Bilderbuch-Sänger Ernst: "Das ist der Grund, warum's Gabalier gibt"

Bilderbuch-Sänger Ernst: "Das ist der Grund, warum's Gabalier gibt"
Bei "Willkommen Österreich" wurde bewiesen, dass heimische Rockstars etwas zu sagen haben - und, dass Kinder eine Talkshow rocken können.

*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*


Man soll sich ja nicht mit Kindern und Tieren gemeinsam auf eine Bühne oder ins Fernsehen begeben. Das sagt ein altes Sprichwort.

Und meistens stimmt es.

Als Silvia Schneider und Valerie Huber bei „Willkommen Österreich“ saßen, sprach man danach eher über die Kaninchen, die die beiden Damen synchron streichelten.

Am Dienstag war die großartige Ursula Strauss in der Sendung. Und wie Stermann und Grissemann zu Beginn richtig anmerkten, spielt die derzeit alles weg, was mit einigermaßen Erfolg in Kino und Fernsehen läuft.

Aber gegen ihre Ko-Darstellerin aus „Geschichten vom Franz“, die 11-jährige Jungschauspielerin Nora Reidinger, blieb selbst sie chancenlos.

Das lag aber auch an den Interviewern, die bei Strauss als einzigen Neuigkeitswert herausarbeiteten, dass sie mit 48 Jahren Zahnspange trägt. Das sehe „sexy“ aus, merkte Stermann an.

Und wie ist es mit Kindern am Filmset? „Ist das nicht unerträglich?“, fragte Grissemann.

Was soll man darauf antworten? Aber eine großartige Frage.

Nora, nicht minder großartig, saß statt Hauptdarsteller „Franz“, Jossi Jantschitsch, der verhindert war, in der Sendung. Und sie machte ihre Sache natürlich sehr gut. Wie das halt immer so ist mit Kindern im Fernsehen. Sie können ihre Sache nur sehr gut machen. Aber Nora machte ihre Sache tatsächlich sehr gut.

Bilderbuch-Sänger Ernst: "Das ist der Grund, warum's Gabalier gibt"

Geheimnis

Man kann ihr auch nicht böse sein, selbst, wenn sie ein Geheimnis ausplaudert. Es werde wahrscheinlich ein zweiter Teil von der Nöstlinger-Verfilmung gedreht, sagte sie.

„Ich bin so froh, dass du das sagst“, meinte Strauss. „Dir kann’s keiner übel nehmen.“

Ein großer Lacherfolg im Publikum. Schön, dass es wieder dabei sein darf.

„Geschichten vom Franz“ ist aber gerade erst im Kino angelaufen, ergänzte Stermann. Wie könne dann klar sein, dass es einen zweiten Teil gibt?

Da der Film durch „Spenden“ finanziert worden sei, sei der Erfolg des Films ziemlich sicher, erklärte Nora.

Spenden? „Filmförderung!“, besserte Stermann aus.

„Recht hat sie, sind ja Spenden“, sagte Grissemann.

Hier ein kurzer Einschub: Warum die österreichische Filmbranche demnächst tatsächlich auf Spenden angewiesen sein könnte, lesen Sie hier.

Noch ein kurzer Einschub: Im „Gags, Gags, Gags“-Teil davor wurde ausführlich jene Pressekonferenz in Mörbisch besprochen, wo Andreas Gabalier vom burgenländischen Landeshauptmann als "österreichischer Bruce Springsteen“ angekündigt wurde. Ich finde, das sollten Sie wissen.

Aber zurück zu Nora.

Woher sie Ursula Strauss kenne?

„Meine Oma hat sie ein paar Mal erwähnt.“

Fernsehen ist allgemein nicht so ihre Sache. „Willkommen Österreich“ hatte die Oma gar nicht erwähnt.

Wie kommt denn das?

„Also ORF schaue ich eher nicht“, sagte sie, sie schaue eher so Serien, mit ihrer Schwester. Die hatte auch die Idee, sich fürs „Franz“-Casting anzumelden, erzählte Nora. Jetzt sitzt die Schwester im Publikum bei „Willkommen Österreich“, und sie steht auf dem Filmplakat.

