Mit Abstand und Logen: Sommerkinos wichtig wie noch nie

WIEN: FILMFESTIVAL-AUFBAUARBEITEN AM RATHAUSPLATZ
Die meisten Freiluftkinos Österreichs spielen auch in diesem von Corona geprägten Sommer. Ein Überblick über das an die Abstandsregeln angepasste Angebot in Wien.

"Man merkt, dass sich die Leute schon auf Kino im Freien freuen", heißt es beim Filmarchiv Austria. Auch in diesen schwierigen Zeiten bietet man im Wiener Augarten wieder Open-Air-Kino an und verzeichnete für das diesjährige Programm "Wien wie noch nie" laut eigenen Angaben schon vor dem Start eine erfreuliche Zahl an Reservierungen. 

Die heimische Kinolandschaft wurde von der Corona-Krise stark getroffen. Noch immer sind die großen Multiplex-Kinos nicht geöffnet und die kleineren Häuser spielen überwiegend nur am Wochenende. Leichter haben es die Freiluftkinos, weil das Ansteckungsrisiko im Freien als wesentlich geringer eingestuft wird und bei Open-Air-Events auch mehr Personen zugelassen sind - unter Einhaltung der allgemeinen Abstandsregeln.

Der Klassiker

Und so kann auch der Genre-Klassiker dieses Jahr über die Bühne gehen. Das Wiener Filmfestival am Rathausplatz startet am Samstag, 4. Juli, samt dem Gastronomie-Angebot.

Heuer gibt es Coronavirus-bedingt aber ein neues Konzept. Statt Sitzreihen vor der Großbildleinwand wird es Logen für zwei oder vier Personen geben, die per Gratis-Reservierung vergeben werden. Wer etwas essen will, sollte ebenfalls einen Tisch reservieren.

Der Bogen des Filmrepertoires spannt sich von Oper über Zeitgenössisches bis hin zu Pop und DJ-Musik. Eröffnet wird das Festival am Samstag mit einer aktuellen Opernproduktion: Zu sehen gibt es Beethovens "Fidelio" aus dem Theater an der Wien. Die Inszenierung von Oscar-Preisträger Christoph Waltz war ursprünglich als einer der Höhepunkte des Beethoven-Jahres 2020 geplant, musste aber aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus abgesagt werden. Nun gibt es die TV-Aufzeichnung der Probenarbeiten, die auch im ORF und Arte gezeigt wurde, am Rathausplatz zu sehen, ein zweites Mal übrigens am 30. August. Das Filmfestival läuft bis 6. September.

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Wiener Schätze aus dem Archiv

Unter dem Motto #soWIENie läuft das Festival am Rathausplatz dieses Jahr. Leichte Verwechslungsgefahr gibt es daher mit dem Wien wie noch nie-Festival im Augarten. So heißt heuer das unter "Kino wie noch nie“ bekannte Festival des Filmarchiv Austria. Man setzt auf rein analoge Kopien aus dem eigenen Archiv, im Programm stehen Streifen mit Bezug zur Bundeshauptstadt aus 100 Jahren. Etwa Ulrich Seidls „Hundstage“, das in Wien spielende Bond-Abenteuer „The Living Daylights“, Richard Linklaters „Before Sunrise“ oder der Filmklassiker „Der dritte Mann“.

Laut Auskunft der Veranstalter kann man aufgrund der Bestimmungen nur 99 statt der üblichen 400 Plätze anbieten, wobei neben Sesseln auch "Picknickplätze" geplant sind, wo Gruppen in erlaubter Größe auf Decken gemeinsam Filmschauen können. Liegestühle will man ebenfalls auf der Grünfläche platzieren. Geboten wird zudem ein „Kinoheuriger mit Gustostückerln gastronomischer Nahversorgung“. Start ist am 9. Juli, gespielt wird bis zum 16. August. Die Filme laufen jeweils einen Tag später auch indoor im Metro Kinokulturhaus.

Eine Abendkassa gibt es, dennoch raten die Veranstalter zu Reservierungen, da man derzeit ein großes Interesse an den ersten Vorstellungen registriere.

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"Hundstage" von Ulrich Seidl

Die beste Aussicht

Am Gürtel hat das Filmvergnügen unter freiem Himmel schon vor ein paar Wochen begonnen. Seit 18. Juni läuft das Kino am Dach auf der Hauptbücherei. Gespielt werden soll bis 27. September, die einzelnen Programmblöcke werden nach und nach bekanntgegeben. Am Samstag steht mit Todd Phillips' „Joker“ mit Joaquin Phoenix, ein Highlight auf dem Programm, auch ansonsten wird internationales, eher arthousiges Kino geboten.

