ORF-Finanzierung: Offenbarungseid der Trittbrettfahrer
Heute, Donnerstag, endet die Blockade des neuen ORF-Gesetzes durch den Bundesrat. Nach einer Abstimmungspanne – eine abwesend gemeldete FPÖ-Mandatarin erschien rechtzeitig – war das Votum dort pari ausgegangen. Das hatte allerdings nur eine aufschiebende Wirkung, zur Ablehnung des Gesetzes reichte die Trickserei nicht. Es tritt am 1. Jänner in Kraft und bringt, wie vom Verfassungsgerichtshof verlangt, eine ausreichende und vom Empfangsgerät unabhängige Finanzierung durch den ORF-Beitrag. Für bisherige TV- und Radio-Haushalte wird es mit 15,30 Euro künftig billiger (s. Fakten unten). Auch der Bund verzichtet auf Gebühren und Umsatzsteuer.
Das bringt nun aber die Bundesländer unter Druck, die lange Jahre als Trittbrettfahrer der GIS-Gebühr viele Millionen eingehoben haben. Und auf diese wollen einige auch weiterhin nicht verzichten. Eine Übersicht was wer plant:
Die Ausnahmen
Schon bisher bildeten Vorarlberg und Oberösterreich die Ausnahme, wo es noch nie Landesabgaben gab, die über den ORF eingehoben wurden. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) stellt denn auch gegenüber dem KURIER klar: „Wir haben schon bisher keine eigene Abgabe zu den ohnehin fälligen Gebühren eingehoben. Das wird auch bei der künftig zu zahlenden Haushaltsabgabe so bleiben.“ In Zeiten steigender Preise und hoher Teuerung seien zusätzliche Belastungen ohnehin keine Option.
Diesem Beispiel folgt auch Niederösterreich. Auf die Kultur- und Sportförderabgabe verzichtet man mit Jahreswechsel. Von dem von der neuen schwarz-blauen Landesregierung angekündigten Vorhaben werde man nicht abrücken, wird auf KURIER-Anfrage aus dem Büro von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bestätigt.
Der Auslöser
Der Verfassungsgerichtshof hat im Juli 2022 auf Antrag des ORF entschieden, dass die „Streaming-Lücke“, weil verfassungswidrig, vom Gesetzgeber zu schließen ist
Die Verhandlungen
Schwarz-Grün hat sich nach zähen Verhandlungen auf den ORF-Beitrag geeinigt. Ab Jänner wird an Hauptwohnsitzen ein ORF-Beitrag von 15,30 Euro (statt 18,59 Euro) monatlich fällig. GIS-Befreite bleiben weiterhin befreit. Eine (alternative) Budgetfinanzierung hätte keinen sozialen Aspekt. Weil der Bund auf Abgaben verzichtet, wird es insgesamt noch günstiger
Die Zahlenden
Laut Regierungsangaben zahlen 2,9 Millionen TV- und Radiohaushalte künftig zum Teil deutlich weniger als bisher. 400.000 neue Zahler, meist junge Streamer-Haushalte sowie etwa 100.000 Firmen, tröstet das nicht. Auch reine Radio-Haushalte zahlen mehr
Damit fallen allerdings im Landesbudget Einnahmen von 41 Millionen Euro pro Jahr plötzlich weg. Viel Geld also, was wohl auch der Grund war, warum Schwarz-Blau einen SPÖ-Antrag, sofort die Landesabgabe zu streichen, abgelehnt hat. Kultur und Sport sollen weiter vom Land die Fördermittel wie bisher bekommen. Haushalte, die derzeit GIS-Gebühr für TV und Radio zahlen, ersparen sich so künftig 69,40 Euro pro Jahr. Aufgeteilt wurde die Extragebühr bisher im Verhältnis 70 Prozent Kultur zu 30 Prozent Sport.
In Salzburg heißt es aus dem Büro von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP): „Es ist politischer Wille der Landesregierung, dass die Landesabgabe fällt.“ Aber die daraus resultierenden Mindereinnahmen müssten kompensiert werden. „Wir müssen das erst in den Budgetverhandlungen im Herbst unterbringen. Die Umsetzbarkeit ist zu prüfen.“ Es geht um 11,6 Millionen Euro, die im Haushalt sonst fehlen würden.
Zahlen, bitte!
Bei allen anderen Bundesländern heißt es auch weiterhin: zahlen, bitte! Sie können ohne diese Millionen nicht sein. Aber auch hier zahlt man künftig weniger.
„Das Land Tirol wird an der Länderabgabe festhalten“, heißt es aus dem Büro von Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP). Sie fließt nämlich zum größten Teil in das Kulturbudget. Die Abgabe wird aber auf 3,06 Euro monatlich gesenkt. „Das Kulturförderabgabegesetz ist bereits in Begutachtung.“ Mit großen Einschnitten im Kulturbereich rechnet der dafür zuständige Mattle aber nicht, wie sein Sprecher versichert, da die Haushaltsabgabe von mehr Personen bezahlt wird als bisher die GIS-Gebühr.
In der Steiermark liegt die Landesabgabe derzeit bei 6,20 Euro und ist damit die höchste in Österreich. Sie soll immerhin auf 4,70 Euro gesenkt werden. Das Gesetz dazu ist noch in Begutachtung. Bisher waren es gut 30 Millionen Euro, die in Kultur und Sport geflossen sind.
Keine Klarheit
In Wien wünscht sich Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) eine neue Gebühr als Ersatz für die Landesabgabe, sonst bedeute die Streichung „eine Leistungsreduzierung“. Jetzt würden die Mittel „fast ausschließlich für kulturelle Zwecke genutzt, insbesondere für den Altstadterhaltungsfonds.“ Was etwa Kirchensanierungen betrifft. Der Koalitionspartner, die Neos, verhält sich ablehnend. Die Opposition tobt vorsorglich.
Dass das Burgenland eine Abgabe von 5,20 Euro auf den ORF-Beitrag draufschlägt, wie der KURIER berichtete, wollte das Büro von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) am Mittwoch nicht bestätigen: „Wir legen die endgültige Vorgangsweise fest, wenn die Grundlagen offiziell da sind.“ Bisher gab es eine prozentuelle Berechnung – 30 Prozent vom Ausgangsbetrag. „Eine Fortführung dieser Regelung würde, weil die neue Haushaltsabgabe sinkt, auch eine niedrigere Landesabgabe bedeuten“, heißt es nun. Das wären 4,59 Euro.
In Kärnten ist man laut Landesregierung „noch mit der Ausarbeitung der neuen Landesabgabe beschäftigt – das Referat Schaunig befasst sich derzeit damit, in etwa zwei Wochen wird ein Ergebnis vorliegen.“ Zuletzt lag sie bei 5,10 Euro und wurde für Musikschulen verwendet.
Dieser Artikel entstand unter Mitarbeit der KURIER-Länderkorrespondenten Elisabeth Holzer, Claudia Stelzel-Pröll, Christian Willim, Wolfgang Atzenhofer und Thomas Orovits
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