"Red Bull BC One Cypher" im Volkstheater: Gebrochene Beats, blaue Flecken
Das Volkstheater-Ensemble hat am zweiten April-Wochenende einige Tage spielfrei. Die Bühne überlassen die Schauspieler anderen, theaterfremden Personen, die im Scheinwerferlicht schnelle Schatten werfen werden. Denn immerhin handelt es sich um einige der besten Breakdancer Österreichs, die von 12. bis 14. April im traditionsreichen Schauspielhaus vor rund 1000 Besuchern eindrucksvolle Vorstellungen geben werden.
Die Zutaten des Dramas: Action, Schweiß, spektakuläre Tanzschritte, akrobatische Bewegungen und blaue Flecken. In den Hauptrollen: B-Boys und B-Girls (die Szenebegriffe für jemanden, der Breakdance tanzt) aus Österreich, die sich bei einer weiteren Ausgabe des „ Red Bull BC One Cypher Austria“ gegenüberstehen werden.
Die nötigen Beats zum Tanzen liefert im Finale, das am Samstag (14. April) am Programm stehen wird, ein gewisser DJ Fleg – der US-Amerikaner wird dafür extra aus Baltimore (Maryland) anreisen. Der seit rund zehn Jahren in der Breakbeat-Szene tätige Musiker hat sich seine erste Platte vor 15 Jahren gekauft. Seither sind Tausende hinzugekommen. Bei der Finalshow in Wien darf er aber keine davon spielen, denn bei den von Red Bull 2004 ins Leben gerufenen globalen Breakdance-Meisterschaften darf der DJ ausschließlich Songs auflegen, für die der Getränkehersteller eine Lizenz hat.
Diese Vorgabe ist für den 32-jährigen DJ aber kein Problem, weil diese Musiksammlung, auf die er zugreifen kann, sehr umfassend und vielfältig ist. In diesem Pool an Musik befinden sich auch einige Tracks von DJ Fleg, der mit der Breakbeat-Kultur, der Hip-Hop-Szene in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren zum ersten Mal in Berührung kam. „ Meine Brüder hörten viel Hip-Hop – mich interessierte dabei vor allem das Scratching“, sagt der US-Amerikaner, der nach 2015 und 2017 zum dritten Mal beim BC One Cypher in Wien auflegen wird.
Anlässlich des Wettbewerbs im Volkstheater haben wir DJ Fleg Fragen über den Atlantik geschickt. Lesen Sie in den kommenden Zeilen einen Schriftverkehr über die Entwicklung der Breakdance-Kultur, seine Arbeit am DJ-Pult und das Graben nach Vinylschätzen.
KURIER: Was ist der Unterschied zwischen den Breakdance-Anfängen in New York der frühen 1970er-Jahre und der aktuellen Szene?
DJ Fleg: Zeit. Alles entwickelt sich. Musik verändert sich, Bewegung verändert sich. Alles, was sich nicht weiterentwickelt, überlebt nicht.
Ist Breakdance in den USA noch populär?
Das hängt davon ab, wie man „populär“ definiert. Grundsätzlich würde ich eher mit Nein antworten. Aber Breakdance findet gerade seinen Weg zurück ins Rampenlicht. Er ist Teil von Shows bei Basketballspielen, von Shows in Las Vegas, von Filmen, Musikvideos und von Bühnenshows diverser Künstler.
Wie hat sich die Breakdance-Musik über die Jahre verändert?
Die Szene hat sich mehr auf speziell dafür produzierte Beats konzentriert. Einige dieser Loops und Tracks sind wirklich lässig, aber es gibt auch viele ohne Swing und ohne Groove. Teilweise produziert von Leuten, die Musik scheinbar nicht verstehen.
Auf was achten Sie, wenn Sie bei Breakdance-Wettbewerben auflegen?
Ich spiele nach Gefühl und Stimmung. Ich beobachte beim Auflegen ständig die Situation beim Wettkampf. Ich versuche mich natürlich durch einen besonderen Mix und Stil von anderen DJs abzugrenzen. Ich gehe dabei auch immer ein bisschen weg von den fetten, oft sehr vorhersehbaren und einfachen Beats. Denn mir ist es wichtig, dass die B-Boys und B-Girls auch zu musikalisch subtileren Rhythmen tanzen können. Ich baue neuerdings viel Funk ein.
Kommt der von der Schallplatte?
Klar, ich liebe es, nach Vinyl-Schätzen zu graben. Es ist aber leider ein sehr teures Hobby. Ich habe Schätze zu Hause, die so viel kosten wie ein Goldbarren.
Nach welchen Schallplatten suchen Sie?
Ich suche nach Musik, die großartig ist, die vielleicht vergessen wurde. Und ich suche deshalb danach, weil ich sie als DJ mit anderen teilen möchte.
Gibt es DJ-Vorbilder, an denen Sie sich orientieren?
Ich versuche bei meinen Sets mit unterschiedlichen Stilen zu spielen. Eines meiner großen Vorbilder ist Karizma, ein Musiker, DJ und Produzent aus Baltimore, der einen besonderen Mixing-Stil entwickelt hat: Anstatt nur zwei Platten miteinander zu mischen, zieht er aus den Tracks einzelne Spuren und generiert so einen eigenen Song. Möglich macht das die ständig fortschreitende Technik der DJ-CD-Player.
Sie leben in Baltimore, wo es immer wieder zu Protesten gegen die
Polizei kommt. Was sind die Gründe dafür?
In Baltimore, aber auch in anderen US-Städten konzentriert sich seit Jahren ein unverhältnismäßig hoher Anteil der „Polizeiarbeit“ darauf, den Schwarzen und anderen Minderheiten das Leben schwer zu machen. Das führt mitunter dazu, dass viele Menschen gegen die teilweise brutale Vorgehensweise der Polizei auf die Straße gehen.
Kann Musik helfen, unterschiedliche Kulturen zusammenzubringen, Differenzen auszuräumen?
Klar, das tut sie ja bereits. Das ist auch das Schöne daran. Aber alle Probleme kann man mit Musik allein leider nicht lösen.
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