Roland Weißmann im Interview: ORF-Veränderung ist "Knochenarbeit"
"Ich werde mich für die Position des ORF-Generaldirektors bewerben", sagte Roland Weißmann am Donnerstag. Damit geht der Favorit für die Nachfolge von Alexander Wrabetz offiziell ins Rennen. Der KURIER hat nachgefragt - bezüglich Plänen, Partei und Plan B.
KURIER: Warum die Bewerbung, was ist der Punkt, der Ihrer Meinung nach vordringlich anzugehen ist?
Roland Weißmann: Ich bin seit 26 Jahren im ORF. Ich mag das Haus sehr gern. Ich bin überzeugt davon, dass der ORF eine Zukunft hat und wichtig bleiben wird. Aber damit es diese Zukunft tatsächlich gibt, braucht es Veränderungen – jetzt. Das Stichwort dafür ist digitale Transformation.
Was ist darunter zu verstehen?
Ich leite seit einem Jahr das Projekt des Streaming-Portals ORF-Player. Ich habe mir in dieser Zeit eine neue Welt erarbeitet und dadurch auch erkannt, dass die digitale Welt nach völlig anderen Spielregeln funktioniert, als die lineare mit ihren TV- und Radio-Sendern. In letzterer ist der ORF sehr gut, sehr präsent. Jetzt muss der nächste Schritt passieren. Dafür braucht es einen radikalen Wandel, damit der ORF tatsächlich in der digitalen Welt ankommt und dort auch mitspielt. Ich bin 53 Jahre alt, ich könnte mich zurücklehnen in der Gewissheit, dass traditionelles Radio und Fernsehen auch in den nächsten zehn Jahren relevant sein werden. Das fände ich aber falsch. Ich habe die Kraft und Energie und die Vision, etwas beitragen zu können, dass wir als ORF diese Transformation schaffen. Deshalb will mich dafür einsetzen. Ich kenne die Strukturen im ORF sehr gut und ich glaube, dass es eben diese Kraft, Durchsetzungsfähigkeit und Vision wirklich braucht, um den ORF zu verändern. Das ist Knochenarbeit, aber ich bin bereit, das anzugehen.
Es hat doch recht lang gedauert, bis Sie mit Ihrer Bewerbung an die Öffentlichkeit gegangen sind. Ist der Hintergrund etwa, dass das Sorglospaket der ÖVP in Sachen Stiftungsrat noch nicht gestanden ist?
Man kann sich noch bis zum 28. Juli bewerben, von spät kann also keine Rede sein. Für mich war jetzt einfach der Zeitpunkt gekommen, diesen Schritt zu setzen. Ich führe viele Gespräche, das gehört im Übrigen auch zu meinem Job. Darunter sind auch viele mit Stiftungsräten, die ich hoffe, mit meinem Konzept überzeugen zu können. Es gibt aber keine Absprachen. Für den 10. August hoffe ich auf eine breite Zustimmung zu diesem Konzept, ehrlichweise, aus möglichst vielen Freundeskreisen im Stiftungsrat. Für die großen Transformationen, die auf den ORF zukommen, braucht es eine breite Unterstützung im Stiftungsrat. Ich bin der Kandidat für den ORF-Generaldirektor und nicht der Kandidat einer Partei. Wie bereits im Pressegspräch erwähnt: Ich hatte, habe und werde auch nie ein Parteibuch haben.
Sie haben dort auch ein gutes Verhältnis zu Alexander Wrabetz, im übrigen auch zu Lisa Totzauer, betont. Ist die Bewerbung für den Generaldirektor nicht ein Akt der Illoyalität? Es kann ja nur einen geben.
Ich bin regelmäßig mit dem Generaldirektor im Austausch. Ich habe ihn gestern über die heutige Pressekonferenz informiert. Ich hatte aber auch schon in der Woche davor ein Gespräch mit ihm. Es hat sich für manche also dieser mein Schritt bereits abgezeichnet. Den endgültigen Entschluss dazu habe ich – und zwar allein - am Wochenende bzw. gleich danach gefällt.
Was ist Ihr Plan B?
Ich habe mich beworben, weil ich davon ausgehe, mit meinem Konzept die Mehrheit der Stiftungsrätinnen und -räte überzeugen zu können. Mit einem Plan B würde ich mich also erst ab dem 11. August beschäftigen.
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