Knalleffekt im ORF: Ö3-Moderator Robert Kratky hört aus gesundheitlichen Gründen auf

Wecker-Moderator Robert Kratky im Ö3-Studio.
Der größte Radiosender des Landes verliert seine prominenteste Stimme: Robert Kratky, seit mehr als zwei Jahrzehnten Hauptmoderator des „Ö3-Weckers“ und damit ein Fixpunkt im Leben von Millionen Österreichern, verlässt mit sofortiger Wirkung den Sender.
Er werde nicht mehr aus dem Urlaub zu Ö3 zurückkehren, wurde am Freitagvormittag vorerst Sender-intern und dann offiziell bekannt gegeben. Kratky hatte sich am 1. August in einen vierwöchigen Urlaub verabschiedet.
"Auf ärztliches Anraten", wie Kratky selbst nun wissen ließ, verlässt er nun eineinhalb Jahre früher als geplant seinen Posten, einen der wichtigsten der heimischen Medienlandschaft.
Schweren Herzens, aber voller Dankbarkeit habe ich beschlossen, das Mikrofon des Ö3-Weckers endgültig an meine hervorragenden Kolleginnen und Kollegen weiterzureichen.
über seinen Abschied.
"Auf ärztliches Anraten früher als geplant, ziehe ich mich damit vorerst in mein Privatleben zurück", so Kratky. Er hatte bereits im Vorjahr angekündigt, seinen mit Ende 2026 ablaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Nun geht er eineinhalb Jahre früher - "im Sinne seiner mentalen Gesundheit", so der ORF in einer Aussendung.
Kratky will "in den nächsten Monaten meiner psychischen und körperlichen Gesundheit jenen Vorrang einräumen, der zuvor über fast vier Jahrzehnte ausschließlich meiner Arbeit galt. Mein ganzes Leben lang durfte ich als Creator und Producer gestalten, als Autor und Comedian unterhalten und als Anchor des Ö3-Weckers Millionen Menschen durch den Morgen begleiten. Zum Abschied verneige ich mich somit voller Dankbarkeit und Demut vor jenen, denen meine Chancen, meine Ausbildungen und meine Karriere geschuldet sind. Und allen voran danke ich von ganzem Herzen den Hörerinnen und Hörern des Hitradio Ö3! Über Generationen ein kleiner Teil im Alltag so vieler sein zu dürfen, war das Glück meines Lebens und die größte für mich denkbare Ehre.“
Seine Entscheidung, sich zurückzuziehen, fiel ihm nicht leicht, doch die fordernde Tätigkeit hat über die Jahrzehnte Spuren hinterlassen und die Priorität liegt nun auf seiner Regeneration, hieß es in dem Pressestatement des ORF.
Kratky geht mit dem Tabu-Thema psychische Gesundheit sehr offen um: 2022 hatte er ein viel beachtetes Video veröffentlicht, in dem er thematisierte, dass er wegen eines Burnouts in ärztlicher Behandlung war und „ich manchmal mit schweren Depressionen zu kämpfen hab. Jahrzehntelanges Aufstehen um 3.00 Uhr ist nicht unbedingt förderlich für das allgemeine Wohlbefinden“, wie er später dem profil sagte. Die Tätigkeit sei „in ihrer Intensität nur mit Spitzensport vergleichbar ist, sowohl physisch als auch psychisch“, meinte er im Standard.
Die Führungsriege des ORF bedankte sich bei Kratky:
Ich habe großen Respekt vor Robert Kratky, der unter sehr herausfordernden Arbeitsbedingungen nicht nur Ö3, sondern die österreichische Radiolandschaft während der letzten Jahrzehnte als Host des „Ö3-Weckers“ geprägt hat wie kein anderer.
zum Abschied von Robert Kratky.
Ein Leben in der Öffentlichkeit sorgt für Höhenflüge, verlangt einem Menschen aber auch einiges ab. Ich danke Robert für seine Arbeit und wünsche ihm eine sanfte Landung im Privatleben.
zum Abschied Robert Kratkys.
Robert hat den Ö3-Wecker erst zu dem gemacht, was er heute ist – eine Institution im österreichischen Radio.
zum Abgang von Robert Kratky.
