Fellner sieht sich in ÖVP-Inseratenaffäre als "Opfer"

Fellner sieht sich in ÖVP-Inseratenaffäre als "Opfer"
Der Verleger äußerte sich am Montag am Rande eines Gerichtstermins im Unterlassungsverfahren gegen seine ehemalige Mitarbeiterin. Das Verfahren steht vor dem Abschluss.

Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner ist in den vergangenen Tagen im Zusammenhang mit den ÖVP-Ermittlungen und der Inseratenaffäre in die Schlagzeilen geraten, am Montag erschien er in einer anderen Causa vor Gericht: Da fand der letzte Prozesstag im Unterlassungsverfahren von Wolfgang Fellner gegen Raphaela Scharf am Wiener Arbeits- und Sozialgericht statt. Zur ÖVP-Inseratenaffäre äußerte sich der Medienmanager am Rande des Termins.

Fellner hat "keine Rolle" in ÖVP-Inseratenaffäre

Nach seiner Rolle gefragt dementierte Fellner, involviert zu sein. Er habe „keine Rolle in der Causa“. In „Österreich“ veröffentliche Umfragen seien „ganz sicher niemals mit unserem Wissen manipuliert worden“. 

Wolfgang Fellner und sein Bruder Helmuth Fellner werden im Zuge von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als Beschuldigte in Zusammenhang mit Bestechung und Untreue geführt. Sie sollen Inseraten- und Medienkooperationsvereinbarungen mit dem Team rund um Kurz getroffen haben. Für Inserate sollen sie gefällig berichtet und manipulierte Umfragen publiziert haben.

Mitverantwortlich? "Null Komma Null"

Mit Thomas Schmid habe er vielleicht „zwei oder drei Mal“ gesprochen, so Fellner am Montag. Er sei „sicher der Journalist, der am wenigsten mit ihm gesprochen hat“. Fellner könne „hundertprozentig ausschließen, dass es jemals eine Finanzierung unserer Umfragen über Inserate gegeben hat“, auch „wohlwollende Berichterstattung“ habe es nicht gegeben: „Wir haben da ein Höchstmaß an redaktioneller Unabhängigkeit praktiziert“.

Auf die Frage, ob er sich mitverantwortlich für den Rücktritt von Sebastian Kurz fühle, antwortete er: „Null Komma Null“. Er habe weder mit den SMS zu tun noch mit Schmid. Sollte es eine Manipulation gegeben haben, sei er "ganz sicher Opfer und nicht Täter".

"Wird Konsequenzen nach sich ziehen"

Die Causa rund um gefälschte Umfragen sei "unangenehm" für das Finanzministerium. "Wir sind bei weitem nicht die einzigen, die sie bekommen haben", behauptete Fellner. Die Mediengruppe habe viele, aber nicht alle abgedruckt. Von "Österreich" selbst bei Research Affairs beauftragte Umfragen seien "nachweislich von uns bezahlt und nicht manipuliert". Um zu diesem Schluss zu kommen, habe man die Rohdaten selbst überprüft.

Wie am Sonntag bekannt wurde, bringt die Verlagsgruppe "Österreich" eine Amtshaftungsklage gegen die Republik ein. Die Hausdurchsuchungen sowie die Handy-Überwachung im Auftrag der WKStA seien rechtswidrig gewesen, so das Medienunternehmen unter Berufung auf die Rechtsschutzbeauftragte des Obersten Gerichtshofs.

Fellner hielt am Montag dazu fest, dass die Hausdurchsuchung selbst fair und "konstruktiv" abgelaufen sei. Dass die Hausdurchsuchung nach Ansicht der Mediengruppe jedoch rechtswidrig sein soll, "wird Konsequenzen nach sich ziehen", nahm Fellner an. Die WKStA widersprach, dass es zu rechtswidrigen Vorgängen im Zuge der Ermittlungen gekommen ist.

Verfahren vor Abschluss, Urteil ergeht schriftlich

Das Verfahren, am Rande dessen Fellner zur ÖVP-Inseratenaffäre Stellung bezogen hat, steht nach der Verhandlung am Montag vor dem Abschluss. Der Medienmanager hatte seine ehemalige Mitarbeiterin Raphaela Scharf auf Unterlassung der Vorwürfe der sexuellen Belästigung geklagt. Die Beweisaufnahme wurde am Montag geschlossen, das Urteil ergeht in den kommenden Wochen schriftlich.

Zur Vorgeschichte: Die ehemalige oe24.tv-Mitarbeiterin Raphaela Scharf wirft dem Medienmanager sexuelle Belästigung vor: Er soll sie u. a. mit anzüglichen Kommentaren und Chatnachrichten belästigt haben und sie bei einem Fotoshooting im Mai 2019 am Po begrapscht haben. Scharf sprach den mutmaßlichen Vorfall im Unternehmen an – und wurde daraufhin entlassen. Fellner bestreitet die Vorwürfe. Zu der Causa laufen mehrere Verfahren: Scharf klagt auf Wiedereinstellung, Fellner auf Unterlassung der Vorwürfe. In letzterem Verfahren wurde nun weiter verhandelt. 

Beweisantrag wurde abgelehnt

Scharfs Anwalt Michael Rami legte am Montag einen Beweisantrag vor und nannte darin mehrere Frauen, die Fellner ebenfalls sexuelle Belästigung vorwerfen, sowie zwei Männer, die im Unternehmen tätig waren und sagen, dass an sie entsprechende Vorwürfe gegen Fellner herangetragen wurden. Rami betonte, dass es in dem Verfahren auch um Fellners Glaubwürdigkeit gehe.

