"Viel Glück bei der Intendantensuche"

Salzburger Festspielintendant Alexander Pereira Bild: Walter Schweinöster
Festspiel-Intendant Pereira im ersten Interview über seine ungewisse Zukunft in Salzburg und den Streit mit dem Kuratorium.

Der Budgetstreit um die Salzburger Festspiele eskaliert weiter. SP-Bürgermeister und Kuratoriums-Mitglied Heinz Schaden schloss am Donnerstag eine Vertragsverlängerung von Intendant Alexander Pereira über das Jahr 2016 aus. Am Mittwoch hatte es einen schwachen Kompromiss um Budgetzahlen gegeben: Für 2013 bekam Pereira das von ihm gewünschte Budget nicht ohne Auflagen genehmigt. Er muss eine etwaige Überschreitung des Finanzrahmens von 60 Millionen Euro mit Sponsoren und höheren Kartenerlösen selbst finanzieren. Und für 2014 drängt das Kuratorium auf Reduktion des Programmes.

Wie reagiert Pereira auf den aktuellen Konflikt? Wie stellt er sich seine Zukunft vor? Welche großen künstlerischen Pläne hat er noch in Salzburg? Das Interview.

KURIER: Bürgermeister Schaden hat ausgeschlossen, dass Sie in Salzburg über das Jahr 2016 hinaus Intendant sind. Was bedeutet das für Sie aktuell? Ist es ein Grund, vorzeitig zu gehen?

Alexander Pereira: Laut eigener Aussage ist das Kuratorium erst entscheidungsfähig, wenn die verschiedenen Wahlen stattgefunden haben. Für mich persönlich fällt die Entscheidung dann, wenn ich sie zu treffen habe.

Das Kuratorium steigt auf die Bremse, weil ihm offenbar Ihr Programm zu üppig ist. Haben Sie mit diesem Widerstand gerechnet?
In dieser Form nicht. Ich bin ja ein Intendant, von dem sie im Kuratorium wussten, dass er nicht Micky Maus spielen wird.

Für den Sommer 2013 fehlen Ihnen noch 2,4 Millionen Euro. Wie wollen Sie die aufbringen?
Der Kartenvorverkauf ist dieses Jahr nochmals um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Wir rechnen mit 1,5 Millionen Karten-Mehrerlösen. Davon nehme ich 1,1 Millionen zur Abdeckung. Der Rest wird sich durch Sponsoren ausgehen. Ich habe gerade in New York 240.000 Dollar für die Festspiele gesammelt. Aber mich ärgert, dass wir in Salzburg mit unserem Budget die Löcher stopfen müssen, die sich durch die Tariflohnerhöhungen auftun. Der Staat zahlt seinen Mitarbeitern diese automatisch. Sind die Mitarbeiter in Salzburg Menschen zweiter Klasse?

Dieses Problem haben andere öffentliche Institutionen auch . . .
Die Bundestheater bekommen 65 Prozent des Gesamtbudgets an Subvention. Wenn dann zwei Prozent Tariflohnerhöhungen anstehen, ist das ein substanzieller Betrag. In Salzburg, wo wir nur zu 20 Prozent von der öffentlichen Hand leben, sind zwei Prozent Subventionserhöhung circa 270.000 Euro. Die restliche rund eine Million Euro an Tariflohnerhöhung müssen wir selbst aufbringen. Bis 2016 wird der Betrag jährlich um eine Million höher werden, somit fehlen bis 2016 zehn Millionen Euro. Das bedeutet, die Festspiele könnten gar nicht mehr produzieren.

"Es ist eine große Herausforderung, die Weltgeltung der Festspiele immer wieder zu erneuern"

"Viel Glück bei der Intendantensuche"

Wie kann man zehn Millionen bis 2016 finanzieren?
Indem man maßvoll die Kartenpreise erhöht, in der Welt neue Sponsoren gewinnt und die Subventionsgeber ihre Pflicht und Schuldigkeit erfüllen. Nur so kann es zu einer Solidarität zwischen Staat, Wirtschaft und Privatem zur Erhaltung unserer Werteordnung kommen. Die Salzburger Festspiele wollen mit gutem Beispiel vorangehen.

