Schwer zu sagen, ob es an Corona oder den wetterbedingten Umständen lag. Es herrschte jedenfalls eine selten konzentrierte Stimmung; kaum jemand plauderte in der Wartezeit bis zum Beginn um 21 Uhr 35. Aufgrund dieser Ausnahmesituation fielen dann auch eher patscherte Übergänge auf. Und manche Szenen bekamen eine zusätzliche Bedeutung. Etwa wenn der gar nicht so gute Gesell die Hand zum Abschied hinstreckt – und der zum Tod verurteilte Jedermann sie nicht ergreift. Oder wenn Mavie Hörbiger als schmalbrüstige „Werke“ nach Luft ringt.
Doch Michael Sturminger adaptierte seine Inszenierung nicht, obwohl dies nahelag, auf die Liebe in Zeiten von Corona. Denn der reiche Jedermann wird ja ohne ersichtlichen Grund 50-jährig aus dem blühenden Leben gerissen. Aber die Regie gratuliert nebenbei den Festspielen, die als Geburtstag die erste „Jedermann“-Vorstellung – am 22. August 1920 auf dem Domplatz – ansehen.
2019 hatte sich Valery Tscheplanowa, Buhlschaft für einen Sommer, als Chanson-Sängerin im glitzernd-weißen Hosenanzug präsentiert. Nachfolgerin Caroline Peters hingegen besteigt mondän im cremefarbenen Glitzerkleid eine dreistöckige Riesentorte in Pink – und legt als strahlende Bekrönung einen an Marilyn Monroe erinnernden Auftritt hin. Ihr „Happy birthday, my dear Jedermann“ ist aber eher geröchelt denn gehaucht – und eine echte Glanznummer. Dass sie eine Buhlschaft nur für die guten Tage ist, macht sie knallhart klar.
Ihr Partner, Tobias Moretti, gibt mitunter, mit dem Fuß stampfend, ein egoistisches wie opportunistisches Rumpelstilzchen; Peter Lohmeyer schleicht als ganzkörpertätowierter Tod wieder im Moonwalkschritt über die Bühne; Edith Clever mahnt ihren Sohn zum gottgefälligen Leben; Christoph Franken ist als Mammon ein güldener Sumo-Ringer; und Gregor Bloéb, der Bruder von Moretti, bleibt der Publikumsliebling: Als guter Gesell agiert er zynisch, als Teufel sorgt er für Klamauk und derbe Späße. Viel Applaus und Jubel.
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