"Salzburg für Jedermann": Straßburger Streaming-Festspiele

SALZBURGER FESTSPIELE 2020: FOTOPROBE "COSI FAN TUTTE"
ARTE Concert kann fast alle Highlights der Festspiele bis zu drei Monate lang anbieten. Auch der ORF verzeichnet größere Resonanz.

Durch die coronabedingten Einschränkungen im Aufführungsbereich entstanden in den letzten Monaten Streaming-Angebote, die den Kulturgenuss durchaus demokratischer machen. Eines davon ist "Salzburg für Jedermann" von ARTE Concert, wo in täglichen Livestreams fast das gesamte Musikprogramm der in Umfang und Kartenangebot deutlich reduzierten Jubliäumsfestspiele gezeigt wird. Neben den großen Opernproduktionen wird auch kaum ein Konzert-Highlight ausgelassen: Argerich, Barenboim, Dudamel, Muti, Netrebko, Thielemann - um nur ein paar Namen zu nennen.

Opern als Zugpferde

Nicht zuletzt dank des hochkarätigen Programms erfreut sich die kostenfreie Konzertstreaming-Plattform des deutsch-französischen Kultursenders ARTE steigender Onlinebesuche. In Straßburg, dem Sitz des Senders, hat man seit Beginn der Festspiele Anfang August bereits mehr als 455.000 Videoabrufe registriert. Als Zugpferde erwiesen sich die beiden Opernpremieren "Così fan tutte" (mehr als 97.400 Aufrufe) und "Elektra" (mehr als 82.800). Auch Igor Levits bisher sieben Abende mit Beethovens Klaviersonaten erfahren mit insgesamt mehr als 124.000 Aufrufen großen Zuspruch.

Auf KURIER-Anfrage heißt es aus Frankreich, dass vergleichbare Opern-Streams durchschnittlich rund 40.000 Aufrufe generieren, allerdings über die gesamte Onlineverfügbarkeit von bis zu sechs Monaten gerechnet. "Natürlich sind derzeit sehr viele Augenpaare auf Salzburg und die dort stattfindenden Premieren gerichtet", sagt eine Sprecherin des Senders. "Wir konnten grundsätzlich zu Beginn der Coronakrise ein vermehrtes Interesse an Opernübertragungen verzeichnen. Mit Aufhebung des Lockdowns hatten sich die Zahlen jedoch wieder halbwegs normalisiert.

Hinterhäuser sieht "wichtiges Zeichen"

Und nun Salzburg. Insgesamt haben seit Festivalbeginn über die diversen Kanäle des ORF, von ARTE, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk und Produktionspartner Unitel inzwischen rund 2,4 Millionen Zuschauer die Aufführungen aus der Ferne miterlebt. Für Festspielintendant Markus Hinterhäuser ist es "das größte audiovisuelle Aufzeichnungsprojekt in der Geschichte der Festspiele". Er freue sich, dass diese "besonderen" Salzburger Festspiele "auch bei den Zuschauern vor den Bildschirmen und online eine so gute Resonanz finden und dass wir damit auch europaweit ein wichtiges Zeichen für die gesamte Kulturbranche setzen können."

Zum ersten Mal gab es die Salzburger Festspiele auch live in Kinos in Österreich, Deutschland und Russland zu sehen. Die Premieren der "Elektra" und des "Jedermann" wurden am Eröffnungstag in 94 Kinos übertragen. Mit insgesamt 4.000 Besuchern habe man es sogar in die Kinocharts geschafft, betonte man bei den Festspielen.

ORF-Quotenhit "Jedermann"

ORF 2 erzielte mit Richard Strauss' "Elektra" am 10. August eine durchschnittliche Reichweite von 78.000 Sehern (6 Prozent Marktanteil), Mozarts "Così fan tutte" erreichte am 7. August im Hauptabend durchschnittlich 141.000 Seher (6 Prozent Marktanteil). Die Streaming-Zahlen wolle man demnächst bekanntgeben, heißt es am Küniglberg.

Die "Jedermann"-Fernsehübertragung des ORF zum Auftakt am 1. August schaffte mit 416.000 Zusehern im Schnitt (Marktanteil 19 Prozent) sogar einen Rekordwert, den besten einer Salzburg-Übertragung seit der legendären "Traviata" im Jahr 2005.

Weitere Höhepunkte

ARTE Concert zeigt Hugo von Hofmannsthals unsterbliches Stück am 22. August, also genau 100 Jahre nach der Erstaufführung auf dem Salzburger Domplatz.

Am 26. August folgt das Konzert mit den Wiener Philharmonikern und Stardirigent Christian Thielemann im Livestream, am Tag darauf der seit Langem ausverkaufte Arienabend von Anna Netrebko und ihrem Ehemann Yusif Eyvazov (jeweils um 20:30 Uhr).

"Così" bleibt drei Monate im Netz

Anders als der ORF, ist ARTE nicht gesetzlich an eine 7-Tage-Frist gebunden. Die Festspiel-Streams werden mindestens 30 Tage lang online unter arte.tv/salzburg abrufbar sein. "Elektra" und "Così fan tutte" beispielsweise sogar ganze drei Monate.

Gestartet wurde die Seite Arte Concert Ende Mai 2009. Gezeigt werden ARTE-Koproduktionen sowie Mitschnitte und Aufzeichnungen von ARTE-Partnern, zu denen neben großen Bühnenhäusern auch freie Truppen, Festivals und unabhängige Künstler gehören.

ARTE Opera geht in der kommenden Spielzeit in die dritte Saison. In Partnerschaft mit Häusern aus ganz Europa werden Opernproduktionen auf die virtuelle Bühne geholt. Den Auftakt des Projekts wird die Übertragung von "7 Deaths of Maria Callas" von Marina Abramovic aus der Bayerischen Staatsoper machen.

Darüber hinaus wird ARTE etwa am 6. September das Wiedereröffnungskonzert der Mailänder Scala aus dem Mailänder Dom im Fernsehen und Netz übertragen – Riccardo Chailly und das Orchester der Mailänder Scala spielen zu diesem Anlass und in Gedenken an die Corona-Opfer Verdis "Requiem". Ebenfalls bereits fix: Die Übertragung des Festkonzerts anlässlich des 450-jährigen Bestehens der Berliner Staatskapelle am 13. September.

Längerfristig verfügbare Streams bietet der ORF über seine abopflichtige Klassik-Plattform Fidelio an.

Hier ein Überblick über alle Übertragungen aus Salzburg.

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