Seit wenigen Wochen dürfen nach der Corona-Unterbrechung wieder Dreharbeiten in Österreich stattfinden. So laufen in Wien seit Ende Juni jene für die ARD/ORF-Krimi-Reihe „Blind ermittelt“ mit Philipp Hochmair als blinden Ex-Kommissar und Andreas Guenther als Partner.
Um dieses „Comeback“, so auch der Titel des Konzepts für Dreharbeiten während der Corona-Krise, wurde zwischen Filmwirtschaft sowie Kanzleramt, Gesundheits- und Kulturministerium wochenlang gerungen. Die Corona-Infektionszahlen steigen nun wieder. Umso wichtiger ist es für den anlaufenden Kulturbetrieb, dass geltende Vorgaben eingehalten werden – denn „die ungeschützte Zusammenarbeit von Regie, Kamera und Schauspieler*innen kann nur in einem geschützten, verlässlich negativ getesteten Pool stattfinden (Closed Set) stattfinden“ – und entsprechend abgeschirmt wird gearbeitet.
Nun ist aber ausgerechnet Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) auf Tuchfühlung mit den Darstellern von „Blind ermittelt“ gegangen. Sie ist, bestätigt die Produktionsfirma Mona Film, „unangemeldet und ohne Zustimmung“ zum Dreh gekommen, „um dort in Eigeninitiative mit den Hauptdarstellern sowie der Regisseurin von uns nicht autorisierte Handyfotos zu erstellen, auf denen von unseren Mitarbeitern und Darstellern Social Distancing demonstriert wird.“
Euphorie
Die Fotos dazu finden sich bei einem Facebook-Post der Kulturstadträtin. „Der erste Drehtag zur nächsten Folge ,Blind ermittelt‘ fand heute gleich um die Ecke vom Rathaus statt. Dieses ,Comeback‘ der Filmwirtschaft konnte ich nicht einfach an mir vorbeiziehen lassen und habe dem Filmteam einen spontanen Besuch abgestattet“, heißt es auf dem Account. „Neben dem Hauptdarsteller Philipp Hochmair durfte ich noch Ellenbogenstupsen mit Andreas Guenther und Patricia Aulitzky“, zeigt sich die Stadträtin, die von Marijana Stoisits von der Vienna Film Commission begleitet war, euphorisiert.
Mit dieser Aktion geriet die Filmfirma in Erklärungsnot – bei den Auftraggebern. Der ORF „ersuchte die Mona Film umgehend um Stellungnahme im Hinblick auf Einhaltung der Corona-Maßnahmen“, hieß es auf Anfrage. „Selbstverständlich werden wir weiterhin die mit dem ORF vereinbarten ,Closed Set“-Bestimmungen strikt einhalten und derartigen Eigeninitiativen Einhalt bieten“, lautete die schriftliche Antwort der Mona Film. Möglich war der Überraschungsbesuch, weil der Dreh auf einer öffentlichen Straße stattfand – es wurden auf einem Hänger PKW- und Fiaker-Fahrten simuliert.
Darauf verweist auch das Büro der Kulturstadträtin: „Der Termin kam kurzfristig in Absprache mit der Vienna Film Commission zustande. Gerade weil die österreichische Filmindustrie unter den Corona-Bestimmungen eingeschränkt arbeiten muss, war es wichtig, mit dem Besuch ein Zeichen der Unterstützung zu setzen. Da sich das Filmset im Freien, an einem für jeden/jede öffentlich zugänglichen Ort befand, war der Besuch unter den derzeit geltenden Corona-Bestimmungen überhaupt möglich.“
Hausverstand
Die Vorgaben bei Drehs sind strikt: Ein Set fußt auf einem Drei-Zonen-Modell, in dessen Innersten sich das sogenannte Closed Set befindet. Für die Akteure dort bringt das Quarantäne vor Drehstart und danach laufende Tests. Selbst vor und nach dem Dreh sollen „sich diese Kolleg*innen solidarisch und selbstverantwortlich per Hausverstand selbstisoliert“ halten, heißt es in den „Comeback“-Vorgaben.
Das Facebook-Posting hatte bis Redaktionsschluss 85 Likes. Im Herbst wird in Wien gewählt.
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