In seiner Rolle als neurotischer Wissenschafter Sheldon in der Serie „The Big Bang Theory“ wäre ihm das wohl zu viel Trubel gewesen, doch als Michael in „The Boys in the Band“ liebt Jim Parsons Partys. Es ist 1968 und Michael hat seine Freunde zu einer Feier in sein schickes New Yorker Apartment eingeladen, alle – so wie er auch – sind homosexuell. Sie amüsieren sich prächtig, bis Alan, Michaels heterosexueller Freund aus Studientagen, unangekündigt vor der Tür steht. Von da an geht die Party den Bach runter.
„The Boys in the Band“, seit dieser Woche bei Netflix zu sehen, erzählt die Geschichte dieses Abends. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück, das Ende der 60er erstmals in New York aufgeführt wurde. Geschrieben wurde „The Boys in the Band“ von Mart Crowley, der im März verstorben ist, aber an dem Film noch mitgewirkt hat.
Als sein Stück Premiere feierte, sorgte die Geschichte über eine Gruppe schwuler Freunde, gespielt großteils von schwulen Darstellern, für Aufsehen. 1970 wurde der Stoff schon einmal verfilmt („Die Harten und die Zarten“). 2018 kam das Stück erneut am Broadway zur Aufführung – mit demselben Cast wie die Netflix-Verfilmung, vollständig mit offen homosexuellen Schauspielern besetzt. Als Produzent fungiert Ryan Murphy ("American Horror Story", "Hollywood", "Ratched"), dessen Handschrift an der Hochglanzoptik erkennbar ist.
Beinahe der ganze Film spielt in Michaels Wohnung, wo die Lage mit zunehmendem Alkoholpegel außer Kontrolle gerät. Michael schlägt ein böses Spiel vor: Jeder soll die Person anrufen, die er wirklich liebt. Dabei reißen alte Wunden auf. Anstatt sich zu unterstützen, kanalisieren die Freunde die Ablehnung, die sie als Homosexuelle von außen erfahren, in Hass auf sich selbst und teilweise auch auf andere.
Wie bei jedem Kammerspiel ist auch hier irgendwann der Punkt erreicht, an dem das Ganze ein bisschen anstrengend wird. Einige Anwesende beginnen, sich perfekt ausformulierte Gemeinheiten an den Kopf zu werfen, während die anderen still dasitzen und auf ihren eigenen dramatischen Auftritt warten.
„The Boys in the Band“ schafft es trotz Durchhängers, die Grundspannung zu halten, der Film legt bis zum Schluss ein atemberaubendes (Sprech-)Tempo vor.
Nicht alle Charaktere sind jedoch mit derselben Detailliebe gezeichnet. Am meisten sticht Parsons Figur hervor – wegen der überzeugenden Performance, aber vermutlich auch, weil sie auf dem Autor selbst beruht. Donald (Matt Bomer) bleibt etwa ziemlich unscheinbar.
Würde man heute etwas Ähnliches schreiben, würde man wohl mehr über Bernard (Michael Benjamin Washington) erfahren, der als schwarzer Schwuler doppelte Diskriminierung erlebt. In Punkten wie diesen merkt man dem Film das Alter des Ursprungsmaterials schon an. Sehenswert und unterhaltsam ist die Geschichte dieses Abends dennoch.
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