Sie haben sich auseinandergelebt

Sie haben sich auseinandergelebt
Intendant Pereira im Interview über den Konflikt mit Dirigent Welser-Möst.

Es kommt ja in den besten Familien vor, dass sich Menschen „auseinanderleben“. Wie intensiv das im Kulturbereich sein kann, erklärt Salzburg Festspielchef Alexander Pereira im Interview.

KURIER: Franz Welser-Möst gab bekannt, dass er in den kommenden drei Jahren nicht den Mozart-Da-Ponte-Zyklus dirigieren wird. Ihre Reaktion?
Alexander Pereira: Ich bin natürlich sehr enttäuscht. Ich hatte gehofft, ihn noch überzeugen zu können. Aber leider war das nicht möglich.

Wie geht es nun weiter?
Wir machen das auf alle Fälle. Ich bin schon in Gesprächen mit anderen Dirigenten. In den nächsten Tagen werden wir bekannt geben, wer das machen wird.

Welser-Möst beklagt, dass es drei Aufführungen von „Così“ in nur fünf Tagen gebe, die allerletzte sogar um 11 Uhr – das sei für die Sänger unmöglich. Wie kam es dazu?
Das betrifft eine Vorstellung am 31. August. Das ging aus dispositorischen Gründen am Abend nicht. Normalerweise spielen die Wiener Philharmoniker ihre letzte Vorstellung am 30. August und haben den 31. August als Rückreisetag. Sie hatten sich liebenswürdigerweise bereit erklärt, am 31. 8. zu spielen – mit der Bitte, dass die Musiker noch am Abend nach Wien zurückkehren können, weil ihre Tätigkeit an der Staatsoper am 1. 9. beginnt. Es war daher besprochen, dass die Vorstellung nachmittags stattfindet.

Wie kam es dann zu 11 Uhr?
Ich wollte ein Experiment wagen und die Publikumsreaktion testen für eine Vorstellung um 11 Uhr. Unglücklicherweise ist es im letzten Moment nicht geschehen, die Zustimmung von Welser-Möst einzuholen. Aber das wurde schon Mitte letzter Woche wieder geändert und die Vorstellung auf 14 Uhr verlegt. Für die Sänger sind solche Serien, fünf Vorstellungen in zehn Tagen, nicht unüblich. Ich hätte gerne schon früher mit den Proben begonnen. Aber Welser-Möst wollte da unbedingt noch Urlaub machen.

Warum kracht es zwischen Ihnen und Welser-Möst so?
Der Franz und ich kennen einander schon sehr lange. Ich kenne all seine Stärken und seine Schwächen. Glauben Sie mir: Seine Stärken sind wesentlich größer. Zwei Menschen, die einmal sehr intensiv über viele Jahre zusammengearbeitet haben, haben sich auseinandergelebt, was ich sehr bedauerlich finde. Aber jetzt geht es ja um etwas ganz anderes. Manche fragen sich: Sind die alle vom wilden Schwein gebissen, dass sie in Salzburg so viel machen? Oder ist das gut für die Festspiele. Ich kann nur sagen: Wir müssen so viele Neuproduktionen herausbringen, damit wir Geld hereinbekommen. Eine Analyse hat ergeben: Es würden uns durch die Steigerung der Kosten 4,7 Millionen Euro fehlen, wenn wir das selbe Programm wie Markus Hinterhäuser 2011 machen würden. Eine Erhöhung der Subvention kommt nicht in Frage. Die Kartenpreise wollen wir nicht erhöhen. Und Sponsoren kriegen wir nicht für die Steigerung der Fixkosten, sondern nur für spannende künstlerische Projekte. Also müssen wir mehr produzieren, um auch mehr Kartenerlöse zu bekommen.

Welser-Möst hat zuletzt im Musikverein auch die Eventisierung und Vermassung kritisiert – ohne Sie namentlich zu nennen. Waren Sie da gekränkt?
Das hat mich verletzt. Und es war ungerecht. Wir können jeden einzelnen Abend durchgehen, und Sie werden merken: Wir legen größten Wert auf die Qualität. Es gibt keine Vermassung. Die Anzahl der szenischen Opern ist 2013 sogar kleiner geworden. Und 2014 wird es gleich viele Opern geben wie 2009, 2010 und 2011. Wir machen da etwa einen neuen „Rosenkavalier“ – mit Zubin Mehta als Dirigent und Harry Kupfer als Regisseur.

Sie produzieren 2013 auch Verdis „Falstaff“ und Wagners „Meistersinger“ als Würdigung der beiden Jahresregenten. Warum diese beiden Werke?
Das ist auch eine Hommage an Mozart. Das sind die kammermusikalischsten Werke der beiden. Der Ensemblegeist ist da wichtig. Und man spürt auch die Verehrung für Mozart. Das sind die Werke, die Salzburg am besten beitragen kann zum Wagner- und Verdi-Jahr. Wir spielen auch „Falstaff“ nicht im Großen Haus, sondern im Haus für Mozart mit acht Ersten Geigen.

Sie wurden zuletzt in Italien als Kandidat für die Intendanz der Scala genannt. Ihr Kommentar?
Mir mir hat niemand darüber gesprochen.

Schließen Sie aus, dass Sie dort Nachfolger von Stéphane Lissner ab 2015 werden?
Wenn mir Salzburg nicht das Signal gibt, dass man mich loswerden will, sehe ich keinen Grund, das zu machen.

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