Wie Katharina Grosse ihre Malerei mehrfach zum Leben erweckt

Wie Katharina Grosse ihre Malerei mehrfach zum Leben erweckt
Die renommierte deutsche Malerin adaptierte ihre Werke nach dem Auftritt in der Albertina - und gab dabei Einblick in ihre Praxis

Katharina Grosse ist eine Malerin, die Raum beansprucht: Mit riesigen Hallen, Gärten, ganzen Häusern, die sie mit Farben überzog, hat sich die in Berlin und Neuseeland lebende Malerin einen Ruf erarbeitet. Ihre Praxis der Landnahme wird ihr durchaus auch als feministischer Akt ausgelegt – waren doch Frauen in der Malerei traditionell lange auf kleine Formate und liebliche Themen reduziert, während die „Große Geste“ Männersache blieb. 

Dabei malt Grosse auch im Atelier und stellt Leinwandbilder her. Ihre Ausstellung in der Albertina, die am 1. April zu Ende ging, hat nun in der Galerie nächst St. Stephan von Rosemarie Schwarzwälder, die Grosse seit vielen Jahren vertritt, ein zweites Leben bekommen (bis 18. 5. 2024).

„All die Überlebensformen und Daseinsformen des gemalten Bildes finde ich total interessant“, sagt Grosse beim KURIER-Gespräch in der Galerie, wo Werke, die in der Pfeilerhalle der Albertina direkt auf die Wand gepinnt waren, nun – auf Keilrahmen aufgespannt und mit schlichten Holzlatten gerahmt – abgeschritten werden können. „Für mich artikuliert sich das Bild eigentlich über das Gemalte und nicht über den Untergrund“. 

Wie Katharina Grosse ihre Malerei mehrfach zum Leben erweckt

Es ist dieses ganz spezielle Bildverständnis, das Grosses Kunst so erhellend macht: Das, was die Künstlerin als „ein Bild“ bezeichnet, ist nämlich als großes Kontinuum zu verstehen, als eine Uferlosigkeit, die mit Bildformaten eigentlich nichts zu tun hat und damit durchaus frech, auch ein wenig anmaßend verstanden werden kann. 

„Das Bildfeld, auf das ich male, ist viel größer als die Leinwand“, erklärt Grosse. „Ich denke nicht auf der begrenzten Fläche, sondern ich komme von außen aus einer viel größeren Überlegung in ein kleineres Format hinein.“ 

Wie Katharina Grosse ihre Malerei mehrfach zum Leben erweckt

Dabei sind Grosses Bilder stets von klaren Überlegungen geleitet. Die „kleinen“ Bilder in der Galerieausstellung – die immer noch Höhen und Breiten um die zwei Meter haben – sind gewissermaßen Destillate jener Regeln, denen die Künstlerin bei ihrer Albertina-Ausstellung folgte: In manchen überkreuzen und ballen sich die Farbbahnen zu einem Zentrum, in anderen scheinen sie jede Zentralität vermeiden zu wollen. 

Noch nicht ganz da

Aus allen ist die Dynamik eines immer wieder überprüften Malakts konserviert. „Die Fähigkeit, sich von einem Ergebnis zu verabschieden oder zu sagen: Es ist schon nicht schlecht, aber noch nicht ganz da, ist auch wichtig“, sagt Grosse, die manche Bilder für die Albertina-Schau teils mehrfach übermalte, andere innerhalb der Räume umhängte und diese dann wieder zum Kristallisationspunkt für Neues werden ließ. „Ich habe durchaus auch die Attitüde aus dem Atelier mitgenommen.“

Wie Katharina Grosse ihre Malerei mehrfach zum Leben erweckt

Die Albertina-Schau war dann auch eine Art Mischform aus Grosses räumlichen Projekten und ihrer Studioarbeit. In naher Zukunft plant die international höchst gefragte Künstlerin weitere Adaptionen von Werken auf anderen Maßstab: So soll etwa ein Bild, das 2018 auf riesigen Stoffbahnen in der Nationalgalerie in Prag entstand, in den Hamburger Deichtorhallen ein neues Leben bekommen, ein weiteres Großwerk wird im Mai für die Dependance des Centre Pompidou im französischen Metz adaptiert. 

Dass die Umformung der Albertina-Werke auf gerahmte Leinwände auch einen ökonomischen Hintergrund hat, verneint Grosse dabei nicht: „Das ist mein Beruf, und ich lebe davon. Ich könnte von den Installationen allein nicht leben – das hat auch damit zu tun, dass das meist öffentlich geförderte Institutionen sind.“ Die Umsetzung von Großprojekten brauche  einen enormen technischen und personellen Aufwand: „Wenn ich pro Jahr zwei oder drei solcher Projekte mache, kann ich davon nicht leben“, sagt Grosse.

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