Dass Top-Kunstgalerien reichen Sammlern an ihre Urlaubs- und Zweitwohnsitze folgen, war gerade in der Pandemie gehäuft zu beobachten: Monte Carlo, St. Moritz oder Aspen/Colorado waren zuletzt als neue High-End-Kunstzentren im Gespräch.
„Salzburg ist aber auch ,High End’ – im August auf jeden Fall“, sagt Galerist Thaddaeus Ropac, darauf angesprochen. Vielleicht wurde der Kunstsommerfrische-Trend sogar hier begründet. Heuer, sagt Ropac, fehle aber ein signifikanter Teil der Klientel – „die Leute aus den USA, aus Südamerika, aus Asien sind einfach nicht da.“
Für das Salzburger Programm der längst global agierenden Galerie ist das kaum von Belang. Der Verkauf oder, wie Ropac gern sagt, das „Platzieren“ von Kunstwerken ist bei ihm eher nicht von Laufkundschaft abhängig. Mit dem Effekt, dass die meisten Objekte des US-Minimalisten Donald Judd, die Ropac bis 28. August am Mirabellplatz zeigt, schon vergeben, aber frei zu betrachten sind.
Ropac betreut den Nachlass des US-Künstlers, der lange in der Schweiz lebte und dort seine Objekte oft von Manufakturen fertigen ließ. Das verbindet ihn mit Marcel Duchamp, dem insgeheimen Star von Ropacs Sommerangebot: In einem Nebentrakt ist dessen „Flaschentrockner“ zu bewundern – eine von nur sechs Repliken jenes heute verschollenen Objekts, das der Künstler 1914 als „Readymade“ zur Kunst erklärte.
Wer um die Tragweite dieses Akts für die Kunstgeschichte weiß, wird sich der Aura des Dings kaum entziehen können – zum Verkauf gelangt es allerdings erst, wenn Ropac im Herbst in London eine große Duchamp-Schau ausrichtet, acht Millionen US-Dollar werden dann zu bezahlen sein. Die „Ouverture spirituelle“ dazu ist Ropac, dem Meisterdirigenten der Sammlerbegehrlichkeiten, schon einmal geglückt.
L.A., Salzburg, Köln
Globaler Kunsttransfer funktioniert aber auch anders, etwa bei Nikolaus Ruzicska: Er hat lange gerittert, um den aus Deutschland stammenden, in Los Angeles lebenden und dort vom Galerie-Giganten Gagosian vertretenen Fotokünstler Florian Maier-Aichen zeigen zu können.
Dessen großformatige Bilder von kalifornischen Küsten oder Motiven aus dem Rheinland wirken mit ihren Regenbogen-Farben zunächst ziemlich überdreht – der Kenner weiß sie aber als Anspielungen zu deuten: Maier-Aichen bezieht nämlich eine Gegenposition zu den riesigen, betont nüchtern-sachlichen Bildern, mit denen Künstler wie Thomas Struth, Thomas Ruff oder der ebenfalls von Ruzicska vertretene Axel Hütte den Kunstfotomarkt lange Zeit dominierten. Zu bezahlen haben Sammler für die Werke zwischen 18.000 und 53.500 Euro – das in den USA beträchtliche Preisniveau muss auch bei der Erstpräsentation in Salzburg gehalten werden.
Abgehoben
Doch auch umgekehrt passiert es, dass einer Galerie langjährige Schützlinge wegen des internationalen Preisniveaus „davonziehen“, weiß Judith Radlegger von der Galerie Mauroner. In deren Räumen in der Residenz hängen etwa zwei Aquarelle des gefragten Kameruners Barthélémy Toguo: Er sei, sagt Radlegger, eine „treue Seele“ – für die Werke sind aber mittlerweile je 17.800 Euro zu berappen. Daneben präsentiert Mauroner die Malerin Anouk Lamm Anouk, deren Werke je nach Format 1.500–7.900 € kosten.
Gut kombiniert
Idealerweise halten solche Gespanne von Zugpferden und Entdeckungen den Betrieb in Bewegung. Der L. Galerie (ehemals Weihergut) gelingt dabei eine schöne Kombination von Skulpturen von Manfred Wakolbinger und Gemälden von Alois Mosbacher mit 3D-Drucken und computergenerierten Bildern von Alexandra Ehrlich-Speiser: Mit der App „Artivive“ können Letztere digital animiert werden – Objekt und File sind ab 1.700 € zu haben.
Sophia Vonier wiederum nutzt statt großer Namen einen kleinen, sichtbaren Raum in der Philharmonikergasse für „ihre“ Künstlerinnen: Bis 23. 10. sind Gemälde von Marianne Vlaschits neben Neon-Objekten von Raphaela Riepl zu sehen (2.700–9.300 €). Es sind mögliche Formen für Ausstrahlung und (magnetische) Anziehung – etwas, das im Salzburger Kunstsommer wohl alle gern hätten.
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