Im Mai hatten Fellners Anwälte Georg Zanger und Kristina Venturini die Klage eingeschränkt: Die Unterlassungsklage bezieht sich mittlerweile nicht mehr auf Scharfs Vorwürfe, Fellner habe sie sexuell belästigt, sondern nur noch auf ihre Aussagen über das vermeintliche Grapschen bei besagtem Fotoshooting. Zanger bemängelte, dass Ramis Beweisantrag im gegenständlichen Verfahren daher nicht relevant sei. Das sah offenbar auch die Richterin so, die die Beweisaufnahme am Montag schloss.

"Stört Sie das eigene Verfahren?"

Beim vorherigen Prozesstermin war ein Befragung von Fellner durch Rami nicht abgeschlossen worden. Scharfs Anwalt hatte nun mehr als 70 Fragen für Fellner vorbereitet, wie er vor Beginn der Verhandlung erklärte. Dementsprechend lange dauerte daher am Montag auch die Befragung des Medienmanagers, der darüber auch seinen Unmut äußerte. Es ging u. a. um in der Tageszeitung Österreich zur Causa veröffentlichte Artikel, zu welchen bereits mehrere Gegendarstellungsverfahren ausgefochten wurden.

Auf Details und mutmaßliche Widersprüche aus den Artikeln angesprochen erwiderte Fellner wiederholt und hörbar genervt, diese – bis auf einen Kommentar – nicht selbst verfasst zu haben und verwies des Weiteren auf das Redaktionsgeheimnis. Rami wolle das Verfahren bloß in die Länge ziehen, monierte Fellner, und wohl noch bis 2025 prozessieren. „Sie haben geklagt und jetzt stört Sie das eigene Verfahren?“, erwiderte Rami. Auch die Richterin meinte Richtung Fellner: „Kein Grund, polemisch zu werden.“

Vorwürfe durch Wagner und Alexa

Scharf ist nicht die einzige ehemalige Mitarbeiterin, die Fellner sexuelle Belästigung vorwirft: Katia Wagner berichtete von ähnlichen Erfahrungen mit dem Medienmanager. Er soll sie mit Aussagen und Textnachrichten belästigt und 2015 begrapscht haben. Fellner hat diese Vorwürfe wiederholt bestritten – u. a. in einem Artikel in der Tageszeitung Österreich, in dem Wagners Glaubwürdigkeit infrage gestellt wurde. Sie klagt nun wegen übler Nachrede, dazu steht im November ein Gerichtstermin an.

Auch die Journalistin Angela Alexa, die von 2015 bis 2018 beim Radiosender oe24 arbeitete, warf Fellner in der Wochenzeitung „Die Zeit“ vor, sie bei einer Weihnachtsfeier am Po begrapscht zu haben. Auf den Artikel angesprochen bezeichnete Fellner die Vorwürfe als „völlig frei erfunden und falsch“. Er habe bei besagter Weihnachtsfeier Fieber gehabt und sei deshalb nur für seine Rede erschienen. Gleich danach sei er in ein Taxi gesetzt worden und nach Hause gefahren.

"Falsch" und "konstruiert"

Rami merkte an, dass im Gerichtsakt des Verfahrens mittlerweile die Namen von fünf Frauen stehen, die Fellner sexuelle Belästigung vorwerfen. Fellner bezeichnete auch diese Vorwürfe als „falsch“ und von Rami „konstruiert“.

Von der Richterin thematisiert wurde gegen Ende der Verhandlung noch die Entstehung einer Tonaufnahme eines Gespräch zwischen Fellner und Scharf nach dem Fotoshooting. Darauf zu hören ist laut Rami u. a. der bereits in der Öffentlichkeit bekannte Sager „Du siehst aus wie eine Nutte!“ Fellner behauptet, Scharf habe ihn mit dem Handy aufgenommen. Seine ehemalige Mitarbeiterin erklärte in einer Befragung am Montag hingegen, die Aufnahme von einem Tontechniker erhalten zu haben, der diese ohne ihr Wissen erstellt hatte. Scharf war während einer Live-Sendung zum Gespräch mit Fellner gebeten worden und war dabei noch verkabelt.

Am Ende zeigten sich sowohl Scharfs als auch Fellners Anwälte zuversichtlich in Hinblick auf das Urteil.

Mehrmonatige Bildschirmpause beendet

Fellner hatte sich im Mai selbst eine Bildschirmpause verordnet – bis zur Klärung der Vorwürfe. Damit war er wohl einer geplanten gemeinsamen Aussendung mehrerer hochrangiger Politikerinnen zuvorgekommen, die Fellner keine Interviews mehr geben wollten, bis die Vorwürfe ausgeräumt sind.

Die Mediengruppe Österreich beauftragte die Wirtschaftsprüfungskanzlei BDO Austria mit einer Compliance Analyse, die die von mehreren Frauen gegen Fellner vorgebrachten Vorwürfe der sexuellen Belästigung klären sollte. Ende August wurde bekanntgegeben, dass die BDO im Zuge der Analyse kein Fehlverhalten Fellners festgestellt habe. Der Medienmanager sieht sich dadurch entlastet und ist mittlerweile wieder am Schirm zu sehen. Abgeordnete der SPÖ, Grünen und NEOS gaben Anfang September jedoch bekannt, den Interviewboykott aufrecht erhalten zu wollen, solange Vorwürfe sexueller Belästigung gegen Fellner gerichtlich anhängig sind. 

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