Neuer ORF-Newsroom: Die "WG" am Küniglberg wird bezogen
Noch werden am Küniglberg die letzten Umzugsvorbereitungen getroffen: Fenster geputzt, letzte Tischplatten geliefert, Bildschirme an der Wand befestigt. Ab Donnerstag ziehen dann die ORF-Info-Redaktionen in den neuen multimedialen Newsroom, am kommenden Montag folgt die Inbetriebnahme.
356 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden künftig aus dem zweistöckigen, 3.238 Quadratmeter zählenden Großraumbüro die Nachrichten für Fernsehen, Radio, Online-Auftritt und Social Media liefern – von der „Zeit im Bild“ über orf.at bis zum Teletext.
Der Newsroom ist Teil des Mediencampus, der 2014 vom Stiftungsrat beschlossen wurde und rund 300 Millionen Euro kostet. Die „Besiedelung“, wie der Einzug im ORF genannt wird, sei „quasi eine Punktlandung“, so Umbau-Manager Pius Strobl bei einem Medientermin am Montag, bei dem Journalistinnen und Journalisten der Newsroom gezeigt wurde.
Bedenken
Das Projekt – von dem man sich Synergieeffekte zwischen TV, Radio und Online erhofft – hat bei einigen Ö1-Mitarbeitern für Unmut gesorgt. Sie müssen vom zentral gelegenen Funkhaus in der Argentinierstraße in den 13. Bezirk übersiedeln. Bedenken wurden auch im Bezug auf die redaktionelle Unabhängigkeit laut, wenn die gesamte ORF-Information künftig aus dem Newsroom kommen soll. Man nehme die Sorgen ernst und erwarte „auch keine Jubelgesänge“, so Generaldirektor Roland Weißmann, sondern eine realistische Zugangsweise. Die Eigenständigkeit bleibe aber erhalten.
Man wolle „sicher keinen Einheitsbrei“, betonte auch ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom. Die Sendungen „bleiben wie bisher“. „Es ist wie in einer WG“: Da müsse man zunächst Spielregeln und Abläufe festlegen, „aber dann hat jeder seinen eigenen Raum.“ Manche Kollegen aus dem Fernsehen hätten die Sorge geäußert, dass sie nun auch Radio bedienen müssten. Das sei nicht der Fall: „Aber man kann sich schon überlegen, ob man zwei bis drei Leute zu einer Pressekonferenz schickt. Einen O-Ton fürs Radio mitzunehmen, ist meist kein Problem.“
Nach der Ö1-Information zieht Ende August der gesamte Sender um. Ende September folgt dann Ö3, das derzeit in Heiligenstadt untergebracht ist.
Am neuen gemeinsamen Standort soll es künftig beispielsweise möglich sein, Radiointerviews auch fürs Fernsehen mitzufilmen oder mit Studiogästen Kurzvideos für Social Media zu erstellen. Schnelle Synergieeffekte verspricht man sich unter anderem im Bereich Datenjournalismus.
Keine fixen Plätze
Eine weitere Besonderheit im Newsroom: Es gibt keine fixen Arbeitsplätze – dafür personalisierte Schließfächer. Die Anzahl der Schreibtische soll 60 Prozent der Mitarbeiterzahl betragen. Durch Homeoffice, Krankenstände und Urlaube würde sich das ausgehen. Sollten wider Erwarten mehr Mitarbeiter vor Ort sein, gebe es sogenannte „Überlaufzonen“.
Generell wolle man stärker auf mobiles Arbeiten setzen, erklärt Weißmann. Der Newsroom sei jedoch „kein Einsparungsprogramm“. Es stünden diesselben Ressourcen wie bisher zur Verfügung, bei Online werde aufgestockt.
Besonderes Augenmerk habe man auf die Akustik gelegt und die Decke mit entsprechenden Platten ausgestattet, wie Strobl erklärt. Zudem gibt es 27 Arbeits- bzw. Besprechungsräume, in die man sich zurückziehen könne, wenn es im Großraumbüro zu laut wird.
Geleitet wird der Newsroom von den drei Chefredakteuren für TV, Radio und Online – Schrom, Hannes Aigelsreiter und Christian Staudinger. Eine eigene Leitung bekommt der Newsdesk, von dem aus das aktuelle Nachrichtengeschehen gemanagt wird. Die Bewerbungsfrist hierfür ist bereits beendet. Neben dem Newsdesk sind fünf multimediale Fachressorts – Innenpolitik, Außenpolitik, Chronik, Wirtschaft und Wetter – im Newsroom angesiedelt. Diese Positionen werden im Herbst ausgeschrieben. Dass es dafür zwingend Fernseh-Erfahrung benötige, wie spekuliert wurde, sei nicht der Fall, so Weißmann.
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