Kinder und Betrunkene sagen die Wahrheit, heißt es oft. Auch so ein Sprichwort. Vielleicht hatte Grissemann deshalb nur Fragen an Nora. Denn Strauss durfte in der Sendung keinen Wein trinken, wegen der Zahnspange, die könnte sich verfärben.

Aber die Höhe der „Franz“-Gage, die wollte Nora nicht ausplaudern. Dazu ist sie mit elf Jahren dann doch schon professionell genug.

Bilderbuch

Es galt, dann auf Bilderbuch-Sänger Maurice Ernst überzuleiten. Ob Nora die Band kenne?

Nein, kennt sie nicht.

Stermann hatte folgende gfeanzte Erklärung dafür: „Bist du noch näher am Bilderbuch als an Bilderbuch?“

Grissemann zu Nora: „Du brauchst auf die seltsamen Fragen des Onkels nicht zu antworten.“

Wenige Minuten vorher wollte Onkel Grissemann noch wissen, ob Nora in der Schule gemobbt werde.

Bilderbuch-Sänger Ernst: "Das ist der Grund, warum's Gabalier gibt"

Von Maurice Ernst erfuhr man dann, dass die Bilderbuch-Texte gar nicht so Dada sind, wie alle - vor allem Grissemann - tun.

Stermann konnte endlich Revanche üben: „Das ist null Dada!“

Was erfährt man noch vom 34-Jährigen? Dass Falco angeblich voll unsympathisch war. Dass Songtexte am Besten vorher gesungen werden, und dann erst aufgeschrieben. Dass auch ein Rockstar zur Vorsorgeuntersuchung geht. So nach dem Motto: „Hab ich auch, HPV, jeder hat a HPV ...“

Könnte auch einen netten Songtext abgeben. Nein, eher nicht, findet Ernst.

Da holte sich dann Ursula Strauss auch noch gute Redezeit ab. Warum das für Männer immer so ein großes Ding ist, zum Urologen zu gehen, fragt sie sich. Für Frauen sei der Check beim Frauenarzt ganz normal.

Kulturbegriff sprengen

Auch sehr wichtig sind Ernsts Antworten auf die Frage, warum man in ehrwürdigen Institutionen wie der Hamburger Elbphilharmonie und dem Salzburger Festspielhaus auftrete.

Einerseits kann man dort Sitzkonzerte spielen, und das war bis vor Kurzem coronabedingt einfach das, was man tun konnte.

Aber es gehe auch, darum, seine Generation in diese ehrwürdigen Häuser zu bringen. Ein bisschen Groll schwingt noch mit, dass dort schon früher in der Pandemie Aufführungen stattfinden konnten. Es gehe aber auch Grundsätzliches. „In Österreich müss’ma eh am Kulturbegriff arbeiten“, sagte der Bilderbuch-Frontmann.

Das Wort „Entstaubung“ greife da zu kurz. „Noch viel brutaler“, sagte er, „wir müssen diesen Begriff wirklich sprengen.“

Jetzt wurde es langsam wirklich interessant.

„Meine Kinder dürfen ned so wie Mozart und Beethoven aufwachsen wie i“, sagte Ernst.

Onkel Stermann: „Aber du hast ja keine Kinder …“

„Aber theoretisch.“

Jetzt hantierte Grissemann mit dem G-Wort: „Aber Andreas Gabalier würde sagen: Das sind doch Traditionen, die …“

Ernst: „Das ist doch der Grund, warum’s Gabalier gibt. Weil’s einfach keine gute Mitte gibt.“

Großer Applaus. Und Stermann sagte: „Da klatscht sogar die Nora … kennst du eigentlich Gabalier?“

Sie bejahte.

„Weil er gut ist oder weil er schlecht ist?“, fragte Stermann.

„Weil er beides ist“, sagte Nora.

Stermann: „Das ist aber ein sehr wahrer Satz. Jeder ist sowohl als auch.“

Das wäre auch ein großartiger Schlusssatz.

Aber eines muss noch gesagt werden: Gabalier ist vielleicht sowohl als auch. Aber er ist sicher nicht Bruce Springsteen.



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