Akribie und Selbstzerstörung
Es ist ein wundersames Werk, das sich da in Hunderten Blättern ausbreitet: Mit extremer Sorgfalt und Detailtreue sind hier Tiere, alte Schuhe und Blumen, aber auch Granatexplosionen, monströse Gestalten und albtraumhafte Szenarien dargestellt. Zugleich scheint das Werk von Klemens Brosch aus der Zeit gefallen – es ist weder traditionell noch modern, es passt zur Kunst der Secession, zum Symbolismus und dem Surrealismus und zugleich nirgendwohin.
Es ist der Dichte der Schau zu verdanken, dass sie dieses Schicksal so ergreifend näherbringt: Die Linzer Museen besitzen den Großteil der über 1000 Werke Broschs, die Kuratorin Elisabeth Nowak-Thaller beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Künstler. Zugleich verbindet die Doppel-Schau Kunst- und Gesellschaftsgeschichte und macht deutlich, wie sich die Laufbahn des gequälten Künstlers, der an der Welt zerbrach, auch aus dem Geist der Zeit ergab: Es ist keine untypische Geschichte für Angehörige der Generation, die im späten 19. Jahrhundert in ein Milieu aus Sprachlosigkeit und Endzeitstimmung hineingeboren wurden.
Wunderkind & Junkie
Brosch, einem Sohn aus bürgerlichem Haus, eilte früh der Ruf als „Wunderkind“ voraus; zugleich hatte er eine Lungenschwäche und galt als empfindsam. Naturstudien und unter dem Einfluss des Symbolisten Max Klinger entstandene esoterische Sinn-Bilder prägen sein Frühwerk. Mit dem Maler Franz Sedlacek und anderen gründete Brosch 1913 die – noch heute aktive – Künstlervereinigung MAERZ und wurde von der Kritik gefeiert.
Die Schau im Nordico fokussiert speziell auf die Alltagskultur der Zeit, in der Morphium teils stark verharmlost wurde. So ist der genannte „Giftgaden“ im Haus des Apothekers Sepp Melichar rekonstruiert, wo Brosch und seinesgleichen wie in einem Branntweinstüberl einkehren und „Stoff“ bekommen konnten.
Broschs Schaffen litt massiv unter der Sucht, und während die Aquarelle der frühen 1920er das Motiv der Ausweglosigkeit noch eindrucksvoll erfassen, lassen die späten, beinahe an New-Age-Esoterik erinnernden Bilder ratlos zurück.
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