Lässig, aber nie auf Augenhöhe

Zur ARTE-Sendung Schlafkrankheit 4: Vor dem Streit: Ebbo (Pierre Bokma, li.) scherzt mit Jo (Atangana Christelle Zita, 2.v.l.) und ihrer Familie (Mme Eyenga Épouse Ndi, Paul de la Croix Edimo Dikobo) © Patrick Orth/Komplizen Film Foto: ZDF Honorarfreie Verwendung nur im Zusammenhang mit genannter Sendung und bei folgender Nennung "Bild: Sendeanstalt/Copyright". Andere Verwendungen nur nach vorheriger Absprache: ARTE-Bildredaktion, Silke Wölk Tel.: +33 3 881 422 25, E-Mail: bildredaktion@arte.tv
Ulrich Köhler gewann mit seinem Film „Schlafkrankheit“ (20.15, ARTE) den Silbernen Bären 2011.

Wenn am Donnerstag (7. Februar), die 63. Berlinale beginnt, dann läuft heuer mit Thomas Arslans Film „Gold“ nur ein deutscher Beitrag im Hauptwettbewerb. Das sei heuer aber eine „schwache deutsche Präsenz“, musste sich Festivaldirektor Dieter Kosslick vorwerfen lassen. Schließlich traten in den vergangenen Jahren bis zu vier deutsche Filme im Wettbewerb an, und gleich zwei Mal hintereinander gewannen sie dafür den Silbernen Bären: Zuletzt Christian Petzold mit „Barbara“ und im Jahr davor Ulrich Köhler mit „Schlafkrankheit“ (2011) – Mittwoch (6. Februar), auf ARTE zu sehen (20.15 Uhr).

In seinem hervorragenden Drama verarbeitete Ulrich Köhler – der als Filmemacher der sogenannten Berliner Schule zugerechnet wird – autobiografische Erlebnisse. Geboren 1969 in Marburg, verbrachte Köhler die ersten Jahre seines Lebens im damaligen Zaire, wo sein Vater – von Beruf Arzt – in den 70er- Jahren Entwicklungshilfe leistete. Die Rückkehr der Familie nach Deutschland erlebte Köhler als tiefen Schock.

Entwicklungshilfe

Ähnlich ergeht es auch seiner Hauptfigur Ebbo (Pierre Bokma), einem deutschen Entwicklungshelfer und Familienvater, der sich mit lässiger Überheblichkeit durch Kamerun bewegt.

Er ist Arzt und fühlt sich Land und Leuten verbunden – aber auch überlegen. Seine Zeit jedoch ist abgelaufen: er soll wieder zurück nach Deutschland übersiedeln, und seine Frau und Tochter sind bereits abgereist. Doch da bricht die Krise offen aus: Der Mann kann nicht mehr zurück. Zu sehr ist er seine Privilegien in Afrika gewohnt.

Köhler ließ sich für seinen Film nicht nur von den eigenen Erfahrungen, sondern auch den Afrika-Beschreibungen von Joseph Conrad inspirieren. In aller Vielschichtigkeit umkreist er das Verhältnis der Europäer zu den Menschen in Afrika. Niemals befinden sie sich mit ihrer Umgebung auf Augenhöhe und verlieren dabei zunehmend den Blick auf sich selbst und die anderen. Dann beginnen sie – wie im Fall Ebbo – zu kippen.

Mit „Schlafkrankheit“ unternimmt Ulrich Köhler eine wunderbare filmische Reise in ein Land, das längst kein Herz der Finsternis mehr ist.

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