Hinterhäuser: „Wir sind dazu da, etwas stattfinden zu lassen"
Am Samstag beginnen die Salzburger Festspiele – coronabedingt ohne Reden, ohne Tamtam – mit der „Elektra“ und dem „Jedermann“. In der Getreidegasse wuselt es – fast wie eh und je. Im Festspielbezirk aber herrschen strikte Sicherheitsvorkehrungen. Die Interviews finden, wenn möglich, nur im Freien statt – auf der sogenannten Presseterrasse unmittelbar über der Felsenreitschule. So auch dieses mit Markus Hinterhäuser. Der Pianist, 1958 in La Spezia geboren, leitet das Festival, das heuer sein 100-Jahr-Jubiläum feiert, seit 2017.
KURIER: Müssten Sie nicht ein oranges Band mit Ausweis um den Hals tragen?
Markus Hinterhäuser: Schon. Aber ich bin ja nicht ganz unbekannt im Festspielbezirk. Wir achten streng auf die Sicherheitsmaßnahmen, es gibt eine unglaubliche Disziplin bei den Mitarbeitern und Künstlern! Und ich wäre verrückt, würde ich mich nicht an die Regeln halten. Die Sorglosigkeit, die es derzeit in Teilen der Bevölkerung gibt, erstaunt mich.
Sie sitzen daher zwei Meter entfernt. Wenn es nach Ihnen gegangen wäre: Hätten Sie die Festspiele abgesagt?
Die Wochen des Lockdowns, in denen man in jedem Menschen, sofern man ihm überhaupt begegnet ist, nur einen möglichen Virusüberträger sah, waren schon bedrückend. In dieser Zeit war es schwierig, irgendeine Art von Perspektive zu formulieren. Aber wir haben im Direktorium mehrere Szenarien entwickelt. Ja, es gab das Szenario einer Totalabsage. Ein anderes berücksichtigte nur den Gründungstag der Festspiele vor 100 Jahren, den 22. August, mit dem „Jedermann“. Doch es war uns auch klar, dass der Lockdown irgendwelche Konsequenzen haben musste. Zum Beispiel, dass die Fallzahlen sinken. In dieser gewissen Stabilität, die Ende Mai erreicht wurde, taten sich Möglichkeiten auf. Es war ein langsames Aufwachen aus der Agonie. Und dann musste es ganz schnell gehen. Wir waren uns ganz sicher: Wenn es nicht nur für uns, sondern für alle – wir wollten nie eine Ausnahmeregelung nur für die Salzburger Festspiele – möglich ist, bis zu 1000 Personen in einen Saal zu lassen, dann könnte die Sache auch Sinn haben.
Auch vom Finanziellen her?
Nein, finanziell macht diese Unternehmung nicht wirklich Sinn. Sie ist alles andere als ein Geschäft. Was wir machen, ist ein Versuch, der alle Mühe wert ist. Und wenn uns Festspiele ohne größere Katastrophen gelingen sollten, kann das ein wertvolles Zeichen für andere Institutionen sein. Ein Zeichen, dass man etwas hinbekommen kann. Wir werden ja mit diesem Virus zu leben haben und es wird noch eine ganze Weile dauern, bis es ein Medikament und oder eine Impfung gibt. Wir können gar nicht anders, als zu einer gewissen Gelassenheit zu kommen, ohne dabei das Virus zu unterschätzen. Es wird nicht gehen, noch einmal den totalen Stillstand auszurufen. Das ist völlig ausgeschlossen.
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