ORF-NÖ-Direktor Hofer: „Jeder Einschnitt nimmt ORF und Publikum Möglichkeiten“
2024 war für Österreich ein bewegtes Jahr mit Unwetterkatastrophen, vielen Wahlen – und einem „Hochwasser-Baby“. Erstmals schauen die ORF-Bundesländerstudios gemeinsam zurück: „9 Länder – ein Jahr: Der Jahresrückblick 2024“ (20.15, ORF2) wird von Nadja Mader (u. a. „Niederösterreich heute“) und Bernd Radler („Kärnten heute“) präsentiert.
Diese Sondersendung zur besten TV-Sendezeit zeigt für Alexander Hofer, ORF-Niederösterreich-Direktor und Sprecher der Landesstudios, deren Bedeutung für den Öffentlich-Rechtlichen: „Sie sind mit ihrer regionalen Verortung mit Sicherheit eine der wichtigsten Säulen des gesamten ORF. Ohne sie würde er komplett anders aussehen – inhaltlich, von der Reichweite her, aber vor allem auch, was den Kontakt zum Publikum betrifft, der in den Landesstudios täglich gelebte Praxis ist.“ Man brauche nur an die „Bundesland heute“-Quoten oder an die neun Regionalradios denken, die Millionen Menschen erreichten.
Dieses Potenzial wird aus Sicht des ORF-Landesdirektors jetzt viel stärker genutzt. Beispiel dafür ist die neue Diskussionsreihe „Ein Ort am Wort“. Hofer: „Die Grundidee war, all jenen Skeptikern programmlich eine Antwort zu geben, die meinen, wir würden im Elfenbeinturm leben und nichts mehr mit unserem Publikum zu tun haben. Diese Einschätzung des ORF war und ist falsch.“
Regionale Streitthemen als Publikumsmagnet
„Ein Ort am Wort“, das nun in allen Bundesländern eingesetzt wird, greift regionale (Streit-)Themen auf. „In der Grundkonzeption des ORF Niederösterreich geht das ungeschnitten auf Sendung. Wir geben damit der Meinungsvielfalt im Land eine Bühne. Das tut der ORF nun österreichweit und dafür schätzen ihn die Menschen.“
Die Landesstudios stehen auch hinter vielen bundesweit ausgestrahlten Sendungen. Das geht von „Mini Lei Lei“ bis zu den Festspiel-Eröffnungen in Bregenz und Salzburg, von „Mei liabste Weis“ bis Bachmann-Preis und einigem mehr. Am nächsten Sonntag (18.25, ORF2) ist z. B. das „Österreich-Bild: Ein Land als Vermächtnis – die Babenberger und ihr Österreich“ zu sehen. Zudem trägt man regelmäßig Beiträge zu den nationalen Info-Sendungen in TV und Radio bei.
2025 liegt auch in den Bundesländern ein Schwerpunkt auf dem Jubiläum „80 Jahre Republik“. In neun Dokumentationen wird, voraussichtlich im April/Mai in ORF2, die jeweilige Entwicklung der vergangenen acht Jahrzehnte anhand einer Familiengeschichte aufgearbeitet. „Ein spannendes Konzept aus der Abteilung ORF Wissen, das von den Landesstudios umgesetzt wird.“
Junge Zielgruppe gesucht
Der Hauptfokus liegt aber auf der Regionalinformation. Früher auch mal „Landeshauptmann-TV“ benannt, gilt „der immer schon überzeichnete Begriff, für ORF-Konsumenten deutlich bemerkbar, sicher nicht mehr“, so Hofer.
Zur Person
Der Wiener Alexander Hofer (Jg. 1972) startete 1992 im ORF NÖ. 2018 wurde er Chef von ORF2 und TV-Unterhaltung. Im Zug der „Affäre Ziegler“ wurde er im März 2023 zum Landesdirektor gekürt
Zu den 9 Landesstudios
Ihr Gesamtbudget ist für 2025 mit 128 Mio. geplant (+ 4). Darin enthalten sind 37 Mio., die sie erst erwirtschaften müssen. 8 Mio. gehen in Sanierungsarbeiten. Beispiel ORF NÖ: Dort produzieren etwa 100 Mitarbeiter jährlich etwa 20.000 Programmminuten (TV + Radio) und Tausende Online-Nachrichten
Die Herausforderung in diesem Bereich heute ist, insbesondere die jüngeren Zielgruppen zu erreichen. „Wir beschränken uns deshalb nicht mehr nur auf lineare Ausspielwege wie Fernsehen und Radio, sondern bieten öffentlich-rechtliche Information auch im Onlinebereich und über Social Media. Gerade in Zeiten von Fake News ist das wichtig, um jene, vor allem auch junge Menschen zu erreichen, die über die klassischen Ausspielwege nicht mehr so leicht erreichbar sind“, sagt Hofer.
Gelebte Fehlerkultur
„Hochgradig ärgerlich“ ist es für den ORF-Landesdirektor deshalb, wenn Fehler passieren. Wie jüngst bei einem Online-Beitrag über die FPÖ und versprochenen Gehaltsspenden auf noe.orf.at. „Das wurde entsprechend korrigiert und die Korrektur verschriftlicht und transparent gemacht. Zu Fehlern muss jeder stehen“, macht Hofer deutlich.
Klar sei aber, dass insbesondere bei ORF-Kritikern so wieder Schaden nehme, was etwa mit der aktuellen Berichterstattung zur Hochwasser-Katastrophe an Reputation aufgebaut wurde, räumt Hofer ein: „Der ORF Niederösterreich hatte da mehr als zehn Kolleginnen und Kollegen ständig im Einsatz für die vielen Sondersendungen. Wir konnten sehr schnell Lage-Einschätzungen und Informationen liefern und damit der betroffenen Bevölkerung wichtige Hilfestellung bieten. Das war Chronik-Journalismus erster Güte.“
Offene Budget-Fragen und -Zukunft
Doch der kostet auch. Für 2025 ist ein Gesamtbudget von 128 Millionen für die Landesstudios geplant und damit, trotz heftigem Sparkurs im gesamten ORF, ein leichtes Plus. Das beinhaltet auch Erlöse, die die Landesstudios erst erwirtschaften müssen.
Doch schon wieder ist von weiteren Kürzungen und (Werbe-)Beschränkungen für den ORF die Rede, nicht zuletzt bei den laufenden Koalitionsverhandlungen.
„Landesstudios müssen mit eigenen Werbe- und Marketingmaßnahmen Geld verdienen, wie es auch der Gesamt-ORF tun muss“, erklärt Hofer. Das bewege sich im Bereich von einem Viertel bis einem Drittel des Budgets. „Derzeit geht sich das noch aus. Wegen der gesetzlichen Werbebeschränkungen, von denen vor allem die ausländische Konkurrenz profitiert, stoßen wir aber zunehmend an unsere Grenzen“, so Hofer. „Jeder weitere Einschnitt nimmt deshalb dem ORF und dem Publikum Möglichkeiten.“
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