Schuldenschnitt, Springer-Einstieg? Fellner streitet ab

Je mehr man sich Wolfgang Fellner nähert, desto schwammiger wird das Bild. Fest steht: Er verkörpert wie kein zweiter den Boulevardjournalismus alter Schule. Er hat die letzte große Tageszeitung des Landes gegründet und schafft es sogar, im ohnehin schon grellen Internet noch aufzufallen. Wirtschaftlich reiht sich in der Eigendarstellung ein Superlativ an den nächsten: Fellner geht es prächtig, Fellner bricht Rekorde, Fellner ist der Player der Medienszene.
Aber wie profitabel ist die „Mediengruppe Österreich“ wirklich? Hier wird es wieder schwammig: Wer die Bilanz lesen will, stößt auf eine Vielzahl miteinander verbundener Firmen, die unterschiedliche Stichtage haben, Verbindlichkeiten und Verschachtelungen aufweisen. Ein buchhalterisches Suchspiel der Sonderklasse.
Wie Fellner wirtschaftlich dasteht, weiß am Ende nur er selbst. Und wahrscheinlich seine Kreditgeber. Die Rede ist von hohen Außenständen, einem geplanten Schuldenschnitt und einem möglichen Neustart unter neuer Führung. Befeuert hat die Gerüchte die Konkurrenz: Heute-Chefredakteur Christian Nusser twitterte, dass für Montag ein Krisengipfel mit Banken vorgesehen war. Laut Nusser ging es um einen Schuldenschnitt von 80 bis 90 Millionen. Das Problem: Nicht alle beteiligten Finanzinstitute seien einverstanden.
Der Verleger selbst erklärt auf eine KURIER-Anfrage per Mail: Die Informationen seien „definitiv falsch“.
Fest steht: Es läuft nicht besonders rund für den Verleger. So hat er seit dem Vorjahr eine lange Reihe von Gerichtsverhandlungen zu absolvieren gehabt, die aus dem Vorwurf der sexuellen Belästigung früherer Mitarbeiterinnen resultierten.
Anfangs ging Fellner gewohnt selbstbewusst in die Auseinandersetzung, stellte die Vorwürfe andersherum dar (ihm seien regelrechte Liebesbriefe geschrieben worden), bis Tonaufnahmen auftauchten, die wesentliche Vorwürfe belegten.

Niki Fellner soll die Mediengruppe übernehmen.
Sanierer in der Firma
Im März diesen Jahres kam in fünf Gesellschaften der deutsche Sanierer Andreas Pres als Co-Geschäftsführer. In Wien ein unbeschriebenes Blatt, in Deutschland ein Mann, der Unternehmen wieder flottkriegt. Ohne seine Unterschrift geht bei den fünf Firmen seither nichts mehr. Verlegersohn Niki Fellner, der als Nachfolger gesetzt ist betonte, er habe Pres geholt. Für einen „Transformationsprozess“.
Am Wiener Zeitungsmarkt erzählt man sich, Fellner senior werde sich mit Ende Juni endgültig zurückziehen. Auch über einen Einstieg von Axel Springer wird spekuliert – der allerdings nur Sinn machen würde, wenn man allfällige Themen mit den Banken bereinigt hat. Wolfgang Fellner bestreitet das. Wie er überhaupt alles bestreitet. Ohne auf Nachfragen einzugehen.
Bloß kein Wanken
Fest steht: oe24.tv gilt als der am stärksten öffentlich geförderte kommerzielle Fernsehsender. Insgesamt sollen die Fellner-Medien 2,52 Millionen Euro pro Jahr aus dem Privatrundfunkfonds bekommen. Eine Auszahlung ist aber nur an wirtschaftlich gesunde Unternehmen möglich. Ein Wanken der Mediengruppe könnte schnell Folgen haben.
Fakt ist auch: Gerade für Gratiszeitungen ist der gestiegene Papierpreis schwer zu stemmen. Einfach nur der Auflage willen zu drucken, ist teuer. Und die Zahl der Kunden, die für das Produkt auch bezahlen, lässt sich für ein lautes Boulevardblatt, das vor allem gratis vertrieben wird, nicht ohne Weiteres erhöhen. Von einer Einstellung der Printausgabe will Fellner jedenfalls nichts wissen. Auch das sei falsch.
Wie unheilvoll Fellner wirken kann, zeigte sich im Umfrage-Skandal, der zum Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler führte: Die Meinungsforscherin Sabine Beinschab soll geschönte Umfragen für Österreich durchgeführt haben und dafür Scheinrechnungen an Unternehmen der Fellner-Gruppe gelegt haben. In der Folge sollen diese vorläufig übernommenen Kosten über Inseratenschaltungen ausgeglichen worden sein. Heißt: Fellner soll die Umfragen quasi vorfinanziert haben – und dafür dann von der ÖVP Inserate bezahlt bekommen haben. Die Ermittlungen laufen. Ein beschlagnahmtes Fellner-Handy könnte eine Vielzahl von aufschlussreichen Chats enthalten.
Die Übergabe der Geschäft an Niki Fellner ist bereits eingeleitet. Im Lauf des Jahres 2022 soll er die operativen Leitungsfunktionen in der Mediengruppe sukzessive übernehmen.
Krise? Nicht bei Fellners.
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