Aber warum produzieren Sie überhaupt so viel, wenn es so teuer ist?
Es ist eine große Herausforderung, die Weltgeltung der Festspiele in einer so schwierigen Zeit immer wieder zu erneuern. Vor allem in einer Zeit, wo die Gefahr besteht, dass immer weniger Kunst stattfindet, dass man zeigt, dass diese Institution nur lebensfähig ist, wenn sie eine große künstlerische Ausstrahlung hat. Ich muss das tun, weil sich die Sponsoren nur für attraktive künstlerische Projekte begeistern. Aber man glaubt hier, ich bin ein Fixkostengeldsammler. Und als solcher bin ich meinen Sponsoren gegenüber unglaubwürdig. Wir haben für 2013 schon 17 Millionen Euro gesammelt. Aber das beeindruckt die Kuratoren überhaupt nicht. 17 Millionen sind mehr, als wir an Subvention bekommen. Das sind nämlich nur 13,5. Das Ganze ist ein Moloch, in den immer mehr Geld fließt.

Stimmt es, dass von Ihnen verlangt wurde, für das Jahr 2014 zwei Opernproduktionen zu streichen?
Ja, aber ich werde einen kreativen Vorschlag machen, der möglicherweise das Kuratorium überzeugt, ohne etwas zu streichen.

Wie wollen Sie die finanziellen Vorgaben ohne Programm-Kürzungen erfüllen?
Darüber mache ich mir gerade Gedanken. Ich suche einen gangbaren Weg. Aber das ist nicht der, den das Kuratorium beschlossen hat. Ich stehe nicht dafür zur Verfügung, den weltweiten Ruf der Festspiele zu ruinieren.

"Welcher Intendant seit Karajan istin Salzburg glücklich geworden? Keiner."

Wenn es keine Einigung bei der nächsten Sitzung im Mai gibt – sind Sie dann sofort weg?
Wenn sich kein gangbarer Weg ergibt, dann wünsche ich viel Glück bei der Intendantensuche. Mein Ziel ist es aber nach wie vor, meine Aufgabe bis 2016 zu erfüllen.

"Viel Glück bei der Intendantensuche"
Sitzung des Festspielkuratriums Foto: Neumayr/MMV 06.03.2013 Alexander Pereira und Heinz Schaden
Bedeutet das, dass ein früherer Rückzug möglich wäre?
Es könnte sein, dass wir uns total auseinanderleben. Wenn sich kein ausgeglichenes Ergebnis ausgeht, muss ich konsequent handeln. Das heißt, nun sind auch die Subventionsgeber gefordert, die geforderten Tariflohnerhöhungen zu erfüllen.

Sie wurden zuletzt als möglicher Intendant der Mailänder Scala genannt. Man hat Sie schon kontaktiert?
Man hat mich angesprochen. Aber das ist vorläufig reine Spekulation. In Salzburg ist man aber schon beleidigt, dass ich es überhaupt wage, mit Mailand zu reden. Ich würde auch nie darüber nachdenken, wenn ich hier nicht irrsinnige Schwierigkeiten hätte. Ich habe es nicht verdient, dass man mit mir so umgeht. Aber ich bin ja kein Einzelfall. Welcher Intendant seit Karajan ist in Salzburg glücklich geworden? Keiner. Man muss sich fragen, ob das nicht am System liegt.

Sie mussten zuletzt Rücklagen von zwei Millionen auflösen, um ausgeglichen zu bilanzieren. Ist es nicht logisch, dass das Kuratorium da vorsichtig ist?
Ich verstehe diese Angst nicht. Es wird sich alles ausgehen. Ich bin kein Geldsammler für die Zukunft, sondern für die Gegenwart. Und ich will das Geld in Produktionen investieren.

Wird Franz Welser-Möst nach dem Konflikt um den Da-Ponte-Zyklus wieder bei Ihnen dirigieren?
Er macht 2015 ein philharmonisches Konzert. Und für 2016 habe ich ihm „Fidelio“ abgeboten. Kann aber sein, dass sich das Werk noch ändert.

Glauben Sie, dass die Salzburger Vorsicht mit dem Finanzskandal zu tun hat?
Es sind alle gezeichnet. Aber bei den Festspielen gibt es keinen Finanzskandal. Wir sind in der Tariflohnfalle.

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