Babler im Sommergespräch: "Häuslbesteuerung“ und eine Lenin-Büste

ORF-SOMMERGESPRÄCHE: SCHNABL / BABLER +++ ACHTUNG SPERRFRIST 28. AUGUST 2023 - 21:05 BEACHTEN +++
Andreas Babler bezeichnete die Frage nach der Lenin-Büste im ORF-Sommergespräch als "Schwachsinn". Nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig.

* Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends*

Gefragt nach der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und ab welcher Inflationsrate diese, falls sie denn ausgesetzt wird, laut seiner Vorstellung wieder eingesetzt würde, landete Andreas Babler in seiner Antwort zunächst bei Kreisky.

"Ich komme aus einer Zeit, von meinem Jahrgang her, der profitiert hat. Und da ist natürlich die SPÖ mit Bruno Kreisky jemand gewesen …"

"Es geht um die Mehrwertsteuer, Herr Babler", erinnerte ihn ORF-Interviewerin Susanne Schnabl.

"Ich möchte es einbetten, damit man es auch versteht", antwortete Babler. "Warum man Politik macht und warum man solche Maßnahmen setzt."

Nun bettete er seine Politik also in die Errungenschaften der Kreisky-Ära für ein "moderneres Österreich" ein.

Schnabl wollte wiederum Babler in seinem ersten großen ORF-Sommergespräch als SPÖ-Chef besser einbetten, verstehbar machen.

Eine zweite Partei?

Sie sprach ihn etwa darauf an, einmal gesagt zu haben, er habe in seinem Leben zwei Parteien gewählt.

Da sei er jetzt "völlig blank, was das gewesen sein sollte."

Er habe "fast immer die SPÖ gewählt". Ja und was ist mit dem "fast", fragte man sich als Zuschauer.

Und weil er sich nicht aufs Wahlgeheimnis berief, gestand er, bei der Bundespräsidentenwahl Marco Pogo alias Dominik Wlazny angekreuzt zu haben (Bierpartei). Da stand aber auch kein SPÖ-Kandidat auf dem Wahlzettel.

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Welche Parteien hat Andreas Babler schon gewählt?

Babler-Hunderter

Die nächste Frage wurde ihm Stasi-Verhör … nein, im Sprechzimmer 23 des Parlaments gestellt. Ob er selbst, der diese politische Forderung aufgestellt hatte, mit Tempo 100 auf der Autobahn fahre?

"Ja, tatsächlich. immer", sagte Babler und begründete es mit einer internen Vorgabe auf seiner aktuellen "Sommertour".

Für Schnabl  klingt das "unvorstellbar". Aber sie könne das jetzt nicht überprüfen.

Ob jetzt wie bei Kickl alle Faktenchecker des Landes mit der Radarpistole ausrücken, um Babler auf der A2 zu stellen? Wohl eher nicht.

Wie steht die Andreas Babler zu Putin und Russland?

Die angebliche Lenin-Büste

Besser eignet sich das Thema "Lenin-Büste" für einen Faktencheck. Schnabls Frage wollte wissen, warum Babler "bis vor Kurze" in seinem Büro eine Lenin-Büste stehen habe. Nicht eben der Gelehrte und Ideologe Marx, sondern ein "blutiger Revolutionsführer". "Wie kommt das in Ihr Büro?", fragte die ORF-Interviewerin streng.

"Wie kommt so was in eine Diskussion?", fragte sich Babler. Es habe genug Kameraschwenks von Medien in seinem Büro gegeben. Dort stünden nur drei Dinge: ein Bild von seinem Vorgänger als Bürgermeister. Ein vom Papst geweihtes Kruzifix, das ihm der Bürgermeister der Insel Lampedusa geschenkt hat. Und eine Büste von Victor Adler, dem Gründungsvater der österreichischen Sozialdemokratie. Aber keine von Lenin. "Wenn Sie mich fragen, was in meinem Büro steht, werde ich das glaube ich ganz gut wissen", schloss Babler. "Tschuldigung, wirklich ein Schwachsinn."

Ganz falsch ist die Geschichte von der Lenin-Büste allerdings nicht. In einem Porträt des Standard von 2020 wurden zwei kleine Plastikbildnisse von Marx und Lenin im Bablerschen Bücherregal beschrieben. Allerdings stand das Regal in dessen Wohnzimmer und nicht im Büro. Im lauten "Stille Post"-Verfahren des politmedialem Betriebs wurde daraus schließlich eine Lenin-Büste in Bablers Büro.

Babler hätte das Missverständnis auch selbst aufklären können, anstatt dies dem Standard zu überlassen. In solchen Fragen, auf die er spätestens seit der "Marxisten"-Diskussion durchaus vorbereitet sein könnte, wirkt er mitunter etwas schwammig.

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Die angebliche Lenin-Büste des Andreas Babler

Schutzherr der Häusln

Bei den politischen Forderungen hingegen wollte Babler mit Standfestigkeit punkten. Immer wieder garantierte er etwas. Zum Beispiel, dass 96 Prozent der Österreicher weniger Steuern zahlen würden, hätte er in einer Regierung das Sagen.

Und in der Frage der Erbschaftssteuer schwang sich Babler zum Schutzherr der Häuslbauer auf. Er selbst stamme aus einer Häuslbauer-Familie. Babler vergaß aber auf ein Detail. Man spricht in Österreich gerne von "Häuslbauern", das Endprodukt gilt dann aber trotzdem als Haus - und nicht als Häusl.

Babler sagte aber: "Ich bin der Garant, dass es keine Häuslbesteuerung für die große Schicht der Menschen, die sich Häuseln als Eigenheim gemacht haben, geben wird."

Nun hoffen wir nicht, dass allzu viele Österreicherinnen und Österreicher ihr Eigenheim im Häusl haben. Und eine Besteuerung der Häusl, vulgo Klo-Steuer, wäre wohl das Ende jedweder Kanzlerbestrebungen irgendeines Politikers.

SPÖ-Chef Babler für 32-Stunen-Woche

Hand aufs Herz

Fazit: Bablers Stärke ist, dass er die SPÖ aus der politischen Beliebigkeit wieder zu mehr Kantigkeit führt, was Kritiker auch als "Klassenkampf" bezeichnen. Am Vortrag kann der Traiskirchener Bürgermeister aber durchaus noch arbeiten. Das merkte man auch daran, dass er beim abschließenden nonverbalen Antworten fast am überzeugendsten wirkte.

Wohin der Weg die SPÖ mit ihm gerade führe?

Die Hand wies nach oben.

Wie er es mit Doskozil halte?

Die Hände sind in (Partei-)Freundschaft verschränkt.

Sein Politikstil in einer Geste:

Hand aufs Herz.

Schnabl streute diesmal in das angestrebte ausführliche Gespräch auch Fragenkatalog-Elemente ein. Einmal stellte sie sogar Ja/Nein-Fragen. Aber ein "Verhörzimmer" sieht dennoch anders aus.

Und vielleicht wird im letzten Sommergespräch mit Bundeskanzler Karl Nehammer ja noch die Frage geklärt, ob die einleitende Variation auf die "Tritsch-Tratsch-Polka" auf dem berühmten Bösendorfer-Flügel im Parlament geklimpert wurde.

Der heimisch Polit-Tratsch wurde jedenfalls auch beim Gespräch mit Babler wieder mit Material gefüttert.

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