Belästigungscausa: Wolfgang Fellner wegen übler Nachrede verurteilt

Gratiszeitungsherausgeber Wolfgang Fellner.
Der Medienmanager hatte Aussagen seiner Ex-Mitarbeiterin als "frei erfunden" bezeichnet. Er hat sich am Donnerstag für schuldig erklärt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

"Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner wurde am Donnerstag wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe von 120.000 Euro verurteilt, davon drei Viertel bedingt. Er hatte sich zunächst als nicht schuldig bekannt, nachdem Tonbandaufnahmen vorgelegt wurden, jedoch auf schuldig plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig - drei Tage haben Fellners Anwälte Zeit, um Berufung einzulegen. 

Fellners Ex-Mitarbeiterin Katia Wagner ist eine von mehreren Frauen, die ihm sexuelle Belästigung vorwerfen - er weist die Vorwürfe zurück. Der Standard hatte im Frühjahr Gesprächsprotokolle Wagners veröffentlicht, die diese zu einem Abendessen und einer gemeinsamen Autofahrt angefertigt hatte. Fellner hat diese Aussagen gegenüber der Tageszeitung als "frei erfunden" bezeichnet - Wagner klagte. 

"Darf ich kurz aufzippen?"

In dem im Standard veröffentlichten Artikel waren etwa folgende, von Wagner protokollierte Äußerungen von Fellner zu lesen, die von einem Abendessen im Frühjahr 2015 stammen: „Was hast du heute schon wieder für ein Kleid an? Mega fesch!“ Nachdem Wagner nicht beantworten konnte, ob ihr Kleid von Chanel sei, habe Fellner gefragt: „Soll ich hinten rein schauen? Soll ich einmal kurz aufzippen … ?“

Von einer gemeinsam Autofahrt wenige Tage später stammen folgende Aussagen Fellners: „Vielleicht wär es ganz gut, du hättest einen Mann an deiner Seite, sprich mich, der dir ein bisschen hilft, das Ganze einzuteilen, ein bisschen zu managen, ein bisschen gelassener und lässiger zu sehen.“ Und: "Ich meine, ich muss dich auch einfach stärker in meinen Schwitzkasten nehmen, wenn es erlaubt ist. Ist es erlaubt oder nicht?"

Fellner bekannte sich zunächst nicht schuldig

Zu Beginn der Verhandlung am Straflandesgericht Wien bekannte sich Fellner nicht schuldig und wiederholte mehrmals, dass die von Wagner getätigten Aussagen "frei erfunden" und "aus dem Zusammenhang gerissen" seien. Er äußerte zudem Zweifel darüber, ob man sich nach fünf oder sechs Jahren noch so genau an einen Wortlaut erinnern könne.

Als Gründer und Herausgeber der Frauenzeitschriften "Woman" und "Madonna" sei er "einer der wenigen männlichen Österreicher, die sich in Sachen Mode und Marken sehr gut auskennen". Fellner habe zudem zwei Mal Karl Lagerfeld interviewt und Modeschauen in Paris besucht. Er würde ein Chanel-Kleid sofort erkennen und daher "niemals die Frage stellen: Ist das ein Kleid von Chanel?"

Da er relativ bekannt in Österreich und auch in dem Lokal sei, in dem das Abendessen stattgefunden hat, wäre es "undenkbar", dass er mitten im Restaurant eine Frau fragen würde, ob er ihr Kleid aufzippen solle. Das würde "zu einem Skandal" führen, weshalb er das niemals tun würde.

Bei der gemeinsamen Autofahrt zu einer Klausur sei nichts Privates besprochen worden, sondern Berufliches. Das Wort "Schwitzkasten" entspreche außerdem nicht seinem Sprachgebrauch, er habe es "unter Garantie in meinem Leben nie gebraucht".

Tonbandaufnahmen vorgelegt

Wagners Anwalt Michael Rami las Fellner weitere Zitate aus dem Gedächtnisprotokoll vor, die teilweise nicht im Standard zu lesen waren. Etwa, dass Fellner Wagner liebe und sich dafür etwas erwarte oder dass er sie heiraten müsse. Fellner stritt ab, diese Aussagen beim Abendessen oder der Autofahrt getätigt zu haben.

Rami legte daraufhin eine Tonbandaufnahme der Gespräche vor, die Wagner angefertigt hatte, sowie ein Transkript. Fellner warf ein, dass es sich um einen illegalen Mitschnitt handle und dieser deshalb nicht abgespielt werden könne - der Richter widersprach.

Der Medienmanager zog sich daraufhin zur Beratung mit seinen Anwälten, Georg Zanger und Kristina Venturini, zurück - und bekannte sich dann schuldig.

Er sei der "felsenfesten Überzeugung" gewesen, dass er diese Aussagen so nicht getätigt habe. Fellner könne sich nun nur bei Wagner entschuldigen. Die Äußerungen seien jedoch "aus dem Zusammenhang gerissen sind" und der Wortlaut "weder ehrenrührig noch in irgendeiner Form eine sexuelle Avance", stattdessen gehe es um "gewisse Formen von Flirts".

Auf ein Abspielen des Tonbandes verzichteten beide Seiten. Im Transkript finden sich Sätze wie "Also erstens, ich liebe dich, nur, dass klar ist, ja, ich hoffe das wird gewürdigt und erwidert." "Ich muss dir deinen chinesischen Gesichtsausdruck austreiben. Des ah...ah...Madame Butterfly" "I muss di sowieso heiraten auf kurz oder lang, sobaldst von dem Anwalt geschieden bist." "Na wirklich du bist so irrsinnig gscheit, ja Traumfrau sag ich immer." "(...) weil du ein Typ bist, der so geil ist in jeder Hinsicht, ja. (...) Ich meine jetzt natürlich nicht geil sexuell, das vielleicht auch, ich meine es einfach, als Gesprächspartner bist du geil."

"Archetypisches Beispiel einer Belästigung"

Rami sprach in seinem Schlussplädoyer von einem "archetypischen Beispiel einer Belästigung". Fellners Anwalt Zanger davon, dass der Medienmanager zwar nicht aufgrund seiner sexuellen Reize, aber wegen seiner Position eine gewisse Attraktivität auf Frauen ausübe. 

Weil Fellner bisher unbescholten war und sich im Laufe der Verhandlung schuldig bekannte, wurde die Strafe gemildert, begründete der Richter das Urteil. Ein Viertel der Strafe, also 30.000 Euro, wäre unbedingt zu zahlen.

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