Gagen-Debatte im ORF
Dass Kratkys Zeit beim „Wecker“, den er seit 2004 als Hauptmoderator bespielte, zu Ende geht, war bekannt. Leicht vorstellbar ist, dass die politisch so gewollte, giftige Neiddebatte um „ORF-Gehälter“ zum nunmehrig verfrühten Abschied beigetragen hat: Als 2024 erstmals die Spitzenverdiener – nur – des ORF nach einem türkis-grünen Regierungsbeschluss namentlich offengelegt werden mussten, fand sich der 52-Jährige, obwohl selbstständig, mit 433.000 Euro brutto ganz oben auf der Liste.
Danach erlebte er „nie dagewesene persönliche Beschimpfungen und Drohungen“, wie der ORF wissen ließ: Die „Befürchtungen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Gehälter“ seien „leider eingetreten.“ Morddrohungen inklusive. Dass Kratky bei der privaten Konkurrenz das Doppelte verdienen hätte können, sich aber zum ORF bekannte, ging dabei unter.
Je nach dem, wie die Ausstiegsvereinbarung mit dem ORF lautet, hat Kratky die alljährliche (Online-)Hetze hinter sich. Ob das eine Hauptrolle bei seinem Entscheid gespielt hat, sollte aber noch thematisiert werden.
Klar ist jedenfalls, dass der ORF seinen wichtigsten Moderator in seinem populärsten Radioformat verliert.
Klar ist damit auch, dass sich die Cashcow Ö3 nach diesem Abgang weiter verändern wird. Denn Kratky hat gut drei Jahrzehnte deren Ausrichtung ab dem Morgen mitgeprägt: schon vor der Zeit als „Wecker“-Anchor als Co-Moderator von Hary Raithofer sowie als Chefproducer. Da formte er um die Jahrtausendwende die Tonalität des Senders mit Comedy-Formaten, die bis heute bekannt sind, wie „Oma Raithofer und Opa Kratky“ oder der „Vignettenman“. Mit dem wurde Mitte der 1990er die Einführung der Autobahnvignette persifliert (im Rückblick sieht man, wie sehr sich Ö3 verändert hat).
Gute Laune – und mehr
Kratkys Erfolgsrezept bestand wohl in einer Mischung aus Schlagfertigkeit und seinem Gespür dafür, der Gute-Laune-Strecke am Morgen etwas die pickige Süße zu nehmen: Er wob in Moderationen durchaus die eine oder andere spitze Bemerkung ein, und das zu sehr früher Stunde, die ein noch viel früheres Aufstehen erfordert. Das Schwierigste sei für ihn „seit jeher, in der Früh keine Dinge zu sagen, die gegen das Rundfunkgesetz verstoßen“, sagte er dem profil.
Dieses „ich bin, wie ich bin“ goutierten allmorgendlich bis zu 1,6 Millionen Hörer. „Ich möchte so lange arbeiten, so lange es mir Spaß macht und so lange es meinem Publikum Spaß macht“, sagte er einmal dem KURIER. Zweiteres dürfte sich jedenfalls nicht geändert haben, der „Wecker“ ist auch in einer stark veränderten Medienlandschaft die meistgehörte Radiosendung des Landes.
Kratky, 1973 in Salzburg geboren, kam bereits mit 16 Jahren, zum ORF – als freier Mitarbeiter, was er bis zuletzt blieb. Und er trat auch abseits des Küniglbergs (bzw. des einstigen Ö3-Studios in Heiligenstadt) in anderen Bereichen in die Öffentlichkeit, etwa als Moderator und Testimonal fürs Bundesheer.
Nachfolge
Als „Wecker“-Gastgeber reiht er sich in ein Stück Radiogeschichte ein. Bis heute haben viele einen emotionalen Bezug zu „ihren“ „Wecker“-Moderatorinnen und -Moderatoren, sei es Brigitte Xander, Rudi Klausnitzer, Gotthard Rieger oder Nora Frey vor der Ö3-Reform der 1990er bzw. eben Raithofer, Daniela Zeller oder Andi Knoll. „Ich durfte ganze Generationen in den Tag begleiten, sagte Kratky.
Wer nun also als „Wecker“-Anchor nachfolgt, ist daher eine der wichtigeren Entscheidung im ORF. Kratky wünschte sich mal auf Instagram eine „sehr coole Moderatorin“.
Und er selbst? Zur näheren Zukunft ist nichts bekannt. Ursprünglich sagte Kratky, er wolle auch nach Ö3 der Medienbranche erhalten bleiben.
Als letzten Song in seinem, wie jetzt feststeht, letzten „Wecker“ spielte es übrigens Supertramps „Goodbye, Stranger“. Und auch Kratkys Abschiedswort war – Goodbye.
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