GIS-Taskforce lieferte Ergebnisse zu ORF-Gebührenabmeldungen

Der Multimediale Newsroom des ORF
Der Stiftungsrat diskutiert am Donnerstag das adaptierte Redaktionsstatut und die Streaminglücke. "Schonungslose" Debatte im Finanzausschuss.

Der ORF-Stiftungsrat widmet sich am Donnerstag in seiner ersten Sitzung unter dem neuen Vorsitzenden Lothar Lockl einem adaptierten Redaktionsstatut, das mehr Rechte für die Belegschaft vorsieht. Auch die wachsende Streaminglücke und die weiterhin negative Prognose für den ORF-Jahresabschluss werden Thema sein. Zur Zufriedenheit von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann wie auch mehreren Stiftungsräten verlief die Übersiedlung der Info-Mitarbeiter in den multimedialen Newsroom.

Ein Minus von 11,9 Mio. Euro sah der erste Forecast für den ORF-Jahresabschluss vor. Dieser gelte nach wie vor, ein zweiter komme nächstes Monat, so ORF-Chef Weißmann gegenüber der APA. "Wir arbeiten natürlich weiterhin an einer schwarzen Null", erklärte er. Maßnahmen wie Urlaubsabbau der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien gut angelaufen, bis Jahresende werde man nachschärfen und weitere Maßnahmen setzen. Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im Stiftungsrat, meinte, man müsse das prognostizierte Minus in Relation zum Umsatz von rund einer Milliarde sehen. Die Bewältigung liege in der Lösungskompetenz der Geschäftsführung. Sigrid Pilz, die für den Grünen-"Freundeskreis" spricht, sah eine schwierige finanzielle Lage gegeben, die am Montag "schonungslos" im Finanzausschuss des Stiftungsrats besprochen worden sei.

Verändertes Nutzerverhalten

Ursache für das prognostizierte Minus ist unter anderem die Streaminglücke. Damit ist gemeint, dass Personen, die ORF-Angebote per Streaming, aber nicht mittels Fernseher oder Radio nutzen, kein Programmentgelt entrichten müssen. Eine Taskforce sollte sich auf Motivsuche für GIS-Abmeldungen begeben und eruieren, wie man die Gebührenzahlerzahl steigern kann. Erste Ergebnisse wurden im Finanzausschuss berichtet. Demnach werde die Streaminglücke wohl weiter wachsen, was auf verändertes Nutzerverhalten zurückzuführen ist. Aber auch die Teuerung der letzten Zeit dürfte eine Rolle für die Abmeldungen spielen.

Weißmann will gegensteuern

Weißmann kündigte die Forcierung von Gegenmaßnahmen an. Doch: "Ohne gesetzliche Schließung der Streaminglücke wird es schwierig." Schließlich baue man das Streamingangebot immer weiter aus, was ein "taktisches Dilemma" sei, so der ORF-Chef. Auch Pilz meinte, dass der ORF zwar weiter Kosten optimieren könne, aber in Hinblick auf die Streaminglücke am Ende des Tages "dringend politische Aktivität" gefragt sei. Der SPÖ-"Freundeskreisleiter" Heinz Lederer erwartete sich im Gespräch mit der APA "bei allem Verständnis für Analyse" einen Handlungspfad von der Geschäftsführung. Er ortete fehlende Fantasie bei ihr. "Mir kommt es zu eindimensional vor, einfach nur Druck zu machen, um die GIS-Abmeldungen zu verlangsamen." Vorstellen könne er sich etwa Goodies für Personen, die beispielsweise ihre Familie zur Anmeldung bewegen.

Redaktionsstatut "noch nicht im Ziel"

In der Sitzung am Donnerstag steht auch das ORF-Redaktionsstatut auf der Agenda. Die 35 Stiftungsrätinnen und -räte müssen erst die von Weißmann in Abstimmung mit dem Redakteursrat vorgenommenen Adaptierungen genehmigen, bevor sie in Kraft treten können. Die Statutenänderungen sehen so manches neues Recht für die Redakteurinnen und Redakteure vor - etwa einer Führungskraft nach drei Beschwerden das Misstrauen auszusprechen oder erweiterte Informations- und Anhörungsrechte bei Bestellungen. Zach wollte die Entscheidung des Stiftungsrats darüber nicht vorwegnehmen. Man werde sich den entsprechenden Bericht anhören. In der Sitzung ist dazu Dieter Bornemann, Vorsitzender des ORF-Redakteursrats, geladen. Lederer sah die Änderungen auf der "Zielgeraden, aber noch nicht im Ziel". Entscheidende Passagen müssten den Rätinnen und Räten noch gut erklärt werden. Als Stichwort nannte er Verantwortungsketten.

Weißmann zufrieden mit Übersiedelung

Mittlerweile haben am Küniglberg ca. 350 Personen die Arbeit im neuen multimedialen Newsroom aufgenommen. Die Übersiedlung habe "sehr gut funktioniert", meinte Weißmann. "Es war logistisch eine Riesenchallenge, weil die Übersiedlung im Echtbetrieb über die Bühne gegangen ist. Dank der Redakteurinnen und Redakteure und der Haustechnikerinnen und -techniker hat es aber gut funktioniert", sagte er. Auch Zach hat dazu eine "ausschließlich positive Wahrnehmung". Pilz hatte den Eindruck, dass die ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter gut angekommen seien und die Übersiedlung gut vorbereitet wurde. Sie mahnte jedoch, weiterhin auf Pluralität in der Berichterstattung zu achten. Lederer sprach von einem "ausgezeichneten Eindruck". "Natürlich werde es Reibungsverluste geben, aber ich hoffe, die lösen sich in eine Win-Win-Situation auf", sagte er.

Der SPÖ-"Freundeskreisleiter" kündigte auch an, die Geschäftsführung darum zu ersuchen, bis September die "Parallelwelt" bestehend aus einigen hundert Leiharbeitskräften und Honorarempfängern näher zu erklären. Man wolle schauen, ob durch Reintegrationen ins Unternehmen Sparpotenzial gegeben sei.

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