Die Organisatoren erklären auf KURIER-Anfrage, seit Juli immerhin 187 statt bisher 250 Sitzplätze anbieten zu können. Mit nur 99 Plätzen - wie beim Open Air im Augarten - hätte man nicht kostendeckend agieren können. Das sei jene Anzahl an Sitzen, bei der man die Stühle noch nicht, wie von der Behäörde vorgeschrieben, miteinander verbinden müsse, erklärt Philipp Wanderer von Veranstalter St. Balbach. Weil man aber unbedingt mehr Plätze anbieten wollte, habe man baulich etwas tricksen müssen und die Stühle im vorgeschriebenen Abstand mittels speziell montierter Bodenplatten fix mit einander verbunden.

Die Bestuhlung wurde so gewählt, dass Besucher einerseits genügend Abstand halten können, um keine Masken tragen zu müssen, und andererseits Personen aus dem gleichen Haushalt oder Vierer-Gruppen nebeneinandersitzen können. Karten werden jedenfalls nur noch online verkauft. Bisher sei man zufrieden mit dem Zuschauerinteresse.

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Dienstältestes Freiluftkino wandert wieder

Auch das traditionelle Volxkino ließ sich von der Corona-Krise nicht in die Schranken weisen. Das Wanderkino bespielt in seiner 31. Saison seit Anfang Juli wieder verschiedene Orte in der Stadt. Auf dem Jodok-Fink-Platz, im Schweizergarten, am Wallensteinplatz oder in der Tempelgasse wird eine breite Auswahl an Spiel- und Dokumentarfilmen gezeigt, am 30. Juli zum Beispiel der vierfache Oscargewinner "Parasite" von Bong Joon-ho.

Die kostenlos zugänglichen Vorführungen, für die jeweils 99 Zählkarten ausgegeben werden, soll es bis 18. September geben. Da auf den freien Wiesenflächen daneben auch mehr Leute die Filme verfolgen können, wird laut Veranstalter St. Balbach zusätzliches Ordnerpersonal eingesetzt, um zu große Ansammlungen zu vermeiden.

 

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Volxkino: Ein Bild aus Vor-Corona-Zeiten

Kurzfilme in langem Sommer

Sogar um einige Abende ausgeweitet wurde heuer das Kurzfilmfestival dotdotdot im Garten des Volkskundemuseums. Von 5. Juli bis 25. August werden jeden Sonntag, Montag und Dienstag rund 120 Streifen gezeigt, wobei die Veranstalter auch hier die Anzahl der Sitzplätze deutlich reduzieren mussten. Das Eröffnungsfest und die Kinderschiene mussten heuer virusbedingt entfallen, dafür gibt es erstmals einen Vorverkauf.

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Auch auf kleinere Sommerkinos wie das knapp einwöchige Science Fiction im Park im Bruno-Kreisky-Park oder das dreitägige Stumm & Laut am Columbusplatz müssen die Wienerinnen und Wiener heuer trotz Corona nicht verzichten. Letzteres wird vom 13. bis 16. August stattfinden, für „Science Fiction im Park“ wird noch ein Termin im September gesucht.

Absage am Karlsplatz

Komplett abgesagt wird heuer hingegen das Sommerkino Kaleidoskop am Karlsplatz, das erst im Vorjahr als Nachfolger von "Kino unter Sternen" seine Premiere feierte. Aufgrund des großen frei zugänglichen Platzes bei freiem Eintritt könne die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen nicht gewährleistet werden, so die Erklärung der Organisatoren. Als Alternative hat man sich mit "Kaleidoskop 2020. Fragmente" ein kleines Ersatzformat überlegt, um doch Filmschaffen zu präsentieren. Statt Kinofilmen werden Motive von Plakatwänden auf einer Leinwand am Karlsplatz zu sehen sein. 

Infos und begleitende Texte zur Aktion

Revival des Autokinos

Die Kulturinstitution der Autokinos feiert in coronabedingten Abstandszeiten ein Revival: Seit 15. Mai war der Betrieb des virensicheren Kinogenusses möglich und wurde auch vielerorts als Pop-Up-Autokino genutzt. Auch das letzte institutionalisierte Kino dieser Art, das Autokino Wien in Groß-Enzersdorf (NÖ) öffnete nach längerer Absenz wieder seine Pforten mit internationalem Blockbusterkino.

Mit Abstand und Logen: Sommerkinos wichtig wie noch nie

Mit "Frames off Set" veranstaltet Frames.network von 6. Juli bis 7. September sogar die ersten Filmfestwochen im Autokino Wien. Jeden Montag von 20.00 bis 00.00 Uhr soll die Veranstaltungsreihe samt Online-Plattform ein Forum des gegenseitigen Austausches für Filmschaffende und -interessierte bieten.

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