Zunächst loyaler Finanzdirektor unter Gerhard Weis und Monika Lindner, ließ er sich im 2006 von einer äußerst bunten „Regenbogenkoalition“ bestehend aus Proponenten von BZÖ bis SPÖ auf den Schild heben: „Alex“, wie ihn beinahe jeder nennt, der in der Medienbranche zu tun hat, war an der Spitze angekommen. In seinem Windschatten wechselte der grüne Stiftungsrat Pius Strobl ins Unternehmen. Er wurde Kommunikationschef und blieb bis zuletzt einer der engsten Berater von Wrabetz.
Die gemeinsam groß angekündigte „größte Programmreform aller Zeiten“ mit der Daily Soap „Mitten im Achten“ war allerdings ein Flop, ebenso die Sendung des extra von ATV abgeworbenen Dominic Heinzl („Chili“). Wrabetz lernte daraus: Aus großen Ankündigungen wurden schnell große Abwägungen und daraus resultierende kleine Schritte, die manche Beobachter mit Stillstand gleichsetzten.
Wrabetz’ erstes Direktorium kam ordentlich ins Schlingern, als die damalige Kanzlerpartei SPÖ sehr direkt Personalwünsche in der Redaktion platzierte: Die Causa schaukelte sich hoch, sogar Informationsdirektor Elmar Oberhauser musste weichen. Kollateralschaden war Strobl, der eine „Abhöraffäre“ im Zuge der Abwahl zu verantworten hatte und seinen Hut nahm. Auch die Installierung des roten Stiftungsrates Niko Pelinka, eines Vertrauten des damaligen Kanzlers Werner Faymann (SPÖ) als Büroleiter ging in die Hose: Nach Protesten in der Belegschaft und äußerst kritischen Berichten, zog der seine Bewerbung zurück.
Bis auf diese Turbulenzen hatte Wrabetz wie kaum ein Zweiter ein Sensorium dafür, wie man (politische) Mehrheiten im obersten ORF-Gremium herstellt – sei es bei Gebührenerhöhungen, bei der Gründung neuen Sender (ORFIII, Sport+), oder bei der Refundierung der ORF-Gebühr infolge der Finanzkrise 2008: Wrabetz hatte letzten Endes immer den Riecher, wie man auch politische Gegner dazu bringen konnte, das zu tun, was ihm nutzte.
Bis zuletzt konnte er darauf verweisen, keine einzige Abstimmung gegen die ÖVP verloren zu haben. Zwei Mal hintereinander wurde Wrabetz wiedergewählt – im Sommer hatte dann die türkise Kanzlerpartei eine haushohe Mehrheit im Stiftungsrat. Dass er nur sechs von 35 Stimmen erhalten hatte, kränkte ihn dem Vernehmen nach nachhaltig.
Darüber, wie es mit dem Medienmanager Wrabetz nach seiner Zeit im ORF weiter geht, ist noch unbekannt: Abschiedsinterviews gab es keine, auch größere Festivitäten verbat sich der General ausdrücklich.
Was ist das Erbe nach 15 Jahren ORF-Chef Wrabetz?
Als größte Errungenschaft gilt der Info- und Kultursender ORFIII, der nicht nur die Leidenschaft des Opernfans Wrabetz widerspiegelt, sondern ein wichtiges Element des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF darstellt. Dazu zählen auch Radio- und TVthek. Ebenfalls auf der Haben-Seite steht die glaubwürdige Verteidigung der journalistischen Freiheit am Küniglberg: So entspannt wie unter Wrabetz hatte es sich schon lange nicht mehr für die ORF-Information gearbeitet. Auch die Sanierung des ORF-Zentrums für 303 Millionen fällt weitgehend in seine Amtszeit. Und: Die Stermann und Grissemann-Show „Willkommen Österreich“ ermöglichte auch er. Dort saß Wrabetz am Dienstagabend und ließ mit sich Spaßen.
Vorerst ein letztes Mal.
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