Längst kann sich kein Kulturmachender mehr aufregen, in der Pandemie im Stich gelassen worden zu sein. Bis zum 31. Dezember 2020 wurden vom Bund Sondermittel in der Höhe von 221 Millionen Euro bereitgestellt – und zwei Drittel (147 Millionen) auch ausbezahlt.
Zudem profitierte der Kultursektor von Instrumenten wie der Kurzarbeit, der Mehrwertsteuersenkung, der Gutscheinlösung für abgesagte Veranstaltungen und dem Umsatzersatz. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) verwendete daher bei der Präsentation des Kunst- und Kulturberichts einen Satz, den Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) einst zum Credo erhoben hatte: Das Kulturministerium sei „ein verlässlicher Partner“. Nun auch in der Krise.
Österreich hätte, ergänzte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer, diese im Vergleich „gut gemeistert“. Zudem hätte sich gezeigt, wie stark die Solidarität zwischen den Künstlern, ihrem Publikum und den in Kunst und Kultur Beschäftigten sei.
Doch genug vom Blick durch die rosarote Politbrille. Es gibt auch Kulturbetriebe, die unangenehm aufgefallen sind. Die sich, wie das Wiener Schauspielhaus, nicht angestrengt haben, weil sie ohnedies von der öffentlichen Hand ausfinanziert sind. Das Landestheater Linz zum Beispiel schickte die Mitarbeiter zwar in Kurzarbeit, bezahlte sie aber voll.
Im Gespräch mit Ihrem Tratschpartner will sich Andrea Mayer dazu nicht äußern. Aber: „Bei den Bundestheatern wäre es nicht dazu gekommen.“ Sie versteht die Kurzarbeit als Akt solidarischen Handelns. Schließlich wurden die Mitarbeiter, die auf maximal 20 Prozent des Gehalts verzichteten, in Anstellung gehalten. „Das zu verzerren“ (Mayer meint: zu missbrauchen), sei „nicht im Sinne der Allgemeinheit“.
Mehr involviert ist die Staatssekretärin in die Causa Josefstadt. Theaterdirektor Herbert Föttinger war treibende Kraft bei der Demontage von Mayers Vorgängerin Ulrike Lunacek gewesen; danach sorgte er mit manchen Aussagen für Verwunderung. Und schließlich, von 23. bis 25. April, flog er mit dem Hubschrauber nach Bozen auf das Anwesen des Unternehmers Hans Peter Haselsteiner. Es soll sich um eine Dienstreise gehandelt haben.
Doch der Mäzen weilt immer wieder in Wien. Und er machte Föttinger keine Hoffnungen: Er, Haselsteiner, müsse erst einmal stemmen, was er sich bereits aufgeladen habe, bevor er eine neue Scheibe auf die Stange lege. So wird es also vorerst nichts mit der Josefstadt-Box.
Aber warum flog auch Föttingers Frau, die Schauspielerin Sandra Cervik, mit? Kommunikationschefin Christiane Huemer-Strobele teilte auf Nachfrage mit, dass „die Vorwürfe, die uns bereits seit Ende April bekannt sind, da sie in einem anonymen Schreiben an verschiedene Stellen ergingen, von einem renommierten Anwaltsbüro geprüft und für haltlos erklärt“ worden seien.
Der Mailschreiber (die Identität ist dem KURIER bekannt) hatte – also vielleicht zu unrecht – einen Verstoß gegen Compliance-Regelungen gemutmaßt. Daher sei nur darauf hingewiesen, dass noch ein zweites Paar mitflog. Aber er merkte auch an, dass damals ein strenger Lockdown herrschte und Italien als Hochrisikogebiet eingestuft worden war. Das Ensemble sei „sehr irritiert“ gewesen – weil Föttinger nicht anders handle als die Mächtigen, die er auf der Bühne kritisiert.
Andrea Mayer hörte sich die Geschichte mit Amüsement an. Es sei nicht ihre Aufgabe, die Einhaltung der Covid-Maßnahmen zu überprüfen, sagt sie. Sie jedenfalls sei zum fraglichen Termin in Wien gewesen. Politiker haben ja – das sagte sie allerdings nicht – wie Theaterdirektoren Vorbildfunktion. Und sie sei bereits „in einem Alter, in dem man sich nicht mehr über viel wundert“.
Auch dass die Josefstadt kaum Kurzarbeitsgelder lukrierte, über die Maßen produzierte und ein Defizit von geschätzten zehn Millionen Euro machte, verwundert nicht.
Aber all das ergibt ein Bild. „Die Josefstadt hat heuer eine Erhöhung von drei Millionen Euro bekommen“, stellt Mayer lakonisch fest. Also rund 20 Prozent mehr, das ist kein Schmutz. Die Gesprächsbasis sei zwar eine gute; aber weil die exakte Schadenssumme nicht einmal der Josefstadt-Geschäftsführung bekannt sei, wird es nun eine Sonderwirtschaftsprüfung geben. Auftraggeber ist der Aufsichtsrat des Theaters. Die Direktion wehrt sich angeblich gegen den verlangten Umfang, die Beamten von Mayer hingegen halten dagegen. Denn: „Mir ist diese Prüfung wichtig.“ Und so dürften nun die Nerven blank liegen.
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