Wer ist der neue Burgtheaterdirektor? Stefan Bachmann im Porträt
Er ist am Burgtheater kein Unbekannter: Der gebürtige Schweizer Stefan Bachmann, der ab der Spielzeit 2024/25 als Burgtheaterdirektor auf Martin Kušej folgt, feierte am Haus bereits große Erfolge: So erhielt der derzeitige Intendant am Schauspiel Köln im Jahr 2008 für Wajdi Mouawads "Verbrennungen" einen Nestroy-Preis für die Beste Regie, 2012 wurde seine Inszenierung von Jelineks "Winterreise" zur besten deutschsprachigen Aufführung gewählt.
Ausgerechnet in der Ära Kušej war Bachmann nicht am Burgtheater beschäftigt; zuletzt war er 2018 als Regisseur von "jedermann (stirbt)" von Ferdinand Schmalz am Haus zu erleben. In Köln wirkt Bachmann bereits seit der Spielzeit 2013/14 - hat aber das denkmalgeschützte Schauspielhaus am Offenbachplatz nie bespielen können, sondern in Ausweichquartieren gearbeitet. Die Fertigstellung der umfangreichen Sanierung hat sich immer wieder verzögert und ist derzeit für 2024 angepeilt.
In Zürich geboren
Bachmann wurde am 1. Juli 1966 in Zürich geboren und studierte ebendort Germanistik und allgemeine Literaturwissenschaft. Bereits damals dockte er als Statist und Hospitant am Schauspielhaus Zürich an, zudem arbeitete er als Journalist für "Die Weltwoche" und den "Tages-Anzeiger". Später setzte er sein Studium in den Fächern Germanistik sowie Theater- und Religionswissenschaft an der FU in Berlin fort und hospitierte 1988/89 bei Luc Bondy an der Schaubühne Berlin.
1992 gründete er, unter anderem zusammen mit dem Kölner Chefdramaturgen Thomas Jonigk, die freie Theatergruppe "Theater Affekt", die bald überregional bekannt wurde. Ab 1993 trat er als Regisseur am Schauspiel Bonn, der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, dem Zürcher Theater am Neumarkt sowie am Schauspielhaus Hamburg in Erscheinung. Seinen ersten Leitungsposten an einem großen Haus übernahm er mit der Spielzeit 1998/99 im Alter von 32 Jahren als Schauspieldirektor am Theater Basel, das in derselben Saison in der Kritikerumfrage der Zeitschrift "Theater heute" zum "Theater des Jahres" gewählt wurde.
Zudem wagte sich Bachmann 2001 auch ans Opernfach: So inszenierte etwa "Cosi fan tutte" an der Opéra National de Lyon oder "Die Zauberflöte" am Theater Basel. Seit 2005 arbeitete Bachmann nach einer einjährigen Auszeit wieder als freier Regisseur und inszenierte seither unter anderem am Düsseldorfer Schauspielhaus, dem Maxim Gorki Theater Berlin oder am Thalia Theater Hamburg.
Fünf Mal beim Theatertreffen
Insgesamt wurde Stefan Bachmann fünf Mal zum Berliner Theatertreffen eingeladen: 1996 mit Goethes "Wahlverwandtschaften", im Jahr darauf mit "Triumph der Illusionen" von Pierre Corneille, 2000 mit Rainald Goetz "Jeff Koons", 2011 mit Kathrin Rögglas "Die Beteiligten" und zuletzt 2021 mit "Graf Öderland" von Max Frisch.
Frei von Kritik ist Bachmanns Wirken, der mit der Schauspielerin Melanie Kretschmann verheiratet ist, jedoch nicht. Im Jahr 2018 hatte der "Spiegel" über Mobbing-Vorwürfe gegen Kretschmann, die am Schauspiel Köln engagiert ist, und Bachmanns unzureichenden Umgang mit diesen Vorwürfen berichtet. Bachmann wies Berichte über eine "toxische Atmosphäre" und eine "Atmosphäre der Angst" am Haus zurück und kündigte an, einen Mediator zu engagieren. Teile des Ensembles solidarisierten sich mit dem Leiter.
Bachmanns Entschluss, nicht länger als zwei Amtsperioden in Köln zu bleiben und auf eine Vertragsklausel, die ihm eine Weiterbeschäftigung als Intendant zumindest drei Saisonen über die Wiedereröffnung des sanierten Hauses hinaus garantierte, zu verzichten, stand schon 2018 eigentlich fest, wie er damals im APA-Interview unterstrich: "Nach acht Jahren werde ich meine künstlerischen Ideen umgesetzt haben und brauche dann neue Herausforderungen. Ich will das nicht einfach aussitzen. Wir sind keine Beamten. Theaterleiter sollten wechseln!"
2019 wurde der Salzburger Theaterchef Carl Philip von Maldeghem als Bachmanns Nachfolger ab 2021 designiert. Nach lauter Kritik aus der Kulturszene lehnte Maldeghem jedoch nach nur einer Woche ab, worauf Bachmann eine erneute Vertragsverlängerung um zwei Jahre bis Mitte 2023 angeboten wurde, die er annahm. Zuletzt wurde sein Vertrag bis 2026 verlängert. "Bachmann hat ein künstlerisch überzeugendes Programm, gerade auch in der Pandemie. Er ist ein Gewinn für Köln!",war die Entscheidung im Kulturrat NRW begrüßt worden. Er habe in den unsicheren Zeiten von Umbau und Corona "große künstlerische Flexibilität bewiesen und Antworten auf die gesellschaftlichen Fragen und Herausforderungen der Zeit gefunden", freuten sich die Grünen.
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