Verdacht der Untreue und Bestechung: System Fellner in Bedrängnis
Das immer wieder in der Öffentlichkeit thematisierte „System Fellner“ scheint in arge Bedrängnis zu geraten. Der prominente Wiener Zeitungsmacher und Mediengründer Wolfgang Fellner (67) ist bekannt für seine unkonventionellen Methoden, die eigenen Machtinteressen durchzusetzen. Er schlägt auch gern über die Stränge. Die Frage, wie er sein Boulevardmedien-Imperium mithilfe von Regierungsinseraten finanziert, hat ihm nun Ermittlungen und eine Hausdurchsuchung beschert.
Vom "Rennbahn Express" bis zur eigenen Zeitung
Der Verleger hat seine Bestimmung schon in jungen Jahren erkannt. Gemeinsam mit seinem Bruder und Geschäftspartner Helmuth Fellner gründete er bereits als Jugendlicher die österreichische „Bravo“-Alternative, den „Rennbahn Express“. Zunächst als Schülerzeitung gedacht, entwickelt sich das Heft zu millionenschweren Cashcow. Die Fellners verkaufen das Magazin und gründen 1992 das Magazin „News“, ein ebenso erfolgreiches Infotainmentheft, aus dem eine ganze Verlagsgruppe entstand. Die Fellners verkauften auch hier fast alle Anteile und brachten 2006 die Tageszeitung „Österreich“ auf den Markt - ein knallbuntes Boulevardblatt, das immer wieder wegen seiner Methoden ins Gerede geriet.
Deals mit der öffentlichen Hand
Neben dem knallbunten und oft extrem zugespitzen Journalismus begleiten "Österreich" immer wieder Berichte über Inseratendeals mit der öffentlichen Hand. Diese Art des Geschäft nimmt in den ersten Jahren der Zeitung dieser Zeit ersten Schwung auf. Der damalige Verkehrsminister (2007 bis 2008), Werner Faymann (S) lässt über die ÖBB zahlreiche Boulevardmedien bedienen, die ihn mit freundlicher Berichterstattung zur Kanzlerschaft begleiten, die 2016 endete. Gegen Faymann wurde wegen der ÖBB-Inserate bis 2017 ermittelt, was aber in einer Einstellung mündete.
Ruhe erkauft?
Was ist das bemerkenswerte an den Fellner-Inseraten? Freundlich gesagt bringt ein Inserat in "Österreich" ein bißchen „Ruhe“ vor ruppiger Berichterstattung, wie ein Wiener PR-Mann sagt, der ebenfalls schon mit den Fellners über Inseratenbudgets verhandelte. Wie sich die alternative „Unruhe“ auswirkt, hat Reinhold Mitterlehner in seinem Buch „Haltung“ dargelegt, in dem er eine Szene mit einem Wiener Verleger schildert, ohne diesen namentlich zu nennen: „Herr Mitterlehner, wir haben über Sie weder positiv noch negativ geschrieben. Das könnte sich jetzt gravierend ändern“, soll der Zeitungsmacher sinngemäß gesagt haben. Dessen Begleiter habe eine Grafik mit den Inseratenausgaben der einzelnen Ministerien auf den Tisch gelegt: „Ihr Ministerium inseriert im Schnitt weniger als alle anderen. Daher überlegen Sie sich, wie Sie das in Zukunft handhaben wollen.“ Fellner hat solche Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Zusammenspiel im Visier
Gerade das Zusammenspiel Fellners mit den Unterstützern von Sebastian Kurz bei der Ablöse Mitterlehners als ÖVP-Chef sind nun Dreh- und Angelpunkt der Ermittlungen. Den Fellner-Brüdern wird Untreue und Bestechung zur Last gelegt. Etwa sollen nach Ansicht der Ermittler Umfragen im Interesse von Kurz und dessen Umfeld per Scheinrechnungen als Leistungen für Studien des Finanzministeriums abgerechnet worden seien, also das Finanzministerium aus Amtsmitteln Umfragen für das „(partei)politische Fortkommen“ Kurz bezahlt haben. Zudem hegt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft den Verdacht, dass von den handelnden Akteuren aus dem türkisen Umfeld im Finanzministerium ab etwa April 2016 „mehrere Inseraten- und Medienkooperationsvereinbarungen mit Medien der Fellner-Gruppe“ geschlossen wurden, und zwar zum Vorteil von Kurz.
Geschönt?
Dabei geht es laut WKStA nicht nur um geschönte Umfrageergebnisse, sondern auch um eine „die Interessen von Sebastian Kurz und der Gruppe seiner Vertrauten fördernden Kommentierung durch Wolfgang Fellner oder andere Akteure“. Die Gesamtkosten der Inserate, die keinen Bezug zur Tätigkeit des Finanzministeriums gehabt hätten, sollen dabei eine Million überstiegen haben. Dadurch sollen die Tatbestände Bestechung und Bestechlichkeit erfüllt sein. Die Mediengruppe Österreich weist die Vorwürfe auf ihrer Homepage zurück: Den Ermittlungen der WKStA lägen "schwere Missverständnisse zugrunde".
Fellner wies dies alles am Donnerstag in seiner abendlichen Talksendung „Fellner live“ wortreich in 45 Minuten zurück. Er bezeichnete Thomas Schmid mehrmals als „Münchhausen“ und sagte, alle Meinungsumfragen hätten damals Kurz weit vor Mitterlehner gesehen. Und die Rechnungen seien in der Amtszeit von Finanzminister Hans-Jörg-Schelling ausgestellt worden. Etwas skurril: Fellner wurde von seinem ehemaligen Chefredakteur Richard Schmitt interviewt, der nun das Boulevardmedium exxpress.at leitet.
Belästigungsvorwurf
Neben Zeitung, Internetportal und Radio betreibt Fellner auch einen TV-Sender, bei dem regelmäßig aktive und ehemalige Politiker auftreten. Der Sender hat ihm auch einen Sexismus-Vorwurf beschert: Zwei ehemalige Mitarbeiterinnen, Raphaela Scharf und Katia Wagner, werfen Wolfgang Fellner sexuelle Belästigung vor. Er streitet die Vorwürfe vehement ab, es laufen dazu mehrere Verfahren. Nach einem viel beachteten Interview der beiden Frauen auf Puls4 hatte Wolfgang Fellner vorübergehend eine Bildschirmpause verkündet.
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