Kogler zu Wolf: "Aber das ist das, was die Menschen interessiert"

Kogler zu Wolf: "Aber das ist das, was die Menschen interessiert"
Im ersten Jahresbilanzgespräch der"ZiB 2" griff Vizekanzler Kogler in die rhetorische Trickkiste. Interviewer Wolf beharrte auf Fragen, "die mich interessieren".

* Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends*

Es geht los mit den politischen Jahresbilanz-Interviews in der „ZiB 2“. Zum Auftakt war am Mittwoch Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler eingeladen und der konfliktträchtigen Themen gab es genug. 

Zu den regierungsinternen Unstimmigkeiten in puncto EU-Energie- und Klimaplan fragt Moderator Armin Wolf gleich einmal, wer nun das „schwere Foul“ begangen hat. Leonore Gewessler mit einem nicht akkordierten Entwurf? Oder Karoline Edtstadler mit dem unsanften Zurückziehen des Entwurfs.

Das Bild des Fouls veranlasst Kogler dazu, auf den Videoassistenten zu verweisen. Dieser sorgt aber bereits im Fußball nicht immer für allgemeine Zufriedenheit. Kogler vergräbt sich hier in eine seiner berühmten Alternativformulierungen: "Es ist ganz einfach, es gibt Unterschiede in der prozeduralen Einschätzung. Das ist zutreffend.“ Man habe sich in der Regierung darauf verständigt, dass die Gespräche in den nächsten Wochen aufgenommen werden sollen. Bis zum Sommer soll ein "finaler Entwurf" vorgelegt werden. 

Das klingt ein bisschen nach: Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.

Dass Brüssel nun sehr wohl einen Entwurf einfordert und sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich startet, ficht Kogler nicht an. „Es liegt ein Entwurf dort“, wiederholt er.

Wolf erklärt, warum das nicht so ist und fragt noch einmal, wann ein neuer Entwurf vorgelegt werde.

Kogler. „Dafür gibt’s jetzt die Gespräche.“

➤ Mehr dazu: Edtstadler gegen Gewessler – das ist Brutalität

Vizekanzler Kogler zum Jahresbilanzgespräch

Bewunderung

Vielleicht wird es beim nächsten Thema konkreter. Es geht um die EU-Einigung zur Migrationspolitik. Als Oppositionspolitiker hätte Kogler den Entwurf mit Sicherheit - so wie Amnesty International - kritisiert, hält ihm Wolf vor. "Ich bewundere immer alle, die genau wissen, was man wie gefunden hätte", pariert Kogler den Vorhalt. Er hebt hervor, dass nun endlich eine Einigung auf EU-Ebene erzielt worden sei, wodurch die Chance auf Verteilung der Schutzsuchenden, auf einheitliche Asylverfahren und auf einheitliche Asylstandards bestehe. Die beiden Prinzipien "Menschlichkeit und Ordnung" gelte es zu vereinen. 

Gibt es das also tatsächlich noch, das beste aus beiden Welten? Und nun auf europäischer Ebene?

Wolf will sich weiter an dem Trennenden abarbeiten. Österreich habe kürzlich bei den Vereinten Nationen als einer von wenigen Staaten gegen eine Waffenruhe im Gazakrieg gestimmt. Das sei mit den Grünen akkordiert, sagt Kogler. Die Grünen hätten sich daran gestoßen, dass die Resolution nicht die Greueltaten der Hamas benennt.

➤ Mehr dazu: Neues EU-Asylpaket: Lager an Grenze, schnelle Abschiebung, strikte Quoten

Zwei, drei Punkte

Es folgt ein erfreulicheres Thema - zumindest für österreichische Beamten. Diese dürfen sich auf eine Lohnerhöhung von 9,15 Prozent freuen. Weniger toll hätten diesen hohen Abschluss die privaten Arbeitgeber gefunden, erklärt Wolf. Wodurch sie bei den eigenen KV-Verhandlungen mehr unter Druck kamen. Außerdem seien diese nicht in der Situation, Steuergeld verteilen zu können wie Beamtenminister Kogler.

Jetzt droht es kompliziert zu werden, denn Kogler will "mindestens zwei, drei Punkte" erklären. Er verweist darauf, dass der Finanzminister da auch „voll dabei“ gewesen sei. 

„War vielleicht auch zu großzügig, ist ja nicht sein Geld“, wirft Wolf ein.

Kogler verweist darauf, dass es nicht um das Zerrbild „fade und faule Beamte in Hinterkammerln“ gehe, sondern um eine halbe Million Beschäftigte, in unterschiedlichsten Bereichen wie Bildung und Pflege. Und hierbei gelte es, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Die von Wolf eingebrachte Möglichkeit einer sozialen Staffelung bei der Anhebung der Beamtengehälter sei in den Jahren davor bereits verwirklicht worden.  

Hierbei kommt man auf keinen grünen Zweig, ob der Ausgleich zwischen Pflegekraft und Sektionschef zufriedenstellend gelungen sei.

Wolf habe einen „berechtigten Punkt“ angesprochen, aber man sei in dieser Frage „miteinander und nicht gegeneinander“. 

