Robert Stadlober: „Man hat dann keine Lust auf Krieg“

Robert Stadlober: „Man hat dann keine Lust auf Krieg“
Der Schauspieler im Interview über die Serie „Das Boot“, Instagram und Kärntner Krankenhäuser.

Fast 40 Jahre nach Wolfgang Petersens Film „Das Boot“ stach im vergangenen Herbst erneut eine Mannschaft in filmische See: die Crew des U-Boots U-612. Mit an Bord war der österreichische Schauspieler Robert Stadlober als Smut – also Koch – Hinrich Laudrup. Neben Stadlober spielen u. a. Rick Okon, Vicky Krieps, Tom Wlaschiha und Rainer Bock mit. 

Vergangene Woche wurde „Das Boot“ bei der ROMY mit dem Preis der Jury ausgezeichnet. An Staffel zwei wird gearbeitet, die erste ist bei Sky auf Abruf zu sehen und wird ab Montag (21.15 Uhr) bei Sky Atlantic HD wiederholt. 

KURIER: Herr Stadlober, nach der ersten Staffel haben Sie gesagt, es sei „grauenhaft“ gewesen, auf so engem Raum im U-Boot-Modell zu drehen. Welche Schwierigkeiten gab es noch?

Robert Stadlober: Wenn man so lange im Studio ist, hängt man irgendwie nur in Social-Media-Feeds rum. Nach zwei Monaten denkt man sich dann: Was habe ich eigentlich neben der Arbeit gemacht? Man hat natürlich wahnsinnig viele Wartezeiten und die kann man, glaube ich, befriedigender und schöner nutzen.

Das Social-Media-Problem ergibt sich vermutlich bei jedem Dreh, oder?

Das war bei „Das Boot“ schon noch mehr der Fall, aber das liegt natürlich auch daran, dass die anderen Schauspieler 10, 15 Jahre jünger sind als ich. Für die gehört das noch viel mehr zum Leben dazu und ich bin da irgendwie mit reingekippt. Wir haben dann permanent Insta-Stories gemacht. Es war wie eine riesengroße Klassenfahrt. Das war natürlich wahnsinnig lustig, aber die Wartezeiten sind sehr gleichförmig gewesen (schmunzelt).

So bleibt man wenigstens am Puls der Zeit.

Genau, ich weiß jetzt auf jeden Fall, was junge Leute beschäftigt – ich, mit meinen alten 36 Jahren (lacht).

Sie dürfen noch nichts zur zweiten Staffel verraten. Ist das manchmal schwierig als Schauspieler, solche Dinge für sich behalten zu müssen?

Ja, schon. Mir fällt selber immer wieder auf, dass ich das ein bisschen vergesse und kurz davor bin, etwas zu sagen – zum Beispiel bei Freunden – und dann merke: Ah, nein, Mist, ich darf eigentlich nichts erzählen. Das fällt nicht unbedingt leicht, aber man gewöhnt sich daran. Vor allem bekommt man immer wieder E-Mails als Erinnerung, dass man wirklich nix sagen darf (lacht).

Sie sind mit Rollen als Außenseiter und Rebell bekannt geworden („Crazy“, „Engel & Joe“). Hätten Sie sich je gedacht, dass Sie mal einen Soldaten spielen werden?

Es ist vielleicht nicht unbedingt das, was ich mir mit 18 vorgestellt habe, aber es war auch nicht vollkommen außerhalb des Möglichen. Ich hab’ aber ehrlich gesagt früher auch überhaupt nicht darüber nachgedacht, was ich mal in 10 oder 20 Jahren machen werde, und ich tu’s immer noch nicht. Sachen, die im Zweiten Weltkrieg angesiedelt sind und wo man einen deutschen Klischee-Nazi-Soldaten spielen sollte, hab’ ich immer sehr strikt abgelehnt. Es gab zwei Ausnahmen, einmal mit Oskar Roehler ("Jud Süß – Film ohne Gewissen") und da lag’s am Oskar Roehler und einmal mit Volker Schlöndorff ("Diplomatie") und da lag’s an Volker Schlöndorff

Und bei „Das Boot“?

