Öscars: Am Podest der Filmwelt

Öscars: Am Podest der Filmwelt
Christoph Waltz gewann den Nebenrollen-Oscar, Michael Hanekes "Amour" den Auslands-Oscar. Als "Bester Film" wurde Ben Afflecks "Argo" ausgezeichnet.

Schwer ist er. Wollen Sie heben?“, kommentierte ein guter gelaunter Haneke beim Empfang nach der Gala.

„Den Oscar kennt jeder Bauer in Afghanistan“, hatte Michael Haneke auf dem roten Teppich noch VOR der Oscar-Verleihung gesagt.

Nun, seit 3 Uhr 57 unserer Zeitrechnung, kennt auch ihn jeder Bauer. Zumindest in Österreich. Und das zu Recht.

Denn Österreich befindet sich wieder im patriotischen Ausnahmezustand: Der Bundespräsident gratuliert per Presseaussendung, und auch der Pensionistenverband.

Für sein zärtlich-grausames Sterbedrama „Amour“ (derzeit im Kino) durfte der 70-Jährige Sonntagnacht den Oscar für den Besten Fremdsprachigen Film entgegennehmen. Preis Nummer 41 übrigens, denn 40 hatte er davor schon gewonnen.

Selten zuvor hat ein Film einen derartig weltweiten Triumphzug hingelegt. Ausgerechnet Jennifer Garner (die Ehefrau vom Sieger des Abends, Ben Affleck) überreichte Haneke die Trophäe. Jessica Chastain wäre ihm wohl lieber gewesen. Denn wie Haneke in einem KURIER-Interview verriet, hält er sie für eine der talentiertesten Schauspielerinnen Hollywoods. In den anderen Kategorien wie Beste Regie, Bestes Drehbuch, Bester Film und Beste Hauptdarstellerin ging „Amour“ allerdings leer aus. Da siegte dann doch die Hollywood-Lobby.

Wie auch immer. Michael Haneke ist der zweite österreichische Filmregisseur binnen fünf Jahren, der den Oscar zu Hause aufs Regal stellen darf. Stefan Ruzowitzky kann seinen für „Die Fälscher“ schon seit 2008 abstauben. (International spricht man ja schon länger vom Filmwunderland Österreich.) Haneke, Filmweltmeister, dankte jedenfalls in seiner kurzbündigen Rede Mitarbeitern und vor allem seiner Frau Susi („Sänk you, Susi“), mit der er seit 30 Jahren zusammen ist. Hatte er vor drei Jahren beim Golden Globe noch gemeint: „Susi, I love you“, so sagt er es diesmal schlichter: „Sie ist das Zentrum meines Lebens.“

Haneke war dann als Einziger der Oscar-Preisträger backstage nicht mehr anzutreffen, kam aber zum Empfang in der Österreichischen Botschaft. Auf die Frage, wie sich der Preis denn jetzt anfühle, meinte er:

„Schwer. Wollen Sie mal probieren?“

Spucken

Vor der Gala hatten er und Christoph Waltz (56), die übrigens auch entfernt miteinander verwandt sind, einander noch gegenseitig Glück gewünscht: „Wir haben uns vorher über die Schulter gespuckt, und es hat offenbar gewirkt“, erzählte Haneke. Die Gala wurde tatsächlich zum Abend für Österreich.

Auch wenn man zugegeben muss, dass Christoph Waltz’ Erfolg mit Österreich wenig zu tun hat – sieht man von seiner Wiener Herkunft ab. In Quentin Tarantinos Rapwestern „Django Unchained“ spielt er einen deutschen Zahnarzt und Kopfgeldjäger. Schon für „Inglourious Basterds“ hatte Waltz vor drei Jahren den Oscar bekommen und war in die Hollywood-Community aufgenommen worden. Nachdem er 20 Jahre lang recht einfallslos stets als schrulliger Böser im deutschsprachigen Fernsehen besetzt worden war. Ein Umstand, über den er sich heute noch ärgern kann: Es würde ihn schon mit Genugtuung erfüllen, so Waltz in einem Interview, dass er nun all jene Fernseh-Macher, die ihn damals kleinhalten wollten, mit seiner Weltkarriere konfrontieren könne. Inzwischen darf er sogar an Drehbüchern von Tarantino mitarbeiten.

