Regisseur Andreas Prochaska: „Die Fans sind schon streng“
Seit Freitag ist die Streamingwelt um einen Serien-Helden reicher: Alex Rider. Der junge Spion ist in Großbritannien als Protagonist der gleichnamigen Jugendbuch-Reihe bekannt, nun geht er auch bei Amazon Prime Video auf geheime Mission. Als Regisseur der ersten vier Folgen und Executive Producer fungierte der Österreicher Andreas Prochaska.
KURIER: „Alex Rider“ ist ja ziemlich anders als Ihre letzte Serie, „Das Boot“.
Andreas Prochaska: Genau (lacht). Ich glaube, weiter weg könnten die Dinge nicht voneinander entfernt sein und das war aber auch einer der Gründe, warum mich das Projekt so interessiert hat. Ich hab’ etwas gesucht, das ich noch nie gemacht habe, und das einen leichteren Ton hat. Beim „Boot“ haben wir 25 oder mehr Charaktere umgebracht, dann habe ich „Spuren des Bösen“ gemacht, wo sich am Ende eine Mutter mit ihrem Baby aus dem Fenster gestürzt hat. Da war für mich klar: Ich brauche irgendetwas anderes. Dann hab’ ich das Drehbuch bekommen und mir gedacht, das ist eigentlich cool.
Der Regisseur
Andreas Prochaska führte u. a. bei „In 3 Tagen bist du tot“, „Die unabsichtliche Entführung der Elfriede Ott“, „Das finstere Tal“, „Das Wunder von Kärnten“ und der ersten Staffel der Sky-Serie „Das Boot“ Regie. Derzeit arbeitet er für ZDF und ServusTV an einem Südtirol-Zweiteiler mit Tobias Moretti als zwielichtigem Winzer (Prochaska: „Mehr will ich dazu aber noch nicht verraten“).
Die Serie
„Alex Rider“ basiert auf der gleichnamigen britischen Jugendbuch-Reihe von Anthony Horowitz. 13 Romane gibt es bis dato, 2006 erschien ein – mäßig erfolgreicher – Kinofilm (Prochaska: „Ein Kasperltheater“). Die erste Staffel der neuen Serie ist seit Juni in Großbritannien und seit dieser Woche auch hierzulande bei Amazon Prime Video zu sehen. Eine zweite Staffel wurde bereits bestätigt, Prochaska wird aber nicht dabei sein: Er sucht sich wieder eine neue Herausforderung.
Kannten Sie die Vorlage?
Nein. Aber in England kennt das jedes Kind. Egal, welche Location wir uns dort angeschaut haben – da kam sofort, dass entweder die eigenen Kinder oder die Neffen das gelesen haben. Das ist dort so wie bei uns „Fünf Freunde“ und total in der Jugendkultur verankert.
War dann ein gewisser Druck dabei?
Für mich überhaupt nicht. Dadurch, dass ich das nicht kannte, bin ich völlig frei an die Sache herangegangen. Ich hab’ eigentlich erst jetzt, wo ich mir die Amazon-Rezensionen von den Kunden angeschaut habe, gemerkt, in was für ein Wespennest man sich da hineinsetzen könnte. Die Fans sind ja schon sehr streng. Wir waren einmal auf der Comic Con in London und es war interessant, wie spezifisch die Fragen der Leute waren.
Sie lesen sich die Online-Bewertungen zu Ihren Produktionen durch?
Also wenn sie sehr schlecht gewesen wären, hätte ich es mir vielleicht erspart. Aber wenn du fürs Fernsehen oder für einen Streamer arbeitest, wird es ja immer anonymer. Du hast überhaupt keinen Kontakt mehr zu den Leuten. Bei manchen Fernsehproduktionen wie bei „Maximilian“ gibt es zumindest eine Premiere und man kann sich das auch mal mit Publikum anschauen. Mich interessiert schon, ob das bei den Leuten einen Nerv trifft oder nicht. Beim „Boot“ war das natürlich auch schwierig, weil es viele Hater gab, die gesagt haben: „Wie kann man nur?“
Wie war das eigentlich nach dem Dreh vom „Boot“ – Sie waren angeblich am Rande des Nervenzusammenbruchs ... (Prochaska lacht laut) Zumindest haben das Ihre Nachfolger in einem Interview erzählt.
Naja, sagen wir mal so: Es hat dann zwei Leute gebraucht, um das zu machen, was vorher einer gemacht hat (in Staffel 2 führten Matthias Glasner und Rick Ostermann Regie, Anm). Das Ganze hat mich physisch und psychisch schon an meine Grenzen gebracht. Es war extrem aufwendig und als ich in die Produktion gegangen bin, waren die Drehbücher immer noch „Work in progress“. Da bist du immer einen Schritt hinterher. Ich war sehr stolz auf das, was dabei herausgekommen ist. Aber ich wollte keine weitere Staffel drehen, weil ich das Gefühl hatte, das wäre nur mehr eine Variation dessen, was ich eh schon gemacht habe. Da mach’ ich lieber so etwas wie „Alex Rider“.
Was waren denn da die Herausforderungen?
Die größte Herausforderung war, einen Stoff, der für 12-Jährige gedacht ist, für eine Young-Adult-Audience aufzubereiten. Also etwas zu machen, das kein Kinderprogramm ist, gleichzeitig nicht zu hart ist, damit sich’s 12-Jährige noch anschauen können, aber nicht zu flach, damit auch die Eltern Vergnügen dabei haben. Obwohl es natürlich völliger Humbug ist, dass ein Teenager als Spion eingesetzt wird. Der Pitch war für mich immer „Jason Bourne meets Coming of Age“ und damit konnte ich eigentlich ganz gut umgehen.
Da gab ja es auch schon einen Kinofilm.
Ich muss gestehen, ich hab’ nur den Trailer gesehen. Das war so ein Kasperltheater, so „over the top“. Ich glaube, deshalb haben sie auch jemanden gesucht, der in verschiedenen Genres Erfahrungen gesammelt hat, um dem Ganzen die nötige Ernsthaftigkeit zu geben.
Sie sind ja auch Executive Producer der Serie. Das ist eine Bezeichnung, die für viele Dinge stehen kann. Wie sieht es denn in diesem Fall aus?
Was dieser Titel genau bedeutet, da bin ich immer noch am Forschen. In diesem Fall war es so, dass ich nicht „nur“ Regisseur war, der exekutiert, was jemand anderer aufbereitet hat. Der zweite Regisseur hat sich dann, könnte man sagen, ins gemachte Bett gelegt. Ich hab’ mir den Credit verdient, weil ich das Ganze auch künstlerisch aufgesetzt habe: Ich war beim Casting beteiligt, habe den visuellen Stil mitentwickelt, Locations ausgesucht.
Dreht es sich in England anders als in Österreich?
Ich hab’ mir zuerst gedacht, 2 Millionen Pfund für 45 Minuten – das ist budgetmäßig super. Allerdings sind die englischen Crews doppelt so groß wie die österreichischen. In London zu drehen ist extrem teuer und aufwendig. Der ganze Apparat ist viel aufgeblasener. Und bei jeder Dispo, wo drauf steht, was gedreht wird und wann du wo sein musst, sind noch 20 Seiten mit „Health and Safety Regulations“ (Gesundheits- und Sicherheitsbestimmungen, Anm.) drangehangen. Ich musste als Regisseur in einer Wohnstraße eine Warnweste tragen, damit mich das Auto nicht überfährt. Da ist bei uns viel mehr Rock’n’Roll.
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