Ö3-Chef Georg Spatt: "Ich war sicher nicht immer diplomatisch"
Die Mitteilung, dass Ö3-Chef Georg Spatt den ORF nach mehr als zwei Jahrzehnten verlässt, kam überraschend. Im KURIER-Interview spricht er über seine Beweggründe, Fehler, Wehmut - und was noch spannend wäre.
Vor knapp zwei Jahren wurde noch darüber spekuliert, welche Direktion Sie wohl in der neuen ORF-Führung übernehmen werden. Jetzt nehmen Sie Abschied, immer noch als Ö3-Chef. Gibt es da einen kausalen Zusammenhang?
Georg Spatt: Nein, es gibt keinen Auslöser, keinen Vorfall, der dazu geführt hat. Die einfachste und wahrscheinlich auch richtigste Antwort ist, es waren einfach viele, viele Jahre, die ich Ö3 geführt habe. Dann kann man auch noch über den Zeitpunkt diskutieren - ist es vielleicht eh schon zu spät? Da spricht manches dafür. Oder ist es nicht jetzt gerade noch zu früh? Auch dafür spricht einiges. Aber es ist das jetzt nicht die Schuld von irgendwem, sondern das sind viele kleine Details, die passieren im Laufe von 20 oder 25 Jahren. Und das hat dazu geführt, dass ich gesagt habe, wann, wenn nicht jetzt, setze ich diesen Schritt.
Sie wollten allerdings Radiodirektor werden, haben sich beworben.
Ich habe mich sogar zweimal als Direktor beworben. Das ist auch kein Geheimnis. Das erste Mal war bei der vorletzten Wahl, als die damalige FM4-Chefin Monika Eigensperger Direktorin wurde und Senderchefin blieb. Damals wurde ja diskutiert, ob es überhaupt noch eine Radiodirektion braucht. Diese Diskussion gibt es immer wieder, ich habe mich damals trotzdem dafür beworben und zuletzt eben erneut.
Sie haben sich bei Alexander Wrabetz mit einem Konzept zur ORF-Radio-Flottenstrategie eingebracht. Das war, etwas modifiziert, nun auch bei Roland Weißmann der Fall. Die Umsetzung hat nicht stattgefunden, bis jetzt. Ist ihre Frustration inzwischen immer größer geworden?
Das war ursprünglich eine Skizze im Auftrag des Stiftungsrats. Generaldirektor Alexander Wrabetz hat damals ein Konzept „ORF 2025“ vorgelegt. Naheliegenderweise wurde ich eingeladen, für den Radio-Bereich ein Kapitel zu schreiben. Und was stimmt, mit den Umrissen dieser Skizze habe ich mich in der Folge auch für die Radio-Direktion beworben.
Fehlende Flottenstrategie
Die Realisierung einer Radio-Flottenstrategie hat bislang nicht stattgefunden, das muss frustrierend sein.
Ich habe sowohl von Generaldirektor Wrabetz als auch vom Generaldirektor Weißmann diesbezüglich viel Rückenwind und Rückenstärkung bekommen und auch inhaltliches Verständnis. Einiges ist umgesetzt worden oder wird weiter diskutiert im laufenden Strategieprozess. Und wir wissen auch, gerade in den letzten Monaten gab es massive Diskussionen um den ORF. Es ist aber nicht an mir, die Prioritätensetzung und die Gemengelagen zu beurteilen.Daran habe ich mich auch die Jahre über immer versucht zu halten, weil ich das so richtig finde: Ich bin von der Geschäftsführung betraut mit der operativen Führung des Senders Ö3 und die Geschäftsführung ist betraut mit Unternehmensstrategie und Unternehmenspolitik. Das ist eine ganz klare Aufgabenteilung. Es ist wichtig, dass man sie zumindest nach außen hin einhält. Natürlich diskutiert man intern sehr, sehr intensiv und manchmal freut man sich mehr, manchmal weniger und es gibt Meinungsverschiedenheiten. Und wenn im KURIER geschrieben stand, ich würde als radikal oder als Querkopf gelten, das sind Beschreibungen, mit denen kann ich gut leben kann.
Konnte auch die neue Radio-Direktorin Ingrid Thurnher damit leben?
Ja. Es ist kein Geheimnis, dass es wahrscheinlich für uns beide kein einfacher Start war. Aber es gab und gibt beidseits ein großes Bemühen, sehr gut miteinander zu arbeiten. Wir haben auch einiges gemeinsam zustande gebracht, wie zum Beispiel, dass dieser Strategieprozess zu den Radios läuft. Das war in den vergangenen Monaten auch nicht einfach, weil man intern nicht negieren kann, dass gerade Verhandlungen über die Finanzierung und Rahmenbedingungen für den ORF laufen.