Der nennt Waltz inzwischen gerne „meinen liebsten Snob“. Und der stand am Anfang der Gala sichtlich unter Schock. Mit dem Oscar Nummer 2 hatte er offenbar nicht gerechnet. Waren doch „von ihm so geschätzte Großmeister“ wie Robert De Niro Konkurrenten. Zwei Mal hintereinander als Nicht-Amerikaner zum besten Nebendarsteller gekürt zu werden, ist tatsächlich eine Sensation.

Dennoch: Der herzallerliebste Snob ging mit Waltz wieder durch, als er sich hinter der Bühne im Interviewraum weigerte, deutschen Reportern gegenüber Deutsch zu sprechen.

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German-Austrian actor Christoph Waltz and his wife
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Ben Affleck accepts the award for best motion pict
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Director Ang Lee reacts after winning the Oscar fo
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Halle Berry speaks with Quenzhane Wallis, best act
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Anne Hathaway accepts the award for best supportin
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Presenters Charlize Theron and Dustin Hoffman take
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Chris Terrio accepts the Oscar for adapted screenp
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Canadian composer Mychael Danna accepts the Oscar
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British singer Adele performs the song "Skyfall" a

Wie ist eine Gala, deren Höhepunkt darin besteht, dass Jennifer Lawrence am Weg auf die Bühne zu ihrem Oscar über die Treppe stolpert und hinfällt? Wenig aufregend.

Zwar moderierte Seth Mc Farlane frech, aber nicht frech genug. Und so war das Ungewöhnlichste die Live-Zuschaltung von Michelle Obama, die parallel zu Jack Nicholson das Kuvert öffnete und den Oscar für den Besten Film verkündete: „Argo“ von Ben Affleck, eine flotte Hollywoodsatire mit Polit-Anspruch, die insgesamt drei Oscars gewann. Affleck (ein sehr bescheidener und lang unterschätzter Mann) ist damit zurecht in den Olymp der Regisseure Hollywoods aufgestiegen. „Ich dachte, ich halluziniere“, gestand er der Presse, als er Michelle Obama den Preis verkünden hörte.

Kein großer Gewinner

Den einen großen Gewinner des Abends gab es nicht: Ang Lee darf aber mit vier Oscars für „Life of Pi“ immerhin die Preisliste anführen. Er bekam den Preis für die Beste Regie bereits zum zweiten Mal (nach „Brokeback Mountain“). Dafür gab es den einen großen Verlierer: Steven Spielbergs gediegene Geschichtsstunde „Lincoln“ war mit zwölf Nominierungen zum Favoriten stilisiert worden und bekam am Ende nur zwei Trophäen. Immerhin eine gab es für die Titelrolle von Daniel Day-Lewis – der hat nun schon drei Oscars als Bester Hauptdarsteller zu Hause: ein Rekord, über den er selbst sichtlich gerührt war.

Tränen in den Augen hatte auch Sängerin Adele, die erstmals in der 50-jährigen Bond-Geschichte einen Oscar für den besten Song (zu „Skyfall“) entgegennehmen durfte. Sie trat sogar vom Mikrofon zurück, um nicht hineinzuschluchzen. Kathryn Bigelow wiederum dürfte nur innerlich geweint haben: Ihr viel diskutiertes „Zero Dark Thirty“ (nominiert für fünf Oscars) bekam einen halben für den Tonschnitt, ex aequo mit „Skyfall“. Gemessen an dem unglaublichen Erfolg, den der Film bei den Kritikern hatte, ein skandalöses Resultat, das sicher auch auf eine Kampagne zurückzuführen ist, die gegen sie entfesselt worden war.

Man ist ja in der Medienwelt oft mit Superlativen konfrontiert – auch wenn eine sachliche Betrachtung angemessener wäre. Diesfalls kann man aber das Herausragende gar nicht genug betonen.

Zwei Oscars an einem Tag für österreichische Künstler – das wird es möglicherweise nie wieder geben. Das ist ungefähr, als würde Österreich Fußball-Weltmeister, was ziemlich ausgeschlossen ist. Nein, noch präziser: Gewinner des Super Bowl im American Football. Denn der ist – ebenso wie der Film – aus Sicht der Amerikaner ihre ureigenste Domäne.

Wie Christoph Waltz und Michael Haneke (die ja denselben Stiefvater, den Komponisten Alexander Steinbrecher, haben) allerdings ans Ziel gelangt sind, ist unterschiedlich. Der eine trotz, der andere dank Österreich.