Da war’s was anderes, weil es das Original-„Boot“ gibt und das Vorbild, die Geschichte von deutschen Soldaten so zu erzählen, dass man tatsächlich in die Psychologie von solchen Figuren hineinschauen kann. Und dass man gleichzeitig keine Lust auf Krieg hat danach, dass man weiß, dass das nichts ist, was es zu glorifizieren gilt. Das ist ja leider oft bei Filmen, die sich mit solcher Thematik auseinandersetzen, nicht der Fall. Da wird das eher so dargestellt, dass man sich denkt: Naja, das könnte ja eigentlich ganz leiwand sein, so ein bisschen herumschießen.

Hat dieses Vorbild des Original-„Boots“ auch Bedenken bei Ihnen ausgelöst, dass das Vorhaben, eine Serie zu drehen, schiefgehen könnte? 

Ich war sehr gut mit Otto Sander befreundet (er spielte Kapitänleutnant Philipp Thomsen im Film "Das Boot", ist 2013 verstorben, Anm.) und er hat immer wahnsinnig viel vom Dreh des Originalfilms erzählt. Als ich erfahren habe, dass es eine Serie geben soll, habe ich an Otto denken müssen und daran, dass ich so ein Erbe vielleicht nicht anfassen sollte. Das Absurde bei diesen neuen Serien ist, dass man ja zuerst immer nur ein oder zwei Bücher zu lesen bekommt und gar nicht weiß, wie die Geschichte weitergeht. Aber dieses erste Buch war gut und dann habe ich erfahren, dass Andreas Prochaska die Regie übernimmt. Ich war mir sicher, dass er nicht zusagen würde, wenn das nix wäre. Und da habe ich, glaube ich, auch Recht behalten. Es war ja keine Leichenfledderei und kein sinnloses Stützen auf ein altes Erbe, sondern tatsächlich eine Fortsetzung, eine Weiterentwicklung des Original-"Boots".

Vergangene Woche hat "Das Boot" eine ROMY bekommen. Hat es einen Punkt gegeben, an dem Sie gemerkt haben, dass die Serie ein Erfolg werden könnte?

Das Lustige an diesen neuen Ausstrahlungsformaten ist, das geht Schlag auf Schlag. Auf einmal waren alle Kritiken an einem Tag da – und alle waren gut. Bis dahin war ich mir ehrlich gesagt nicht sicher, aber das liegt natürlich auch daran, dass wir nicht wirklich viel davon vorher gesehen haben. Als die ersten Kritiken reinkamen, habe ich mich sehr gefreut. Ich habe noch keine schlechte gelesen – und es ist mir bis jetzt noch bei keiner Arbeit so gegangen. Dass man etwas gemacht hat, was anscheinend wirklich von allen gut gefunden wird.

Blickt man dann anders auf die Arbeit?

Nein, ich hab’ da schon meinen eigenen Maßstab. Wenn ich etwas nicht gut finden würde, würde ich ja meine Meinung nicht ändern, auch, wenn es viele Preise bekommt. Aber es ist natürlich noch einmal eine Bestätigung, wenn man etwas selbst gut fand. Dann weiß man, dass man nicht allein ist mit der Meinung. Es gab durchaus Filme, die ich wahnsinnig gut fand, die sonst niemand mochte. Das ist ein ziemlich enttäuschendes Gefühl.

Zum Beispiel?

90 Prozent meiner Filmografie (lacht). Es ist ja immer so ein bisschen ein Glücksspiel. "Wie man leben soll" von David Schalko, finde ich, ist damals in Österreich zu Unrecht ziemlich schlecht besprochen worden und dementsprechend auch schlecht gelaufen. Wenn ich mir den Film jetzt anschaue, frage ich mich wirklich, was eigentlich das Problem war, weil es ein ziemlich lässiger, cooler Film ist.

Dabei haben Sie in Interviews immer wieder gesagt, Sie wollen gar nicht mehr so viel Beachtung wie etwa nach „Crazy“.

Ja, für mich – das ist was anderes, aber die Filme können ja Beachtung finden. Das bedeutet ja nicht gleichzeitig, dass man selbst zu einem überall Erkannten wird. 