Sie sind ein 100-prozentiger Radio-Profi, Thurnher ist das nicht.
Mir ist schon klar, und das ist es auch der Direktorin, dass das Thema auf dem Tisch liegt. Aber wir sind keine kleinen Kinder mehr. Mein Arbeitsverhältnis mit der Direktorin war wie gesagt zunächst nicht einfach. Aber ich habe seit 2002 fünf Hörfunk-Direktorinnen und Direktoren gehabt. Das Verhältnis war wechselweise immer verschieden und genauso ist es jetzt auch. In der operativen Arbeit haben wir nicht wahnsinnig viel miteinander zu tun, ich hatte aber die volle Unterstützung des Hauses und wir konnten operativ bei Ö3 sehr viel weiterbringen. Und manchmal hieß es – da muss man kein ausgefuchster Radioprofi sein -, Georg, wir verhandeln grad das ORF-Gesetz, bitte da und dort also runter vom Gas. Das ist aus meiner Sicht aber auch die richtige Verteilung von Zuständigkeiten. Daraus können Konflikte entstehen. Aber es hat in den letzten Monaten genauso gut funktioniert, wie es immer funktioniert hat und mit denselben Konflikten, die es immer gegeben hat.
Ö3 steht permanent unter Druck: Es gibt den Rechtfertigungsdruck, was daran öffentlich-rechtlich sein soll. Die große Freundschaft mit der österreichischen Musikszene scheint nicht gegeben zu sein. Trotz immer noch erstaunlicher Reichweite ist die Wertschätzung gegenüber dem Sender nicht besonders groß. Also, dass jemand von Ö3 den Ö1-Kollegen erklärt, wie sie zu programmieren hätten, schien jedenfalls im Bestellungsprozess für die Radio-Direktion unvorstellbar.
Ich sehe das genauso. Bezüglich Wertschätzung habe ich mir in den letzten 20 Jahren auch persönlich manchmal leichter damit getan, manchmal schwerer. Das ist gar nicht einfach, auch nicht für dieses Team von Ö3. Denn es gibt eine ganz klare strategischen Aufstellung von Ö3 - von Gerhard Zeiler und Gerhard Weis kommend bis heute und von vielen Radiodirektoren mitgetragen -, die lautet, dass Ö3 innerhalb des öffentlich-rechtlichen Auftrags und innerhalb des ORFs ganz klar ein Unterhaltungs- und Information-Sender für ein großes Publikum sein soll.
Der damit viel Geld verdient.
Der damit auch viel Geld verdient, was durch den Auftrag und die Rahmenbedingungen ganz klar so vorgegeben ist.
Öffentlich-rechtlicher Auftrag
Was die Frage nach den öffentlich-rechtlichen Auftrag nach sich zieht.
Seit Jahrzehnten begleiten Diskussionen um den öffentlich-rechtlichen Auftrag und den Stellenwert von Ö3 im Rahmen dessen den Sender. Da ist auch in den letzten Wochen und Monaten wieder viel diskutiert worden. Ich kann viele Argumente gut nachvollziehen, auch wenn sie nicht meine sind. Wenn etwa von Mitbewerbern die Zuschreibung als „bestes privates Radio Österreichs“ kam, habe ich das als kritische Wertschätzung wahrgenommen. Ö3 hat aufgrund seines Erfolges eine Ausnahmestellung, das wird auch im Ausland registriert. Ich verstehe daher, dass wir in der Diskussion sehr oft im Fokus stehen. Meiner Meinung nach ist Ö3 aber aus sehr vielen Gründen ein zutiefst öffentlich-rechtlicher Sender.
Warum zum Beispiel?
