Kulturstaatssekretärin Mayer in der ZiB2: Stochern im Löschschaumversprechen

Andrea Mayer
Armin Wolf und Andrea Mayer beim Antrittsinterview.

* Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*

Antrittsinterviews mit neuen Kulturpolitikern, dafür könnte es im normalen Republiksbetrieb einen vorgegebenen Baukasten geben, oder ein Puzzle mit vier Teilen, bei denen es egal ist, wie man sie zusammensteckt. Kultur wichtig, Situation für Kulturschaffende schwierig, ja nicht sparen, Kulturnation, fertig ("Die Künstlerinnen und Künstler haben es mehr als verdient, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird", sagte einst etwa Gernot Blümel). Nun ja. Jetzt aber ist kein Normalbetrieb, und in der Kultur brennt die Hütte, und die neue Kunststaatssekretärin Andrea Mayer war in der ZiB2 zum Antrittsinterview als Kulturpolitikerin. Also gleichsam ein ganz neuer Antrittsinterviewbaukasten, noch in Zellophan verpackt, mit einer vieldimensionalen Matrix drin.

An dieser Stelle nehmen wir uns kurz Zeit zum Innehalten. Die Regierung verteilt auf die Coronafeuer, die allüberall lodern, Löschschaumversprechungen, man liest, dass nicht überall der Schaum schon angekommen ist. Besonders nicht in der Kultur, da gab es einen Knoten im Löschschaumversprechungsschlauch, und es musste erst jemand über diesen Löschschaumversprechungsschlauch stolpern und dadurch kurz das Licht ausschalten, bis man wieder den Schalter zum Löschschaumversprechungssprudeln auf Start drehen könnte. Die Kulturbranche ist bereit, Andrea Mayer in diesem Löschschaumsprudelversprechen entgegenzukommen, also quasi die Kulturbranchenfeuer dorthin zu bugsieren, wo das Löschschaumversprechen hinzielt, oder hinzuzielen verspricht.

Sprühen, sprudeln, löschen tat am Mittwochabend ein paar Stunden nach der Angelobung Mayers aber natürlich noch nichts, und daher saßen einander Mayer und Armin Wolf gegenüber, die dieses Löschschaumversprechen gemeinsam anschauten. Der Moderator verwies auf Punkte, an denen der Löschschaum noch besonders nicht angekommen ist, Mayer verwies darauf, dass er ja ihrerseits noch gar nicht sprühte, und das war es dann insgesamt auch schon.

Aber weil noch Interviewsendezeit da war und auch hier noch Text frei ist, schaute man dann auch noch andere Bereiche an, in denen der versprochene Löschschaum dem Sprudeln schon näher ist, und benannte, dass dort mehr Löschschaumversprechen ist als in der Kultur, und Mayer sagte nicht nur einmal, dass man jetzt die verschiedenen Versprechen nicht gegeneinander ausspielen wolle, wir hätten hier gerne "gegeneinander aufsprühen" geschrieben, aber das wäre zwar irgendwie lustig, aber Mayer sagte das halt nicht. Gegeneinander ausspielen wollte man zwar doch, es führte halt nirgends hin, aber wie gesagt: Irgendwas muss man bei diesen Antrittsinterviews ja miteinander reden.

Man sprach auch kurz über Parteipolitik, weil Mayer hat eine andere Mitgliedschaft und die ruht und sie will keine neue. Und man würde sich ja gerne freuen, dass Österreich wieder, nach der Coronaaufgeschrecktheit, in seinen Ruhezustand zurückschnappt, in dem halt Parteipolitik alles war, nach dem sich die Welt geordnet hat. Aber es schaut hier andererseits auch die neue Normalität so aus wie die elenden Seiten der alten, und auch die Löschschaumhalter und die, die den Löschschaumschlauch gerne selbst halten würden, reden über das Löschen längst wieder so, als hätten die Coronafeuer ein Parteibuch, welches, kommt drauf an, und nein, danach hat man sich nicht zurückgesehnt.

A propos reden: Mayer sprach so, wie man halt spricht, wenn auch die Regierungssprachcoaches noch keine Zeit hatten, weil gerade andere Sachen drängender sind als die Kultur, und das war zugleich ungewohnt als auch eh selbstverständlich und trotzdem so, dass man sich fragte, warum man normales Sprechen plötzlich so unnormal findet.

Kulturgipfel: Mayer will zuhören

Die Sendezeit war bei diesem Gedanken immer noch nicht vorbei, also besprach man noch kurz, dass die Gutscheinregeleung für Konzerttickets vielleicht vor dem Höchstgericht aufgehoben wird, und man besprach leider nicht, dass mit einem Zusammenbruch der Veranstalterlandschaft andernfalls das halbe Kulturland aufgehoben wird.

Man besprach auch sonst leider nichts Neues, aber, siehe oben, Antrittsinterview ist undankbar, und der Kulturredakteur ging schlafen mit dem Gedanken, was man denn am nächsten Tag über das alles schreiben könnte.

Jetzt aber ist eh nur noch ein bisschen Text frei, also sparen wir uns hier das Abklopfen des Gedankens, dass in der Coronakrise bisher noch keine Wortwerkzeuge gefunden wurden, um über Kultur so zu sprechen, dass man weder die Kulturschaffenden noch die Kulturkonsumenten behandelt wie noch eine, und zwar eine vielleicht ein bisschen komplizierte Lobbyinggruppe irgendeiner weniger mächtigen Sozialpartnerkammer (warum gibt es eigentlich keine Kulturkammer?).

Vielleicht kann man aber noch erwähnen, dass nach vielen Jahren des Herunterschraubens der Bedeutung von Kultur in der Politik, in der Schule, im Fernsehen jetzt kein Phrasenmonolog im Fernsehhomeschooling das Ruder noch herumreißen könnte, es also ein bisschen auch egal ist, dass zur Kultur nur Ungelenkes oder, schlimmer, gar nichts kommt, und man die Zeit also besser erst einmal in Kulturpolitik investiert, aber das würde sich weder an Mayer noch an Wolf richten, hat also hier keinen Platz.

Wir schließen ohne Erkenntnisgewinn in der Überlegung, warum auch bei der vieldimensionalen Matrix vorerst einmal nur Bekanntes herauskommt.

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