ORF-Haushaltsabgabe: Stiftungsratschef Lederer will weitere Reformen

Für den neuen Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats, Heinz Lederer, war es „höchste Zeit“, dass ORF-Generaldirektor Roland Weißmann personelle Konsequenzen bei der ORF-Beitrags Service GmbH (OBS) gezogen hat. Der bisherige Geschäftsführer Alexander Hirschbeck wurde, wie berichtet, abgelöst. Interimistisch übernimmt nun Bettina Parschalk, die bisherige Leiterin des ORF-Kundendienstes.
Kritik an „Inkassanten-Mentalität“
„Ich erwarte mir jetzt sehr schnell ein kundenfreundlicheres Vorgehen. Diese Inkassanten-Mentalität gehört abgestellt“, fordert der SPÖ-Vertreter im KURIER-Gesprächen. Beschwerden und Bescheide müssten rascher abgearbeitet werden. Dazu brauche es Investitionen in Personal und Technologie. „Das ist offenbar in den letzten Jahren vernachlässigt worden.“
Die ORF-Haushaltsabgabe bleibt aber weiter ein Thema. Die Regierungskoalition hat sich jüngst auf Erleichterungen für Unternehmen mit mehreren Standorten verständigt – ein Beschluss könnte im Herbst folgen. Das Finanzministerium hat zudem weitere Gespräche angekündigt.
Lederer bringt nun konkrete Vorschläge: Die gesetzlich ab 2026 vorgesehene jährliche Einmalzahlung für Zahler per Erlagschein solle fallen bzw. der Zwang zur SEPA-Lastschrift auf den Prüfstand kommen. „Ich bin nicht Teil der Regierung, aber ich werde mich soweit möglich intensiv einbringen. Ich habe nie verstanden, wozu Türkis-Grün so ein Druckmittel für ORF-Kunden ins Gesetz geschrieben hat.“
Denn die Zahlungsmoral sei insgesamt sehr gut, wie auch die aktuellen Quoten. „Das heißt, das Angebot des ORF wird grosso modo vom Publikum geschätzt“, meint er. Daran änderten auch zahlreiche Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht nichts, über die der KURIER soeben berichtet hat.

SPÖ-Freundeskreisleiter Heinz Lederer: „Der Öffentlich-Rechtliche ist eine wesentliche Säule, wenn es um Teilhabe der Schwächsten der Gesellschaft an Information und Bildung, aber auch an Sport oder Unterhaltung geht.“
Teilhabe und soziale Verantwortung des Öffentlich-Rechtlichen
Lederer möchte zudem auch mehr Befreiungstatbestände beim ORF-Beitrag: „Der Öffentlich-Rechtliche ist eine wesentliche Säule, wenn es um Teilhabe der Schwächsten der Gesellschaft an Information und Bildung, aber auch an Sport oder Unterhaltung geht.“ Aktuelle Ereignisse wie der Amoklauf von Graz, Überschwemmungen oder Klimaberichterstattung – „alles Themen, die zeigen, wie wichtig Teilhabe ist.“ Und anders als bei der Budgetfinanzierung würden Befreiungen sozial schwachen Haushalten tatsächlich Entlastungen bringen.
VfGH-Erkenntnis als Bestärkung
In seiner Einschätzung sieht sich Lederer durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) bestärkt, der die Haushaltsabgabe als verfassungskonform einstuft. „Es ist ein Demokratiebeitrag durch die Allgemeinheit. Das ist richtungsweisend.“ In der Substanz sei es genau das, was es sein soll: „Der ORF produziert sein Programm fürs Publikum und nicht für eine politische Elite oder einen Finanzminister.“
Wenn man sich noch vor Augen halte, wie die Politik etwa in den USA mit kritischen Journalisten umgehe, aber auch die Beispiele in Europa wie Ungarn oder die Slowakei betrachte, „wird schnell klar, wie relevant die wirtschaftliche Verankerung des ORF in der Allgemeinheit ist“, erklärt Lederer.
Medienpolitik: EU-Kommission und ORF-Gremien
Kritik am VfGH in diesem Zusammenhang weist der rote Freundeskreisleiter zurück: „Wer das Höchstgericht in Frage stellt oder meint, Zensuren verteilen zu müssen, hat dessen Funktion und Stellung in der österreichischen Demokratie nicht verstanden.“
Als wichtig erachtet er auch, dass die EU-Kommission den neuen Beschickungsmodus für ORF-Gremien mit formal weniger Regierungseinfluss als Schritt in die richtige Richtung wertet. „Ja, es kann noch immer mehr sein. In Anbetracht dessen, dass die Vorgänger-Regierung das verschlafen hat, war es eine richtige, schnelle Entscheidung“, erklärt Lederer, der auf SPÖ-Seite beim Medienkapitel des Regierungsprogramms mitverhandelt hat.

Heinz Lederer (li.) wurde vom Stiftungsrat ohne Gegenstimme zum Vorsitzenden gewählt. Dessen türkiser Stellvertreter Gregor Schütze (Mi.) konnten bei der seiner Kür ebenfalls auf die Stimme von FPÖ-Stiftungsrat Peter Westenthaler (re.) zählen
ORF-Finanzen und Programmauftrag
Weitere Einschränkungen beim ORF-Beitrag könnten die Einnahmen des ORF gefährden und den bereits laufenden Sparkurs am Küniglberg verschärfen. Lederer sieht sich hier als „Garant dafür, dass der Stiftungsrat gemeinsam mit der Geschäftsführung alle Sparmaßnahmen hinsichtlich sozialer Treffsicherheit, aber auch nach ihrer inhaltlichen und programmlichen Auswirkung genau überprüft.“
Ihm sei vor allem wichtig, dass die Auswirkungen aufs Programm möglichst klein gehalten werden: „Nicht ,sparen, sparen, sparen', was ohne Zweifel wichtig ist, soll das Credo sein, sondern ,Programm, Programm, Programm‘. Das eint mich mit dem Generaldirektor“, betont er.
Kritik an Einsparungen bei Topos
Die angekündigte Einstellung der kultur- und gesellschaftspolitischen Plattform ORF-Topos sieht Lederer kritisch: „Es wird aus wirtschaftlichen Gründen weitere Einschnitte geben müssen. Ich halte aber nichts von Einzelmaßnahmen, ohne dass es das Gesamtbild gibt.“ Dieses soll bis zum Stiftungsratstreffen im September erarbeitet werden.
Klar sei: „Die operativen Maßnahmen setzt die Geschäftsführung. Und garantiert ist, dass der gesetzliche Vollversorgungsauftrag – zudem nun auch das RSO, ORF III, aber genauso Ö1 und FM4 zählen – erfüllt wird. Einen programmlichen Kahlschlag darf es nicht geben“, so der SPÖ-Vertreter.
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