Wir sind das meistgenutzte Informationsangebot. Das hat mit der Funktion von Radio und den stündlichen Nachrichten zu tun. Das geht aber auch ganz stark mit einer sich verändernden Mediennutzung einher. Die Art und Weise, wie Ö3 mit Kurz-Formaten im Bereich Service, Information, aber auch Unterhaltung arbeitet, hat sehr viel von der Funktionsweise von Social Media. Und Ö3 hatte immer schon eine sehr starke Interaktion mit dem Publikum. Früher gab es die „Erbschleicher-Sendungen“, wo Musik-Wünsche für die Tante deponiert wurden. Ich erinnere aber auch an legendäre Sendungen wie „Freizeichen“ mit Nora Frey, an „Studio 4“ oder jetzt „Frag das ganze Land“ am Samstagnachmittag. Das ist eine interaktive Sendung mit einer sehr starken Community-Bildung. Die Frage hier ist: Ist das Unterhaltung? Oder ist das eine Aufarbeitung von gesellschaftspolitisch relevanten Themen auf Augenhöhe, noch dazu in einer sehr jungen Ansprache? Natürlich könnten das auch Private machen, das können und sollen aber eben auch Öffentlich-Rechtliche machen. Das, was ein KURIER, ein Profil, ein Falter oder auch die Puls4-Nachrichten machen, kann öffentlich-rechtlicher Content sein. Aber - der Unternehmenszweck dahinter ist ein anderer als beim ORF. Das ist weder gut noch schlecht. Niemand würde sagen, im öffentlichen Krankenhaus sollen die Ärzte langsamer arbeiten, schlechter ausgebildet oder weniger professionell sein. Als Arzt ist es die Aufgabe, das Beste für meine Patienten zu tun, egal ob in einem privaten Krankenhaus oder in einem öffentlichen. Das heißt, diese starke Fokussierung nur auf den Inhalt allein greift zu kurz, aber ich verstehe das. Und ja, Ö3 hat eine Ausnahme-Position, weil es auch eine kommerzielle Komponente hat. Das ist Teil unserer Aufgabe, die der Gesetzgeber so auch vorgesehen hatte und hat.
Salz in der Wunde
Und das Thema österreichische Musik?
Das begleitet Ö3 seit langer Zeit. Das ist eine Wunde, die mal besser, mal weniger gut verheilt. Das ist schade. Es hat von Anfang an von mir immer wieder ein Bemühen gegeben, ich habe sicherlich aber auch immer wieder dazu beigetragen, dass Salz in die Wunde gekommen ist. Es ist ein Ringen miteinander um gute und richtige Lösungen, bei denen es darum geht, ob Radio auch heute, wie vor vielen Jahren, österreichische Musik und Künstlerinnen und Künstler fördern soll, indem wir sie einfach spielen. Damit ist nicht gesagt, wie mir unterstellt wird oder mir manchmal möglicherweise auch in der Kommunikation darzulegen misslungen ist, ob ich österreichische Musik gut finde – da bin ich nicht so entscheidend wie selbstverständlich die Redaktion. Diese Musik war und ist hervorragend, wie es immer auch schlechte Musik gegeben hat. Die Frage für uns ist aber: Was erwarten Radiohörer in einer sich massiv verändernden Medienlandschaft und wie verteilen wir diesbezüglich die Aufgaben innerhalb der ORF-Senderflotte mit Ö3 und FM4 und künftig auch den Onlinemedien? Denn natürlich braucht es für Audio auch eine Plattform-Lösung, im Sinne der Usability wird das heute ganz selbstverständlich vorausgesetzt. Da gibt es unsererseits noch ein Manko.
Die Aufstellung der Flotte ist ein Dauerthema: Hat es sie da nicht geärgert, dass FM4 immer hochgelobt wurde, obwohl es, trotz nahezu gleichem Budget, vergleichsweise wenig gehört wurde, während Ö3 Geld und Hörer einsammelte?
Diesen Punkt gibt es. Gleichzeitig stellt man sich das offenbar auch ein bisschen zu aufregend vor. Wir haben ein sehr, sehr gutes Miteinander, weil es schlichtweg auch über die vielen Jahre sehr viele freundschaftliche Verbindungen zwischen all unseren Sendern gibt. Spätestens jetzt, wo alle auf den Küniglberg gezogen sind, sind wir tatsächlich auch physisch zusammen. Wir haben eine gemeinsame Geschichte, es gibt viel gegenseitige Wertschätzung. Dass es auch einen internen Wettstreit um Ideen, Zuneigung und auch um Ressourcen gibt, das ist in fast jedem Medium relativ ähnlich. Und in der öffentlichen Wahrnehmung leidet man manchmal, wenn man nicht die Zuneigung bekommt, die man glaubt zu verdienen. Aber es ist nicht so, dass es da ständig Zwist oder Streit gäbe, ganz im Gegenteil, gerade auch in den letzten Monaten wurde viel in gemeinsamen Arbeitsgruppen entwickelt und da haben sich die Gemeinsamkeiten sehr stark intensiviert.
