Wieviel Einfluss haben PR-Berater im obersten ORF-Gremium?

Wieviel Einfluss haben PR-Berater im obersten ORF-Gremium?
Van der Bellen-Intimus Lothar Lockl wird zum Vorsitzenden gewählt. Immer mehr PR-Leute sitzen im obersten ORF-Gremium.

Die vorgebliche Entpolitisierung des ORF ist um eine weitere Facette reicher: Am Donnerstagvormittag wird der PR-Mann Lothar Lockl zum neuen Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrates gewählt werden. Er folgt in dieser Funktion auf den blauen Ex-Vizekanzler Norbert Steger, der aus dem Stiftungsrat ausgeschieden ist, weil ihn seine Partei nicht mehr nominiert hat. Grün folgt also auf blau. Das war in einer geheimen Nebenabsprache zum Regierungsabkommen zwischen Türkis und Grün vereinbart worden.

Die Funktion des Vorsitzenden ist weitgehend symbolischer Natur: Er leitet die Sitzungen und hat bei einem Stimmengleichstand im ORF-Rat die entscheidende Stimme, das sogenannte Dirimierungsrecht.

Abgesehen von zeremonialer Symbolik stellt sich mit Lockls Wahl aber eine andere Frage mit neuer Dringlichkeit: Haben PR-Unternehmer und Lobbyisten im obersten ORF-Gremium möglicherweise ein Unvereinbarkeitsproblem? Schließlich berichtet die ORF-Redaktion sehr häufig über deren Mandanten.

Van der Bellens Stratege

Lockl etwa war jener Wahlkampfstratege, der Bundespräsident Alexander Van der Bellen 2016 zum Sieg führte, bis zum Jänner hatte er auch einen Beratervertrag mit der Hofburg und galt als rechte Hand des Präsidenten.

Und heuer steht wieder eine Präsidentschaftswahl im Herbst an. Van der Bellen hat sich zwar noch nicht dazu geäußert, ob er sich für eine zweite Amtszeit der Wahl stellen wird. Um der Unvereinbarkeitsdebatte auszuweichen, hat sich Lockl aber dem Vernehmen nach dazu bereit erklärt, den Wahlkampf im Fall des Falles nicht zu managen, wie zu hören war.

Ein anderes Mandat, nämlich für das Umweltministerium der Grünen Leonore Gewessler, läuft unterdessen weiter. Unter anderem macht Lockls Agentur die Öffentlichkeitsarbeit für den Klimarat – für bisher 90.000 Euro.

Schlaglicht

Die Wahl wirft einmal mehr ein Schlaglicht auf die Präsenz von PR-Unternehmern und Lobbyisten im Stiftungsrat. Mit der Neukonstituierung des Stiftungsrates ist ein weiterer PR-Unternehmer dazu gekommen: Tirol schickt den ÖVP-nahen Berater Stefan Kröll auf den Küniglberg.

Auf der Regierungsliste stehen gleich zwei Personen, die im Lobbyingregister vertreten sind: die ÖVP-nahen PR-Experten Jürgen Beilein und Gregor Schütze. Beilein beriet den ÖVP-Klub im letzten Untersuchungsausschuss. Der SP-„Freundeskreis“-Leiter Heinz Lederer ist ebenso PR-Mann. Sein ÖVP-Gegenüber Thomas Zach steht als Strategieberater im Lobbyingregister. Über ihre Kunden ist wenig bekannt, daher auch nicht darüber, wie sie Interessenskonflikte mit der ORF-Redaktion vermeiden.

Kommentare