Dort wurde zuletzt gegen allzu grobes Spiel mit dem Machtgefälle protestiert: Mit viel Öffentlichkeitswirksamkeit, aber erst Jahre nach dessen Abgang, wandte sich das Burg-Ensemble 2018 gegen den ehemaligen Chef Matthias Hartmann und dessen Führungsstil. Und der Abgang von Martin Kusej wurde ebenfalls von Gerüchten um eine schroffe Amtsführung begleitet, die Kusej dementierte.
Eigentlich hätte man meinen können, dass die Kulturpolitik - vor allem, hüstel, die grüne - schon länger gescheiter ist, als sich vom Lichte der hohen Kunst über aus der Zeit gefallene Führungsstile hinwegblenden zu lassen. Bachmanns Inszenierungen nicht zuletzt am Akademietheater wurden jedenfalls hoch gelobt.
Ein ähnliches Direktorenbild?
Die Vorwürfe gegen Bachmann im Spiegel betrafen damals vorwiegend Kretschmann; es ging um angebliches Mobbing und um angebliche Bevorzugung bei Hauptrollen und um ein angebliches "Klima der Angst". Bachmann dementierte das alles.
Auch von Family Business war das Burgtheater bisher nicht eben verschont geblieben, auch hier wird spannend zu sehen, welche Vorgaben die Kulturpolitik dem neuen Burgtheater-Chef mitgibt.
Bachmann selbst hat seither glaubwürdig einem neuen Führungsstil das Wort geredet, von "Zerrbildern" im Spiegel gesprochen (das kennt man auch in Österreich) und zufriedene Ensemblemitglieder vor den Vorhang gebeten.
Auch das ist eine "Gepflogenheit des Theater", dass es mit manchen geht und mit manchen nicht, dass manche unzufrieden und unglücklich sind und andere unter neuer Leitung aufblühen. Das alleine ist noch kein Ausschließungsgrund. Die Frage bleibt aber, ob hier ein sehr ähnliches neues Direktorenbild gemalt wird wie jenes, das von Andrea Mayer gerade abgewählt wurde. Und wenn dem so ist, warum man das tut. Ja, man hätte wohl jemanden erwartet, dessen Track Record zumindest in Hinsicht auf den Führungsstil in eine gänzlich andere Richtung zeigt, dem Vernehmen nach soll sich eine Wunschkandidatin auf Grund des langen Verschleppens zurückgezogen haben. Ein Grund für ihn dürfte Bachmanns viel gelobter Umgang mit der Pandemie gewesen sein; dass Kusej hier in Schweigen verfiel, wird ihm stark negativ angelastet.
Was das Publikum will
Die Begleitmusik zur Bestellung ist aber ohnehin eine ganz andere: An der Burgtheaterdirektorenfindung leitet sich ein großer Teil jenes Funkenflugs ab, der aus der Spannung zwischen Publikum und Kunstschaffenden entstanden ist (und derzeit auch eine Rolle dabei spielt, dass die Häuser leerer sind als gewohnt). Dass das Publikum mit dem Burgtheaterchef nicht zufrieden ist, ist hier noch nicht die Geschichte (das war nie anders, auch wenn es die Theatergeher gerne in diese Richtung hinverklären).
Was anders ist, ist die offene Revolution gegen das heutige Theater, oder zumindest das, was als das heutige Theater empfunden wird. Hochempfindlich und ungeduldig zeigt sich das Publikum bei allem, was in Richtung Stückentwicklung, Regietheater, Performance geht, mithin bei den Steckenpferden vieler Dramaturgen. Man wünscht sich die Klassiker, so wie sie gehören (was auch immer das heißen soll). Gerade am Burgtheater muss sich der Chef die Frage stellen, wie man mit dieser Verstimmung umgeht, ohne die Kunst zu verraten.
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