Serie "Hinter den Kulissen": Die Bühnenbildmacher der Bundestheater
Die Bundestheater wurden 1999 in eine Holding mit vier Tochtergesellschaften ausgegliedert. Drei von ihnen, die Staats- und die Volksoper sowie die Burg mit dem Akademietheater, dürfen mit Premieren im Rampenlicht stehen. Und dann gibt es noch das Aschenputtel, das die zumeist unbedankte Arbeit erledigt: die Theaterservice GmbH, die sich sinnfälligerweise „Art for Art“ nennt.
Sie umfasst den Kartenvertrieb, die Gebäudeverwaltung, die EDV sowie die Kostüm- und Dekorationswerkstätten – mit Bildhauerei, Tischlerei, Schlosserei, Tapeziererei, Damen- und Herrenschneiderei, Färberei, Weißnäherei, Modisterei, Waffenschmiede und Schuhmacherei. Im Gegensatz zu den Bühnengesellschaften erhält sie kein Steuergeld: Die „Art for Art“ muss sich selbst finanzieren. Das ist ihr bisher, 21 Jahre lang unter der Leitung von Josef Kirchberger, geglückt. Auch deshalb, weil die Servicegesellschaft geschickt in Immobilien investiert hat – und Mieteinnahmen lukriert.
Mit einem teilweisen Verkauf des „Familiensilbers“ nach dem Burg-Finanzdebakel 2014 trug sie, wie der Rechnungshof festgehalten hat, „wesentlich“ zum Überleben des Theaterkonzerns bei. Zudem kommt es immer wieder einmal vor, dass Gewinne der „Art for Art“ in die Bühnengesellschaften fließen.
Umgekehrt gab es in den ersten Jahren einen „Kontrahierungszwang“: Die Theater mussten ein bestimmtes Volumen pro Saison bei der „Art for Art“ bestellen. Längst ordern sie Bühnenbilder und Kostüme aber freiwillig. Einerseits, weil sie Miteigentümer sind (also Verluste abdecken müssten). Und andererseits, weil die Qualität stimmt. „Die Ausstattungen, die z. B. aus Rumänien geliefert werden, sind zwar billiger, aber mit unseren nicht zu vergleichen“, sagt Petra Höfinger. „Man sieht einfach den Unterschied. Und oft müssen wir dann nacharbeiten.“
Höfinger begann im Oktober 2020 als Nachfolgerin von Kirchberger – in einer turbulenten Zeit. Denn ab 2. November hatten die Theater aufgrund der Pandemie für ein halbes Jahr geschlossen zu sein. Es wurden daher weit weniger Leistungen von der „Art for Art“ benötigt als geplant. Aber im Gegenzug konnten Umbauarbeiten in Angriff genommen werden: Das Bühnenportal der Volksoper wurde technisch aufgerüstet, das Burgtheater erhielt eine neue Bestuhlung und eine Klimaanlage. Das Geschäftsjahr 2020/21 werde man daher, so Petra Höfinger erleichtert, mit einer schwarzen Null abschließen.
Einige Schwachstellen
Erfahrungen im Kulturbereich hat sie zwar nicht mitgebracht: Die Niederösterreicherin war u. a. Managerin bei der ÖBB-Postbus GmbH und beim Bushersteller Solaris Bus & Coach. Aber sie ist theaterbegeistert – und aufgrund ihrer Vergangenheit serviceorientiert.
Über Kirchberger äußert sie sich mit Respekt, dennoch redet sie offen über einige Schwachstellen. Sie will zum Beispiel die Effizienz steigern, um für alle Veranstalter interessant zu sein, die über keine eigenen Werkstätten verfügen. Eine Chance sieht sie im Bereich des aufwendigen Musicals. Auch Filme auszustatten, wäre ein Ziel. Aber: „Derzeit tun wir uns nur leicht bei Kostümschinken. Denn wir haben einen der größten Fundus europaweit – mit zehn Kilometern eng behängten Kleiderstangen.“
Hauptanliegen von Höfinger ist die technologische Aufrüstung der Werkstätten: „Es gibt Materialien und Innovationen, die wir nicht einsetzen, weil uns das Know-how fehlt, etwa für den 3D-Druck. Das muss sich ändern, um konkurrenzfähig zu bleiben.“
Die Servicegesellschaft vermochte z. B. nicht, das Bühnenbild für Gioachino Rossinis „Il barbiere di Siviglia“ (die Premiere war Ende September in der Staatsoper) herzustellen. Denn Regisseur Herbert Fritsch verlangte transparente, beklebte Farbfolien. „Diese Technik beherrschen wir nicht. Noch nicht!“
Neuer Kartenvertrieb
Auch die Nachhaltigkeit ist ihr wichtig. Petra Höfinger musste allerdings feststellen: „Die Bereitschaft zur Ökologisierung ist in der Kunst leider noch nicht angekommen.“ Man verwende für Bühnenbilder gerne Styropor, Polyester, Plastik und Lacke. „Warum setzen wir nicht mehr Materialien ein, die recycelbar sind – wie Stoff und Holz? Da würden wir uns gerne beratend einbringen.“
Aber natürlich werden in den Werkstätten im Wiener Arsenal nicht nur Bühnenbilder gebaut, Prospekte gemalt, Kostüme geschneidert, Schuhe gefertigt: „Art for Art“ zimmerte z. B. die Möblierung für das neue, multifunktionale Pausenfoyer der Staatsoper. Man entwickelt gerade unter der Federführung der Bundestheaterholding einen neuen Kartenvertrieb inklusive Print-at-Home, der ab dem Herbst 2022 zum Einsatz kommt. Und jeden Sommer erfolgt in allen Bundestheatern die „textile Revision“.
Die Arbeiten beinhalten unter anderem Reparatur, Reinigung und Austausch von Teppichen, Vorhängen, Stoffbespannungen aller Art. Mit den Zahlen vermag Petra Höfinger durchaus zu beeindrucken: Im vergangenen Sommer wurden 420 Polstertüren, 840 Meter Handläufe, 2,5 Kilometer Brüstungsobersichten, 150 Bänke und Fauteuils, 400 Logendekorationen und 3.400 Quadratmeter Damastflächen kontrolliert ...
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