Nova Rock: Irgendwas mit Gitarren, Gatsch und Langos

Im Leben braucht es ein gewisses Maß an Stabilität. Das betrifft auch den Alkoholpegel bei Festivals, der ja nicht unter 1 Promille sinken darf, denn darunter fällt einem die Verschönerung des Ist-Zustands nicht mehr ganz so einfach. Und Schöntrinken muss man sich am ersten Tag am Nova-Rock-Festival so einiges: das Wetter, die ganze Schlepperei (Zelt, Schlafsack, Bier, Bier und Bier), der schon heftig ausfallende Gatsch, die Warterei auf den Einlass. Das zweite Bier des Tages wird daher schon gerne vor Mittag aufgemacht. Nur ja nicht nachlassen.

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Das größte heimische Rockevent lockt seit Mittwoch und noch bis Samstag täglich 50.000 Fans auf das Gelände im burgenländischen Nickelsdorf. Als Headliner (am Mittwoch) sind (wieder einmal) Slipknot mit ihren Masken angesagt. Ob sich die nach dem Schlamm-Inferno des Vorjahres investierten Euro (angeblich 300.000 Euro) bereits bezahlt machen, kann man aktuell nur schwer sagen. Nur so viel: Es ist jetzt schon unfassbar gatschig. Ohne Gummistiefel hier anzutanzen, kann man also mutig bezeichnen, oder auch einfach als dumm.

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Denn auf den Pannonia Fields in Nickelsdorf hatte es Dienstagabend und während der Nachtstunden stark geregnet. Das setzte den Caravan-Flächen stark zu, so der Veranstalter. Zugleich wies man darauf hin, dass die Vorbereitungsarbeiten am Kerngelände "auf Hochtouren" laufen.

Das Programm auf der Blue Stage hat dann pünktlich mit der US-Rockband Vended um 13.30 gestartet. Es folgten mit Lorna Shore Kollegen aus New Jersey, die so klingen, also würde man einem Fleischhauer beim Sau-Abstechen zuhören. Wer sich darunter nicht viel vorstellen kann: Es ist irgendwas mit Gitarren, dazu wird gewöhnungsbedürftig und fordernd gekreischt. Schonkost lieferten dagegen die danach agierenden Asking Alexandria ab: Metal für Anfänger. 

The Hu aus Ulaanbaatar ließen dann mongolische Folklore mit Rockmusik verschmelzen. Dazu gab es Flöte, Chöre aus der Konserve und eine Geige samt Pferdekopf. 

In Extremo absolvierten dann ihren sechsten Auftritt (!) beim Nova Rock. Die deutsche Rock-Kapelle mit Vorliebe für das Mittelalter hatte dann ein Heimspiel im doppelten Sinne. Also erstens sind sie so etwas wie Dauergäste auf dem burgenländischen Festival. Und zweitens versammelten sich vor der Bühne gefühlte alle aus Deutschland stammenden Festivalbesucher. Man war also unter sich. Mit selbstgebastelten Instrumenten besang man dann das Abendland, für das man durch Feuer und Flammen geht. Das hätte auch dem Nationalisten Orban im nur wenige Kilometer entfernten Ungarn ganz gut gefallen.

Ringelspiel

Von diesem im internationalen Vergleich nicht gerade herausragenden Programm lassen sich aber viele nicht beeindrucken, den Spaß verderben. Es gibt ja immerhin Alternativen zur Musik – Ringelspiel, Langos-Factory, Campingplätze, auf denen man sich mit diversen Blödheiten (Wettsaufen, Schlammweitschießen usw.) entertainen kann. Und so lockt das größte heimische Rockevent noch bis Samstag täglich mehr als 50.000 Fans in das von Unwettern gebeutelte Burgenland.

Orchestral und opulent legen es hingegen Within Temptation auf der Blue Stage an, die mit der neuen Nummer "Wireless" beim Nova Rock einen ersten Vorgeschmack auf ihr neues Album liefern. Man versteht bei dem irrlichternden Sopran von Sängerin Sharon den Adel (Wow, die erste Sängerin des Tages!!!) zwar wenig, was den Inhalt des Textes angeht, aber laut eignen Aussagen, sei es ein "Song über einen Soldaten, der in den Krieg zieht und überzeugt ist, dass er für eine gute Sache kämpft", aber bloß verarscht wird. 

Von dieser Schwere war auf der Red Stage bei Simple Plan nicht viel zu hören. Stattdessen gab es leichten und eingängigen wie melodischen Skater-Punk-Rock: "I just wanna jump! (Jump!) / Don't want to think about tomorrow (Jump!) / I just don't care tonight / I just wanna jump (Jump!)"

Ähnlich locker legte es auch der wunderbare heimische Musiker Bibiza bei seinem Auftritt (mit großartiger Band) auf der kleinen Bühne eines Energydrink-Herstellers an: Er brachte einiges an Funk, Groove, fetten Bässen sowie Schmäh, Wahnsinn und Wien auf das mittlerweile durchgehende Schlammfeld.

Die aus Chicago kommende Band Disturbed brachte dann unterschiedliche Stile und Gangarten auf die Blue Stage. Da wurde wild und rasant auf den Gitarren herumgezupft und geschlagen, mal hymnisch, mal stakkatoartig gesungen - und dann stand plötzlich ein Klavier auf der Bühne: Dargeboten wurde eine (erträgliche) Coverversion des Simon & Garfunkel-Hits "Sound of Silence". Kaum war die Nummer beendet, war dann Fliegeralarm zu hören, wurden Sounds von Maschinengewehrsalven und explodierenden Bomben vom Band eingespielt, die dann von harten Riffs abgelöst wurden. Eine komische Mischung, das alles.

Mit Slipknot ist dann auf der Blue Stage der erste Tag des Festivals zu Ende gegangen. Den beschlossen die Maskenmetaller von Slipknot mit einer gewohnt professionellen wie kompromisslosen Show, die ihren Ausnahmestatus in der Szene eindrucksvoll untermauerte. Für Slipknot waren die Voraussetzungen alles andere als ideal. "Clown" Shawn Crahan konnte aufgrund eines Notfalls in der Familie nicht die Europareise antreten, von Keyboarder Craig Jones trennte man sich just am Tag des Auftritts, und Sänger Corey Taylor hatte sukzessive mit Stimmproblemen zu kämpfen. Alles egal. Energiegeladen und temporeich pflügte sich die Band durch Nummern wie das wütende "Liberate", die eingängige Hymne "Unsainted" oder "Before I Forget".

Ein paar Meter weiter agierten noch zwei deutsche Rapper - zuerst Marteria mit wuchtigen Dance-Beats und gegen Mitternacht war noch Rin im Einsatz. Er gab dann den Festivalbesuchern noch ein bisschen Gefühl mit auf dem Weg ins nass-kalte Zelt.

An den restlichen Tagen gibt es für einen sich als Rock- bzw. Metal-Festival bezeichnenden Event ein durchaus auch poppiges Programm. So werden etwa Bilderbuch am Freitag ihre "Machine" starten. The Prodigy versuchen am Donnerstag ohne ihr Aushängeschild, den Sänger und Vorturner Keith Flint ( 2019), auszukommen. Auch wieder einmal nicht fehlen dürfen Die Ärzte (Samstag), die Spaßkanonen von Tenacious D (Donnerstag) und Scooter (Freitag).