Anders als bisher begnügt sich der Stiftungsrat in der konstituierenden Sitzung am Donnerstag nicht mit der Kür der Vorsitzenden des Gremiums und der Ausschüsse. „Es ist natürlich eine Arbeitssitzung, in der die neuen und alten Stiftungsratsmitglieder über den aktuellen Stand und insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung des ORF informiert werden“, sagt ÖVP-Vertreter Thomas Zach.
Es gibt einiges zu diskutieren mit der ebenso neuen ORF-Führung unter Generaldirektor Roland Weißmann: Die Gesetzesnovelle, die dem ORF bei digitalen Aktivitäten (Stichwort: ORF-Player) mehr ermöglichen soll, hängt in der Verhandlungsschleife mit Marktteilnehmern und Regierung. Auch auf dem Küniglberg führt die Inflation zu Kostenproblemen – von Energie bis Gehaltsverhandlungen.
Einnahmenseitig wenig Gutes verheißt zudem die deutlich gesunkene Anzahl an GIS-Zahlern. Ein Schließen der Streaming-Lücke (wer den ORF nur online nutzt, zahlt keine Gebühren) durch den Gesetzgeber ist aber nicht in Sicht.
Der erste Forecast des ORF für 2022 weist denn auch ein Minus von zwölf Millionen Euro aus. In Normaljahren ist es die gleiche Summe – im Plus. Ein Worst-Case-Szenario geht gar von einem noch höheren Verlustrisiko aus. Zuletzt hatte der ORF während der Finanzkrise 2009 ein Minus.
Transparenz
„Die Offenheit Weißmanns gegenüber dem Stiftungsrat finde ich ja grundsätzlich positiv“, so SPÖ-Vertreter Heinz Lederer. „Ich erwarte aber auch Lösungen. Sonst ist das Alarmismus.“ Hier sei der Generaldirektor gefordert. „Da muss mehr Grip auf die Straße.“ Lederer warnt davor, Probleme auf dem Rücken der Belegschaft lösen zu wollen. Das widerspreche dem Anspruch, ein attraktiver Arbeitgeber sein zu wollen. Für Zach ist diesen Herausforderungen „mit den entsprechenden Kostensenkungsmaßnahmen zu begegnen“. Der neue FPÖ-Vertreter Niki Haas meint: „Es gibt genügend Zeit, roten Zahlen gegenzusteuern.“ Er ortet hier „etwas Taktik seitens der ORF-Führung, was nichts Verbotenes ist“.
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