➤ Mehr dazu: Staat hat es leichter: Beamte bekommen 9,15 Prozent drauf

In einem wohligen, weihnachtlichen Miteinander klingt das Gespräch allerdings nicht aus. Wolf spricht die Weisung des grün geführten Justizministeriums an, gegen eine Enthaftung einer prominenten Klimaaktivistin keine Beschwerde einzulegen. Ob das nicht eine „ungute parteipolitische Optik“ habe.

„Ja aber das ist nicht ganz zutreffend“, hebt Kogler an. Interviewer Wolf wirkt gespannt, was denn nun kommt. 

"Nicht Jargon von Semi-Juristen übernehmen“

„Wir müssen aufpassen, dass wir nicht den Jargon von nicht besonders wohlwollenden Semi-Juristen übernehmen“, sagt der Grünen-Chef. Es handle sich um den Beschluss eines unabhängigen Gerichtes und die Fachaufsicht im Justizministerium habe der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wien keine Chancen eingeräumt. Weil der Gerichtsbeschluss „rechtsrichtig“ gewesen sei, „und gegen eine rechtsrichtige Entscheidung wird nun mal nicht berufen“. Er wittert konstruierte Vorwürfe, „aber wir wissen ja, woher das kommt“. 

Vor allem der Koalitionspartner ÖVP hat sich hier stark eingebracht, was die Kritik an Justizministerin Zadić betrifft.

Kogler verweist nach nochmaliger Nachfrage Wolfs auch darauf, dass die Verfahren ja weiter laufen. „Da kann man doch nicht die Justizministerin auf die Reise schicken, und sagen, sie soll das einfangen.“

„Wir sind offensichtlich alle Opfer von diesem komischen Getöse, das da los getreten wird", sagt Kogler, "aber das ist ja nicht der einzige Bereich, wo mit Propaganda in die falsche Richtung gearbeitet wird.“

„Darum reden wir ja“, sagt Wolf.

➤ Mehr dazu: Keine Haft für Klimaaktivistin: Was hinter der Weisung steckt

Was "die Menschen interessiert"

Dass die Gesetzeslage, wonach Datenträger wie Handys ohne richterliche Genehmigung beschlagnahmt werden können, verfassungswidrig ist, entschied zuletzt der Verfassungsgerichtshof. Da der ÖVP das Thema sehr wichtig sei, fragte Wolf, ob die Grünen ihre Zustimmung zum notwendigen Gesetz an eine Neuaufstellung der Weisungsspitze in einem Dreiergremium (Generalstaatsanwaltschaft) binden wollen.

„Sie haben drei Punkte angesprochen“, sagt Kogler. 

Nun reicht es Wolf langsam mit dem Auffächern der Fragestellungen. Er sieht nur einen Punkt: „Werden Sie Ihre Zustimmung  damit verknüpfen?“

Kogler: „Aber Sie haben drei Argumente vorgebracht, die finde ich alle sehr diskutierenswert.“

Wolf bittet um Beantwortung der Frage.

Kogler spricht nun über die budgetäre Ausstattung der Justiz - also über etwas, das tatsächlich nicht angesprochen wurde.

Dann kommt er zur Frage der Auswertung von Handydaten, "und die haben Sie ja auch gestellt", diese sei zentral, sagt Kogler. Die Justizministerin und andere würden einen entsprechenden Vorschlag machen. 

"Die Frage habe ich gar nicht gestellt", widerspricht Wolf.

„Aber das ist das, was die Menschen interessiert“, meint Kogler. 

Der Vizekanzler will die Fragen also nach den Präferenzen des Volkes filtern.

"Fragen, die mich interessieren"

Für Wolf geht das gar nicht: „Ich bitte Sie irgendwie die Fragen zu beantworten, die mich interessieren, wenn Sie bei mir im Studio sind, das wäre super.“

Er wiederholt die Frage nach der Verknüpfung. 

Kogler dröselt das noch einmal auseinander. Kurzfassung: Es gebe das VfGH-Erkenntnis, dem sei Folge zu leisten. In der Ausgestaltung werde darauf zu achten sein, dass mit mehr Vorsicht bei der Handybeschlagnahme nicht Verbrechen wie Terror, Darstellung von Kindesmissbrauch und Drogenhandel schwerer verfolgbar werden.

Wolfs Frage wird also wieder nicht beantwortet.

Aber nun ist das Gespräch beendet. Es folgt die Verabschiedung von den Sehern auf 3sat.

Dann sagt Wolf: „Morgen ist in unserer Interviewserie zum Jahreswechsel Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger zu Gast. Und wir berichten in dieser Sendung noch darüber, warum fast allen Frauen …“

Da schiebt sich plötzlich der Meldungsblock ins Bild und Wolfs Stimme verstummt abrupt.

Nach den Meldungen kommentiert Wolf launig: „Der Meldungsblock war vorher etwas voreilig. Aber warum soll auch nur ich meine Gäste unterbrechen dürfen. Aber jetzt sind wieder im Takt …“

Der Meldungsblock als Rächer der Interviewgäste. Wenn das bloß nicht Schule macht …

 

➤ Mehr dazu: VfGH will neue Regeln für Handyabnahme

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