Regisseurinnen im Oscar-Abseits

Elf Nominierungen: „Everything Everywhere All At Once“
„Corsage“ von Marie Kreutzer ist aus dem Spiel, die österreichische Schnittmeisterin Monika Willi für „Tár“ nominiert, schräge Sci-Fi-Komödie „Everything Everywhere All At Once“ ganz vorne

Der österreichische Film „Corsage“ von Marie Kreutzer hat es nicht auf die Liste der Oscarnominierungen geschafft. Das feministische „Sisi“-Porträt war durch die Anklage von Florian Teichtmeister wegen des Konsums von Missbrauchsbildern von Kindern schwer in die öffentliche Kritik geraten. Teichtmeister verkörpert in „Corsage“ Kaiser Franz Joseph.

Einen großen Grund zur Freude hat hingegen die österreichische Schnittmeisterin Monika Willi (siehe unten): Sie erhielt eine Oscar-Nominierung für den Schnitt von Todd Fields Dirigentinnen-Porträt „Tár“. Auch Cate Blanchett wurde für ihr ausgezeichnetes Spiel in der Titelrolle mit einer Oscarnominierung belohnt.

Mit elf Nennungen aber heißt der große Nominierungsabräumer für die 95. Oscarverleihung am 12. März „Everything Everywhere All At Once“: In der schrillen Science-Fiction-Satire von Daniel Kwan und Daniel Scheinert spielt die tolle Michelle Yeoh eine frustrierte Wäschereibesitzerin, die ihr langweiliges Leben mit einem Sprung ins Multiversum aufpeppt.

Mit neun Nominierungen folgt das deutsche Netflix-Kriegsepos „Im Westen nichts Neues“ – mit dem Burgtheaterschauspieler Felix Kammerer in der Hauptrolle – dicht auf den Fersen. Ebenfalls neun Mal nominiert wurde auch die irische Tragikomödie „The Banshees of Inisherin“ von Martin McDonagh, mit Colin Farrell in der Hauptrolle; auch er erhielt eine Nominierung als Bester Hauptdarsteller. Alle drei Filme stehen auf der Liste für den Besten Film.

Blockbuster

Das heurige Kinojahr zeichnet sich durch die Rückkehr der amerikanischen Blockbuster aus. Zu den größten Publikumsmagneten an den Kinokassen gehören James Camerons „Avatar: The Way of Water“ – wobei es Cameron nicht zu einer Nominierung für Beste Regie gebracht hat; und Joseph Kosinskis „Top Gun: Maverick“ mit Tom Cruise, gemeinsam mit Baz Luhrmanns Sommer-Hit „Elvis“: Sie alle tummeln sich in der Kategorie für Besten Film, wo sich auch Steven Spielbergs halb-autobiografischer Film „The Fabelmans“, Todd Fields „Tár“ und Ruben Östlunds Superreichen-Satire „Triangle of Sadness“ wiederfindet. Der schwedische Palmengewinner, der Sunnyi Melles und Iris Berben auf eine turbulente Kreuzfahrt schickt, wurde auch in den Kategorien Bestes Drehbuch und Beste Regie nominiert.

Keine Frauen

Regisseurin Sarah Polley erhielt für ihr Drama „Die Aussprache“, das von einer Gruppe von Frauen in einer isolierten Religionsgemeinschaft in Bolivien erzählt, zwar eine Nominierung in der Kategorie Bester Film. In der sogenannten „Königskategorie“ Beste Regie findet sich heuer allerdings keine einzige Frau in der Men-only-Liste wieder.

Gelegenheiten gab es genug: Nichts hätte dagegen gesprochen, die deutsche Regisseurin Maria Schrader für ihren packenden #MeToo-Thriller „She Said“ mit einer Nominierung zu adeln. Auch die Schottin Charlotte Wells hätte sich mit ihrem charismatischen Filmdebüt „After Sun“ messen können, ebenso wie Gina Prince-Bythewood mit dem kämpferischen Historienepos „The Woman King“; nicht zu vergessen Sarah Polley mit „Die Aussprache“.

Zumindest in anderen Kategorien finden sich Frauen, allen voran die US-Filmemacherin Laura Poitras: Ihre exzellente Doku „All the Beauty and the Bloodshed“, die den Kampf der Star-Fotografin Nan Goldin gegen die Oxycodon-Herstellerfamilie Sackler begleitet, wurde in der Kategorie Bester Dokumentarfilm nominiert.

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