Waltz wurde von österreichischen und deutschen (Fernseh-)Machern zwar immer wieder in primär kleinen Rollen besetzt. Die große Karriere war ihm aber verschlossen, er wollte sogar schon aufgeben. Weil viele TV-Redakteure zu einfallslos waren (und es noch sind). Weil man im österreichischen und deutschen Fernsehen leider andauernd dieselben Gesichter sieht. Weil kaum jemand mutig genug ist, origineller zu besetzen. Weil es vielen Entscheidungsträgern an Fantasie fehlt. Und weil Freunderlwirtschaft oft wichtiger ist als Qualität. Waltz konnte erst in anderen Ländern durchstarten – und ist heute ein Glücksfall für das Tarantino-Universum.

Michael Haneke wiederum ist der Beweis dafür, dass zumindest die österreichische Kinofilmförderung doch greift. Er wurde anfangs (das war bei ihm, als er Mitte 40 war) stark unterstützt. Über die Kino-Weltmacht Frankreich katapultierte er sich dann in die erste Reihe.

Was man aus diesen Beispielen lernen kann: Wie wichtig Kultursubvention ist. Und wie einfallslos oft mit öffentlichen Geldern umgegangen wird.

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Best Actress Nominee Jennifer Lawrence for "Silver
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USA ACADEMY AWARDS 2013
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Quenzhane Wallis, best actress nominee for her rol
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Naomie Harris, actress in the film "Skyfall" arriv
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French actress, Emmanuelle Riva, best actress nomi
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Actor Channing Tatum and wife Jenna Dewan arrive a
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Actor Michael Douglas and his wife, actress Cather
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Actor Michael Douglas and Catherine Zeta-Jones arr
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Christoph Waltz, best supporting actor nominee for
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Sally Field, best supporting actress nominee for h
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Channing Tatum and wife Jenna Dewan arrive at the
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Jennifer Aniston and Justin Theroux arrive at the
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French actress Emmanuelle Riva, best actress nomin
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Actress Charlize Theron arrives at the 85th Academ
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Steven Spielberg and wife Kate Capshaw arrive at t
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Kerry Washington actress in the film "Django Uncha
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Actor Bryan Cranston and his wife Robin Dearden ar
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Kopie von Actress Reese Witherspoon, wearing a black and roy
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Jason Clarke actor in the film " Zero Dark Thirty"

Bester Film
"Argo"

Beste Regie
Ang Lee für "Life of Pi"

Bester Darsteller
Daniel Day-Lewis in "Lincoln"

Bester Nebendarsteller
Christoph Waltz in "Django Unchained"

Beste Darstellerin
Jennifer Lawrence in "Silver Linings Playbook"

Beste Nebendarstellerin
Anne Hathaway in "Les Misérables"

Bester nicht-englischsprachiger Film
"Amour" (Österreich)

Bestes adaptiertes Drehbuch
"Argo", Chris Terrio

Bestes Originaldrehbuch
"Django Unchained", Quentin Tarantino

Bester Animationsfilm
"Brave", Mark Andrews und Brenda Chapman

Bester animierter Kurzfilm
"Im Flug erobert (Paperman)" – John Kahrs

Bester Kurzfilm
"Curfew" – Shawn Christensen

Bestes Szenenbild
"Lincoln" – Rick Carter, Jim Erickson

Beste Kamera
"Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger" – Claudio Miranda

Bestes Kostümdesign
"Anna Karenina" – Jacqueline Durran

Bester Dokumentarfilm
"Searching for Sugar Man" – Malik Bendjelloul, Simon Chinn

Bester Dokumentar-Kurzfilm
"Inocente" – Sean Fine, Andrea Nix Fine

Bester Schnitt
"Argo" – William Goldenberg

Bestes Make-Up und beste Frisuren
"Les Miserables" – Lisa Westcott, Julie Dartnell

Beste Filmmusik
"Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger" (Life of Pi) – Mychael Danna

Bester Filmsong
"Skyfall" aus "James Bond 007: Skyfall" – Adele Adkins, Paul
Epworth

Bester Ton
"Les Misérables" – Lon Bender, Andy Nelson, Mark Paterson, Simon Hayes

Bester Tonschnitt
"Zero Dark Thirty" – Paul N.J. Ottosson
"Skyfall" - Scott Millan, Greg P. Russell, Stuart Wilson

Beste visuelle Effekte
"Life of Pi": Schiffbruch mit Tiger – Bill Westenhofer, Guillaume Rocheron, Erik-Jan De Boer, Donald R. Elliott

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