Es sind derlei Entdeckungen, die den Reiz von Messen wie der „Art & Antique“ ausmachen. Sie ist noch bis Sonntag in der Salzburger Residenz zu besuchen – erstmals nicht nur in einem Zelt im Innenhof, sondern auch im barocken „Carabinieri-Saal“.
Nach dem Corona-Sommer 2020 lässt der heimische Kunsthandel damit einen mit Selbstbewusstsein gefüllten Testballon steigen. Der in zweiter Generation agierende Kunsthändler Alexander Giese, der von seinem Stand täglich Instagram-Videos postet und einen hörenswerten Podcast („Ausgesprochen Kunst“) produziert, sagt auch „Klassenausflug“ dazu. Denn nicht nur Gäste können in der Dicht-an-Dicht-Präsentation neue Verbindungen knüpfen, auch die Kunsthändler-Gemeinde pflegt wieder intensiveren Austausch.
Neue und alte Allianzen
Wobei auch in Salzburg Allianzen zerfallen und neu gebildet werden: Den einst parallel zur „Art & Antique“ aufgezogenen Kunstsalon in der „Sala terrena“ gibt es nicht mehr. Die Händler Wienerroither & Kohlbacher zeigen ihre exquisiten Klimts & Schieles nun in der Philharmonikergasse 2, wo einst Galeristin Heike Curtze (verstorben 2020) residierte, und bewerben ihr Programm gemeinsam mit dem Salzburger Galeristen Thomas Salis. Der Wiener Händler Richard Ruberl ist in den Schoß der „Art & Antique“ zurückgekehrt – „viele neue, großteils Wissende“ sieht der Veteran dort im Publikum. Kommerziell wartet er ab: „Wir verkaufen ja keine Mitnahme-Artikel.“
Ruberl hat eine der frühesten Übermalungen von Arnulf Rainer am Stand, 1956/’57 schwarz auf Hartfaserplatte ausgeführt. Die Galerie würde es gern an eine „sichtbare Sammlung“ abgeben, mit 480.000 Euro liegt der Preis aber jenseits der Reichweite vieler Museen.
Auch der Linzer Händler Walter Freller hat Museumswürdiges am Stand, mit spannender Vorgeschichte obendrein: Eine Ansicht von Linz vor bewegter Wolkenkulisse, 1918 gemalt von Klemens Brosch (Abbildung ganz oben). Der Künstler wurde 2016/’17 mit einer Schau in Linz, die 2018 ins Belvedere wanderte, als einer der wichtigsten österreichischen Zeichner des frühen 20. Jahrhunderts wieder entdeckt, dem großen grafischen Werk stehen aber nur 24 Ölgemälde gegenüber. In jenem, das Freller anbietet, ist der akribische Zeichen-Stil noch in den feinst gemalten Gänseblümchen präsent.
Das Bild gehörte ursprünglich einem Arzt, der Brosch wohl jenes Morphium verschrieb, das den Künstler in die Abhängigkeit und 1926 mit nur 32 Jahren in den Freitod trieb, sagt Freller. Es blieb in Familienbesitz und war lange über einem Bett verstaut, bevor sich Erben nun zum Verkauf entschlossen. Die (sechsstellige) Kaufsumme will Freller nicht publiziert wissen, sie ist aber wohl nur von einem Privaten zu berappen, der – so die Hoffnung – das Werk einem Museum schenken oder leihen könnte.
Die Meldung, dass Tesla-Chef Elon Musk jüngst für einen Besuch in den Uffizien vorbeikam, nährt da die Hoffnung auf Überraschungen. Tatsächlich muss Salzburg heuer aber eher ohne Potentaten aus Übersee auskommen. Doch die Sichtbarkeit zählt – und das allgemeine Publikum, das sich hochwertigste Kunst auf kleinem Raum frei ansehen kann, profitiert letztlich davon.
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