aktueller Wetterprognose regnen soll, liegt bei Herwig Zamernik alias Fuzzman, der auch für diverse Hymnen verantwortlich zeichnet, die an dem Abend erklingen werden.

"Nicht für Mainstream zu haben"

"Das Schöne an der Freien Republik ist, dass wir auch das Wetter unter Kontrolle haben, mit Chemtrails geht das", scherzte der Musiker. "Da ich nicht für Mainstream zu haben bin, bin ich froh, dass das Festival sich traut, ein nicht mainstreamiges Musikprogramm zur Eröffnung zu haben", so Zamernik. Zu der proklamierten "Freien Republik Wien" gehören auch jene Flaggen, die Studierende für die Festwochen entworfen haben und die Farben wie Grün ("ökologisch"), Rot ("von Liebe erfüllt oder auch sozialistisch") oder Rosa ("für Gleichberechtigung der Genderbewegungen") enthalten. "Wir wollten uns nicht für eine Farbe der Demokratie entscheiden, sondern für alle", so Rau, der den immer wieder genannten Vergleich mit der palästinensischen Flagge als "absurd" bezeichnete.

Kaup-Hasler über "schwierige Auseinandersetzungen"

Für Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) ist die Eröffnung ein "Vorgeschmack auf ein Festival, das sozusagen die Polis bestimmt", erinnerte sie an Theaterfestivals in der Antike, bei denen Politik und Kunst verhandelt wurden, aber auch ein "Ort der Gemeinsamkeit und des Feierns" geschaffen wurde. Zu den im Vorfeld geführten Diskussionen rund um die "Rede an Europa" von Omri Boehm, aber auch Kritik an den Ratsmitgliedern wie der französischen Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux und dem ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis sagte sie: "Wir haben im Vorfeld auch schwierige Auseinandersetzungen geführt, die auch notwendig waren." Dadurch sei ein "Raum des Sprechens und des Zuhörens" entstanden. Der Antisemitismus-Vorwurf habe ihr aber "auch eine Gesellschaft vorgeführt, die in vielen Bereichen angstbesetzt ist und wo man auch sagen muss: Wir müssen mit den Ängsten ernsthaft umgehen, aber nicht, indem wir jeden Trigger verhindern", so Kaup-Hasler im Gespräch mit der APA.

Stadt Wien steht zu Festwochen: "künstlerisch total autonom"

Boehm sei ein Mensch, der "das Thema der Aufklärung in dieses Jahrhundert retten möchte, der auch sagt, wir müssen von der reinen Identitätspolitik loskommen, die uns ja auch in vielen Bereichen treibt und bestimmt und einengt". Die Stadt Wien stehe trotz der vorherigen Debatten zu Milo Rau und seinem Programm. Bezüglich Ernaux und Varoufakis - die beide übrigens nicht physisch in Wien anwesend sein werden - habe sie "großes Vertrauen, dass die Festwochen, die künstlerisch total autonom sind, diese Personen im richtigen Kontext einsetzen werden".

Einen Aufruf zur aktiven Teilhabe kam von Pussy Riot-Sängerin Diana Burkot: "Ich glaube, jeder sollte ein Aktivist sein", sagte sie bei der Pressekonferenz. Das Publikum ist jedenfalls dazu aufgerufen, seine Stimme zu erheben - zum Auftakt sind am Freitag alle zum Mitsingen der Hymne eingeladen. Das ist übrigens auch im Trockenen vor dem Fernseher möglich: ORF 2 und 3sat übertragen die Eröffnung ab 21.20 Uhr live und werden das Programm der kommenden Wochen in verschiedenen Sendungen begleiten.

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