"Die anderen sind seltsamer als ich"

epa03497093 US film director Tim Burton arrives at the 'Frankenweenie Fashion Contest' at Tokyo Mode Gakuen fashion school in Tokyo, Japan, 05 December 2012. Students of the fashion school participated in a contest displaying costumes inspired by Burton's latest animation movie 'Frankenweenie'. EPA/FRANCK ROBICHON
Tim Burton, der Meister des Skurril-Fantastischen über Musicals, Hunde und Kritiken.

Er kommt zwanzig Minuten zu spät zum Interview: „Sorry, der Londoner Verkehr!“ Nimmt bedächtig seine dunkle Brille ab und bestellt Tee. „Halb elf Uhr vormittags ist keine gute Zeit“, grummelt Tim Burton. Der Meister des Schrägen schlägt sich gern die Nacht um die Ohren.

Burton, der Kultfilme wie „Alice in Wonderland“ oder „Sweeney Todd“ schuf, hat nun einen bizarr-komischen Animationsfilm, „Frankenweenie“, gemacht. Die Geschichte des verschrobenen Buben Victor Frankenstein, der den Tod seines Hundes Sparky nicht verwindet und ihn wiederbelebt.

KURIER: Ist „Frankenweenie“ nicht eine sehr düstere Geschichte, vor allem für Kinder?
Tim Burton: Nein. Ich habe noch nie ein echtes Scary Movie gedreht. Selbst wenn ich das gewollt hätte, hätte ich es nicht geschafft. Sie wissen ja, ich bin bei Disney groß geworden und habe dort an so etwas wie Schneewittchen gearbeitet. Das war zwar frustrierend, weil ich nicht machen konnte, was sich eigentlich wollte, aber ich habe das trotzdem als große Möglichkeit gesehen.

Wie darf man sich Ihr Großwerden im kalifornischen Burbank, wo auch die Disney-Zentrale angesiedelt ist, vorstellen?
Die Umgebung dort hat mich schon sehr geprägt. Als ich jetzt „Frankenweenie“ gemacht habe, habe ich mich in meine Kindheit zurückversetzt. Mich an die Häuser und Menschen erinnert. An meine Schulkameraden, meine Freunde. Alle Charaktere im Film basieren auf Menschen, die ich kannte und deren Eigenschaften ich zusammengemischt habe.

Waren Sie auch so schrullig wie der kleine Victor, Ihr Filmheld?
Naja, ich wollte auch ein verrückter Wissenschaftler werden, liebte Super-8-Filme und war keine Sportskanone. Ich würde nicht sagen, ich war ein Außenseiter, aber ich kann dieses Gefühl des Alleinseins und seine Marotten-Kultivieren sehr gut nachvollziehen. Ich finde es nach wie vor normal, Horror- und Monsterfilme zu lieben. Und ich habe mich damals schon gefragt, wie es sein kann, dass es sogenannte normale Leute gibt, die Musicals und Western mögen. Eigentlich fand ich immer, die anderen sind seltsamer als ich.

Sie hatten ja auch einen Hund. Sah der so aus wie der niedliche Film-Sparky?
Nein. Das war ein unscheinbarer Mischling namens Pepe. Er hat sehr lang gelebt. Aber damals wie heute waren mir andere Dinge wichtiger, deshalb hatte ich nie mehr Haustiere.

Frankenweenie“ ist in Schwarz-Weiß gedreht. Aus Nostalgie oder weshalb?
Ich liebe Schwarz-Weiß, es ist für mich einfach ein schönes Medium. Es ist schwer, das in Worte zu fassen, aber Bilder in Schwarz-Weiß sind einfach viel emotionaler als Farbbilder. Wahrhaftiger. Dann konnte ich auch noch in 3-D und mit Stop-Motion-Technik (eine Animationstechnik mit Einzelbildaufnahmen, Anm.) arbeiten. Das war eine für mich glückliche und machtvolle Kombination.

Sie haben ja schon als Kind Filme gedreht. Worüber waren die?
Über alles, was ich gerade gesehen habe mit allem, was gerade verfügbar war. Flaschen wurden zu Vulkanen oder wir schütteten Wasserkübel aus, um eine Flut zu simulieren. Wir Kids hatten unseren Spaß.

Wer Neues machen will, wer anders ist als die Masse, dem schlägt große Skepsis, ja sogar Angst entgegen, ist eine These Ihres Films.
Wenn du die Dinge anders siehst und angehst als die Mehrheit, dann gibt es immer maßgeblichen Widerstand, der dir entgegenschlägt. Als ich meine ersten Filme – „Pee-Wee’s Adventures“ und „Beetlejuice“ – gedreht hatte, wurden die unter die zehn schlechtesten Filme des Jahres gereiht. Ein paar Jahre später hatten die Kritiker ihre Meinung geändert.

"Die anderen sind seltsamer als ich"

"FRANKENWEENIE" (Pictured) SPARKY. ©2012 Disney …
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"FRANKENWEENIE" (L-R) VICTOR and SPARKY. "Fr…
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"FRANKENWEENIE"..In Tim Burton?s ?Frankenweenie,? …
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"Frankenweenie" (L-R) SPARKY and VICTOR. ©2012…
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"FRANKENWEENIE" (L-R) Mr. FRANKENSTEIN, VICTOR, S…
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"FRANKENWEENIE" (Pictured) MR. RZYKRUSKI. ©2012 …
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"FRANKENWEENIE" (L-R) ELSA VAN HELSING and MR. BU…
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"FRANKENWEENIE" (Pictured) Mr. RZYSKRUSKI. ©2012…

Er genießt das Rampenlicht: Breit grinsend und auf seinen Gehstock mit Goldknauf gestützt posiert Martin Landau vor den Fotografen in London. Der 84-Jährige spielt in „Frankenweenie“ den gestrengen Professor Rzykruski, der den wissbegierigen Victor unter seine Fittiche nimmt.

„Mein Physiklehrer hat mich nicht interessiert“, sagt Landau, „er konnte nicht vortragen und ich habe ihn nicht ausstehen können. Aber dafür später Lee Strasberg und Elia Kazan. Das waren gute Lehrer.“ Dass er dem verrückten Professor Rzykruski die Stimme leihen durfte, hat Landau Riesenspaß gemacht: „Ich habe ihn gesehen und gleich gewusst: So spiele ich ihn. Wenn ich ihn live als realen Menschen gespielt hätte, hätte ich es genauso gemacht.“ Zu Tim Burton hat Landau seit seiner oscargekrönten Rolle als Bela Lugosi in „Ed Wood“ blindes Vertrauen: „Er ruft und ich komme. Egal, was er macht.“

Er sehe nicht nur so aus, er sei ein Dinosaurier, meint Landau und ärgert sich über die Karrieregeilheit junger Kollegen. „Dass man sich für etwas anstrengen muss, hart an sich arbeiten muss, das ist heute nicht mehr wichtig. Jeder will schnell ein Star sein, was vor allem im Fernsehen immer wieder gelingt. Aber dass etwas leicht geht, heißt noch lange nicht, dass es auch gut sein muss.“

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