Nicht?

Nein, ich glaube, mittlerweile läuft die Aufmerksamkeitsökonomie anders und hat gar nicht mehr so viel mit dem eigentlichen Ergebnis der Arbeit zu tun. Wenn man berühmt sein will, gibt’s mittlerweile Mittel und Wege, die nicht mehr sehr viel mit der Qualität der Arbeit zu tun haben. Dadurch, dass es so viele verschiedene Formate und Menschen gibt, die überall irgendwo im Rampenlicht herumstehen, fällt’s auch viel einfacher, sich ein bisserl rauszuhalten aus dem Ganzen, aus dem Starrummel. Das war vor 20 Jahren, als ich das erste Mal bekannt wurde, anders. Da gab’s viel weniger Filme, viel weniger Medienformate und wenn man da in einem erfolgreichen Film mitgespielt hat, wie bei „Crazy“, dann war man halt einfach ‚der eine Schauspieler‘.

Schauen Sie selbst Serien?

Ja, ich bin sehr großer Fan von „Gomorrha“. Und das sag’ ich jetzt nicht nur, weil’s wie „Das Boot“ auf Sky ist (lacht). Die Serie habe ich von Anfang an verschlungen, die ist großartig. Ich folge auch allen Schauspielern auf Instagram (lacht). Und dann natürlich die großen Klassiker, „Sopranos“ und „The Wire“. Das sind für mich zwei der wichtigsten Ereignisse meines Lebens als Genießer von Kunst, vergleichbar mit Romanen oder Kinofilmen.

Sie leben seit Jahren in Berlin, sind in der Steiermark aufgewachsen, aber gebürtiger Kärntner?

Dass ich in Friesach geboren wurde, liegt daran, dass das Spital wenige Kilometer hinter der steirischen Grenze ist. Es hat entweder das Spital in Judenburg oder das in Friesach gegeben und meine Mutter hat sich für Friesach entschieden. Weil damals, glaube ich, in Judenburg die Väter bei der Geburt nicht dabei sein durften. Und meine Mutter wollte das aber.

Die Kärntner waren also moderner.

Man muss es leider so sagen, ja (lacht). Zumindest, was die Geburtenstation betrifft. 

Sie wechseln im Gespräch immer wieder zwischen Bundesdeutsch und Österreichisch.

Ja, sicher. In Deutschland spreche ich ja Bundesdeutsch. Mit Österreichern so zu reden, fällt mir sehr schwer. Sobald ich ein bisschen Österreichisch höre, kippe ich dann auch irgendwie rein.

Und wie reden Sie mit ihren Kindern?

Wenn wir in Deutschland sind, Hochdeutsch, wenn wir in Österreich sind, Österreichisch. Meine Tochter fragt mich oft: "Papa, was heißt das eigentlich auf Österreichisch?" Wir sprechen oft über Skype mit der Familie, vor allem mein Vater skypt sehr gerne und ich habe das Gefühl, dass er immer mehr Steirisch redet, umso älter er wird. Er hat lange in Berlin und in München gelebt und muss auch einmal sehr gut Hochdeutsch gesprochen haben, aber es interessiert ihn anscheinend nicht wirklich (lacht). Vielleicht möchte er auch meine Tochter zweisprachig erziehen (schmunzelt).

Im Interview mit dem KURIER haben Sie im Vorjahr gesagt, Sie arbeiten an einem neuen Album mit Ihrer Band Gary. Wie sieht’s denn da aus?

Songs gibt’s sehr viele, aber dadurch, dass ich mittlerweile zwei Kinder habe und sich auch bei den anderen Band-Mitgliedern das echte Leben dazwischengeschoben hat, sind wir ein bisschen ins Hintertreffen geraten. Es gibt durchaus konkrete Pläne, aber das hab’ ich beim letzten Interview auch schon gesagt (lacht). Um eine richtige Platte zu machen und auf Tour zu gehen, braucht man Zeit und Muße, die wir bis jetzt nicht so wirklich hatten. Aber bald. Sobald meine Tochter Schlagzeug spielen kann, spätestens dann (lacht).

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