Pornos schauen, Süßigkeiten essen, in Selbstmitleid versinken – so in etwa sieht der Tagesablauf von Ramy aus, einem Endzwanziger aus New Jersey mit ägyptischen Wurzeln. Millennial und Muslim zu sein, verlangt ihm einiges ab. Am Tiefpunkt seiner Krise trifft er auf einen spirituellen Mentor, der ihm helfen soll, zu Gott zu finden. Doch so einfach ist das nicht, wie die zweite Staffel von „Ramy“ beweist.
Seit dieser Woche ist die Fortsetzung der Dramedy-Serie bei Starzplay (via Amazon Prime Video) zu streamen (die deutsche Synchronfassung verzögert sich coronabedingt). Die erste Staffel wurde von Kritikern hochgelobt, Hauptdarsteller und Serienschöpfer Ramy Youssef erhielt im Vorjahr einen Golden Globe dafür.
Eine semiautobiografische Serie über einen Millennial auf Sinnsuche, die von einem Comedian geschrieben wurde, lässt gewisse Erinnerungen an Phoebe Waller-Bridges „Fleabag“ wach werden. Und für den „Hot Priest“ aus ihrer Serie gibt es bei „Ramy“ auch ein Pendant: Oscar-Preisträger Mahershala Ali („Moonlight“, „Green Book“).
Der schlüpft in der zweiten Staffel in die Rolle des weisen und großherzigen Sufi-Scheichs Ali (von US-Medien bereits „Hot Sheikh“ genannt). Er nimmt den orientierungslosen Ramy als seinen Schüler auf – und dieser ist überwältigt von seinem Lehrer. Er will ihn so sehr beeindrucken, dass er in seinem Übereifer gar nicht merkt, wie sehr er übers Ziel hinausschießt. Beim Versuch, sein Ego zu bezwingen, wird dieses scheinbar nur noch größer.
„Ramy“ ist keine Serie, bei der man ständig laut auflachen müsste (Okay, manchmal schon). Aber vielmehr überwiegt hier das Fremdschämen – in der zweiten Staffel noch stärker.
Kaum auszuhalten sind die ersten Episoden, in denen Ramy in der Überzeugung, alles richtig zu machen, einen obdachlosen Mann mit posttraumatischer Belastungsstörung in den Orden bringt. Und das erweist sich nicht als die beste Idee.
Doch nicht alle Episoden drehen sich um den Protagonisten: So begleitet man streckenweise auch Ramys Schwester Deena (May Calamawy), seine Mutter Maysa (Hiam Abbass) und seinen Onkel Naseem (Laith Nakli). Dabei geht es um Islamophobie, die sie im Alltag erleben, aber auch darum, dass diese Charaktere ebenso wenig frei von dunklen Seiten sind wie Ramy. Maysa erweist sich als transgenderfeindlich, Naseems Antisemitismus kennt man schon aus Staffel eins.
„Ramy“ schafft es erneut gekonnt, schwarzen Humor und Themen wie Spiritualität, Identität und Rassismus unter einen Hut zu bekommen. Eine dritte Staffel ist – zurecht – bereits bestätigt.
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