Der Radio-Markt ist im Umbruch, Stichwort Technologiewandel. Musik-Streaming wird immer wichtiger. Hat Ihr Abgang auch damit zu tun, dass sie jetzt noch als Chef eines Ö3 mit großer Reichweite gehen können?
PR-Berater würden mir jetzt raten, zu widersprechen. Ich habe das so noch nicht betrachtet, aber es ist möglicherweise was dran. Oder anders gesagt: Ich habe zu vielen Dingen Ö3 betreffend in den vielen Jahre meine Meinung gesagt und oft auch danach mit meinem Team handeln können. Und irgendwann wird die Kraft dahinter und wahrscheinlich auch die Wirkung der Worte schwächer. Ich halte es für richtig und gescheit und wahrscheinlich auch für notwendig, dass wir für Ö3 jetzt zum Teil neue Antworten brauchen, die ich, möglicherweise auch in Kombination mit meinem Team, in der Form vielleicht nicht zusammenbringe. Oder wie ich in der Mail an die Mitarbeiter geschrieben habe, dass ich auch nicht mehr die Begeisterung dafür aufbringen kann. Das ist jetzt für mich eine gewisse Zäsur. Dazu kommen noch Entwicklungen wie das neue ORF-Gesetz, dessen Auswirkungen noch nicht klar sind. Da werden von zuständiger Stelle im ORF in den nächsten Wochen noch die Diskussion geführt werden. Also, das ist eine Zäsur, aber nicht im Sinne, dass ich das eine als gut oder das andere als schlecht werten würde.
Stil-Fragen
Sie sprachen in ihrem Brief an die Mitarbeiter auch an, dass Meinungsbildungsprozesse im Team schwieriger geworden sind. Immer wieder mal wurde in der Vergangenheit ihr Führungsstil hinterfragt. Haben Sie den selbst als problematisch empfunden? Sie gelten ja als harter Kritiker nach innen.
Es wäre absurd, wenn ich nach so vielen Jahren das Thema nicht kennen würde. Wenn heute im KURIER stand „Querkopf“ und „radikal“ in alle Richtungen, also Management und auch Team - ich habe mir herausgenommen, immer klar meine Meinung zu sagen, und das in einer sehr, sehr großen inhaltlichen Verantwortlichkeit und auch in einer mir wahrscheinlich auch durch meine Sozialisation gegebenen Loyalität der Sache gegenüber. Insofern tue ich mir auch so schwer, zu sagen, das ist nicht so. Denn wenn das so wahrgenommen wird, dann ist es so. Ich bin sicher sehr direkt und in der Meinung sehr klar. Ich bin sicher das eine oder andere Mal nicht gerade diplomatisch gewesen und wahrscheinlich auch unangenehm. In einer so langen Beziehung, da geht man sich auch ordentlich auf die Nerven, und dann arrangiert man sich oder manchmal auch nicht. Wir reden hier von schlussendlich 150 Menschen, die mehr oder weniger ständig mit Ö3 zu tun haben und das über 20 Jahren in ständig wechselnden Konstellationen. Denn das unterscheidet Ö3 sehr stark von anderen Organisationen: Wir sind sehr, sehr wettbewerbsorientiert, weil unsere Aufgabe wettbewerbsorientiert ist. Wir haben ganz klare Vorgaben. Also in meinem Privatleben bin ich nicht besonders auf die Nummer eins aus, meine Aufgabe mit meinem Team bei Ö3 ist aber ganz klar, die Nummer eins am Hörer-Markt zu sein. Wir von Ö3 sitzen jetzt am Küniglberg in Nachbarschaft zu Ö1, der ein toller Sender ist, bei dem ein super Job gemacht wird – unter ganz anderen Voraussetzungen. Gerhard Zeiler und Gerhard Weis haben damals die Doktrin ausgeben, dass das eine ohne das andere nicht sein kann. Ich bin möglicherweise sehr verfangen in dieser Haltung. Gemeinsam sind die Sender die Auslegung dessen, was der Gesetzgeber als öffentlich-rechtlich beschreibt. In meiner Aufgabe habe ich sicher viele unpopuläre Entscheidungen getroffen und das ist mir auch bewusst. Denn Entscheidungen sind hier auch immer wieder Personalentscheidung. Neben dem Auftrag, am Publikums- und am Werbemarkt erfolgreich zu sein, habe ich auch immer den Auftrag für mich definiert, dass sich Ö3 ständig erneuern muss. Und das geht natürlich bei einem Medium wie dem Radio sehr stark über die handelnden Personen. Wir haben daher eine für den ORF – ohne eine Statistik dafür vorliegen zu haben - eine hohe Fluktuation und die bringt unpopuläre Entscheidungen mit sich. Insofern verstehe ich, auch wenn ich jetzt keine konkreten Vorwürfe im Detail kennen, dass man mir nachsagt, unangenehm zu führen.
