ORF: Neue Gebühr wurde von der Regierung fixiert
Die neue ORF-Gebühr für alle Haushalte ist fixiert: Die entsprechende Gesetzesnovelle hat den Ministerrat passiert. Eine entsprechende Regierungsvorlage wird heute, Mittwoch, im Nationalrat eingebracht. Die Novelle bringt einen neuen ORF-Beitrag in Höhe von 15,30 Euro pro Monat (statt 18,59 Euro) in Form einer Haushaltsabgabe . Bisher wurde die GIS-Gebühr eingehoben, wenn man Empfangsgeräte besaß - reine Online-Nutzer waren davon ausgenommen.
Auch bekommt der ORF mehr Möglichkeiten im digitalen Raum, muss aber ein Sparpaket, Werbebeschränkungen und schärfere Transparenzbestimmungen in Kauf nehmen.
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Der ORF darf laut Gesetz künftig sowohl online-only als auch online-first produzieren. Weiters soll es auf ORF.at künftig 70 Prozent Bewegtbild und 30 Prozent Text geben, wobei die Textbeitragszahl pro Woche auf 350 beschränkt wird. Das soll die "blaue Seite" audiovisueller machen. Speziell der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) kritisiert die Zeitungsähnlichkeit von ORF.at. Die Einschränkungen gehen den Verlegern aber nicht weit genug. Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) sprach sich für eine Maximalanzahl der Audio- und Videobeiträge auf ORF.at von 300 bis 350 Beiträgen pro Woche aus.
Die gegenwärtige Sieben-Tage-Beschränkung für Abrufe in der TVthek wird je nach Inhalt auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt. Der ORF darf künftig einen Online-Kinderkanal anbieten und ORF Sport + als digitalen Kanal führen. Bis 2026 bleibt der Sportspartenkanal aber in linearer Form erhalten. Mit Bundesmitteln wird das Bestehen des ORF-Radiosymphonieorchesters (RSO) bis 2026 gesichert.
Werbung wird eingeschränkt, Gehälter offengelegt
Im Gegenzug sind für den ORF stärkere Werbebeschränkungen im Radio- und Digitalbereich geplant. Auch ist ein Transparenzbericht zu Löhnen, Nebeneinkünften und Eigen- und Auftragsproduktionen vorgesehen. So manche Spezialzulage wird gestrichen, Sonderpensionen gekürzt und Abfertigungen eingegrenzt.
Zum künftigen ORF-Beitrag in Höhe von 15,30 Euro pro Monat und Haushalt kommen in manchen Bundesländern noch Landesabgaben hinzu. Bisherige Gebührenbefreiungen bleiben aufrecht, Nebenwohnsitze sind ausgenommen und eine Staffelung für Unternehmen tritt in Kraft. Ein Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis sieht vor, dass die Umstellung der ORF-Finanzierung bis 1. Jänner 2024 zu erfolgen hat. Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause im Parlament fixiert werden.
Medienministerin Raab ist zufrieden
"Der ORF wird audiovisueller, moderner, flexibler und jünger, gleichzeitig wird der heimische Medienstandort mit entsprechenden Spar- und Ausgleichsmaßnahmen gesichert", wurde Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) in einem der APA vorliegenden Statement zitiert. Zusammen mit den Grünen habe man ein Paket geschaffen, das den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für die Menschen günstiger mache und die Medienvielfalt in Österreich erhalte, so Raab. Private Medienhäuser und Verbände kritisierten die Novelle teils scharf.
Heftige Kritik
Eine völlig andere Sicht der Dinge hat man beim Zeitungsverband VÖZ. Dessen Präsident, Styria-Vorstandschef Markus Mair meint in einer Aussendung: "Dieses ORF-Maßnahmenpaket erscheint uns völlig unverhältnismäßig: Der Gestaltungs- und Finanzierungsrahmen des Marktführers wird sogar noch erweitert, während die Situation der anderen Marktteilnehmer außer Acht gelassen wird." Der sich dadurch verfestigende massive Einschnitt in die heimische Medienvielfalt werde "zu einer dramatischen Verengung ohne Medienpluralismus führen." Und zur Reduktion bei orf.at erlärt er: "Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Beschränkung der Zeitungsähnlichkeit des ORF-Digitalangebots sind nicht ausreichend.“
"Das ist keine Reform, das ist eine vergebene Chance", sagt NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter zum Ministerratsbeschluss der ORF-Novelle. "Denn leider fehlen die wirklich wichtigen Reformen. Es wurde nicht die Frage gestellt, was denn die Aufgabe eines ORF ist, was er können und leisten muss - und wo er sich zurücknehmen muss." Am Ende hätten "die Konsumentinnen und Konsumenten zwar künftig mehr ORF, aber weniger Vielfalt, wenn die Privaten eingehen. Und solange der ORF politisch durchwoben ist und bleibt, bleibt es für die Redaktion schwer, ihrem Kernauftrag nachzukommen - und dieser Kernauftrag ist, unabhängige und qualitätsvolle Information zu liefern, und nicht, die Regierenden in Bund und Ländern glücklich zu machen“, so die NEOS-Abgeordnete.
Mehr Privatradios
Ursprünglich nicht auf der Agenda stand ein Initiativantrag, der von Regierung zum Privatradiogesetz am Mittwoch im Parlament eingebracht wird. In Zukunft wird es möglich sein, dass ein Anbieter pro Versorgungsgebiet nun sechs statt bisher zwei DAB+-Programme, also Programme zur digitalen Weiterverbreitung von Audiosignalen, senden darf. Mit der Novelle bessere die Politik beim bestehenden Privatradiogesetz kräftig nach, weil sich die 2010 eingeführte Begrenzung auf zwei Programme angesichts des technologischen Fortschritts und der damit einhergehenden Möglichkeiten der Verbreitung von Audioinhalten als nicht mehr zeitgemäß erwiesen hätten, heißt es dazu aus Medienministerium. Erwartet wird in der Radiobranche eine neue Gründerzeit durch Digitalsender auch von Etablierten - allerdings, vorerst jedenfalls, ohne ORF.
In einer Aussendung meint Medienministerin Susanne Raab: "Durch die Novelle des Privatradiogesetzes und der Erweiterung auf mehr digitale Programme beleben wir das Digitalradio in Österreich. Das gibt nicht nur den Anbietern die Chance, zeitgemäße digitale Radioinhalte zu senden, sondern bringt auch den Hörerinnen und Hörern in Österreich modernste Audiosignale."
Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) bezeichnete die geplante Gesetzesänderung in einer Aussendung als "wichtige Weichenstellung für die Weiterentwicklung von digital-terrestrischem Hörfunk in Österreich. UKW wird auf absehbare Zeit der wichtigste Verbreitungsweg für das Radio und die Basis unserer Geschäftsmodelle bleiben. DAB+ etabliert sich jedoch im Rahmen einer Multiplattformstrategie als wichtiger sekundärer Verbreitungsweg", so VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm.
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