Ihr Abgang vom ORF ist offiziell verkündet. Wie sind die Konditionen?
Wir trennen uns einvernehmlich unter Wahrung meiner sogenannten Ansprüche.
Nette Konkurrenz
Wann verlassen sie das Haus, am 1. Juli?
Das ist noch nicht ganz genau festgelegt. Aber nachdem ich nicht auf der Flucht bin und wir uns nicht im Schlechten trennen, wird sich das finden. Das hat auch noch mit so banalen Dingen wie Urlaubsverbrauch zu tun. Wir haben aber darüber gesprochen – das ist letztlich eine Entscheidung der Radio-Direktorin -, dass die Übergabe des Tagesgeschäfts bei Ö3 an Albert Malli sehr schnell geschehen soll. Damit sich alle im Team auch auskennen, mit wem sie reden müssen.
Ist es vorstellbar, dass sie an anderer Stelle im ORF weitermachen?
Nein, das haben wir besprochen, das will ich jetzt nicht. Ich habe meinen Job bei Ö3 wahnsinnig gern gemacht. Ich habe sehr gern für diese Marke gearbeitet. Das klingt für Journalisten vielleicht zu sehr nach der Sprache der Werbefuzzis. Aber Ö3 ist ein ganz, ganz starker Brand, einer der stärksten Pop- und Unterhaltungsmedien-Marken im Land. Ich habe sehr stark meine Aufgabe darin gesehen, das Storytelling der Geschichte von Ö3, die 1967 begonnen hat, immer weiter und weiterzutreiben. Ich habe auch jetzt bei den Verabschiedungen gemerkt, ich brenne dafür und hab mich wahnsinnig gefreut, wie viel überraschend positive Zuneigung gekommen ist, ob ORF-intern oder extern. Das ging weit über Höflichkeitsfloskeln hinaus, wie da über letztlich Ö3 gesprochen wurde. Das kam etwa auch von Ö1, aus dem ORF-Newsroom und auch von vielen Mitbewerbern, die meinten, gegen Ö3 anzutreten, war immer schwierig, ist aber sicherlich einer der Gründe, warum der Radiomarkt in Österreich sich schlussendlich so kompetitiv entwickelt hat.
Das klingt, wenn auch nicht übertrieben, nach Wehmut.
Ja, stimmt. Das ist es auch. Ich fürchte, die ganze Zeit, wenn ich darüber rede, dass ich zum Weinen anfange. Deswegen habe ich auch so offensiv in diese Mitarbeiter-Mail geschrieben, dass ich überraschend wenig wehmütig bin - es ist furchtbar.
Deshalb abschließend zur Sache: Wird in Zukunft Radio, wird Ö3, noch von Menschen gemacht werden? Oder werden Musik, Nachrichten, Verkehrsfunk an die KI ausgelagert?
Ich finde, Veränderungen, die da sind, sollte man nicht bejammern, sondern als Chance wahrnehmen. Um diese Geschichte fortzusetzen, um diese Geschichte von Pop, von Unterhaltung, von Community, von Identität in Österreich, das Gemeinsame, wie das die aktuelle Ö3-Werbelinie kommuniziert, fortzuschreiben. „Ö3 für alle“ ist genau das Gegenteil von individualisierten Medien. Sich die KI als Werkzeug dafür zunutze zu machen, halte ich für wahnsinnig spannend. Ich merke jetzt sofort wieder, ich würde gern weitermachen (lacht). Ich glaube, dass Ö3 grundsätzlich ein sehr gutes Feld dafür wäre. Wenn die besten Köpfe auf dem ORF-Campus gemeinsam mit dem multimedialen Newsroom zum Beispiel bei Kurzformaten wie den Ö3-Nachrichten über den Einsatz und Nutzen von KI in einer sehr, sehr sorgfältigen Art und Weise nachdenken, da könnte einiges herauskommen. Allein die Vorstellung, die geballte Kompetenz des ORF über ein gemeinsames Projekt mit der Kompetenz der Austria Presse Agentur (APA) in ein österreichisches Nachrichten-KI-Projekt fließen zu lassen, das wäre wirklich spannend.
Danke für das Gespräch
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