Die Schaubühne als moralische Anstalt – am Beispiel Linz

Die Schaubühne als moralische Anstalt – am Beispiel Linz
Trenklers Tratsch: Die Mitarbeiter des Landestheaters Linz erhielten auch in den Monaten der Kurzarbeit 100 Prozent des Gehalts.

Gleich vorweg: Es ist immer alles rechtens. Und man wäre ja blöd, würde man nicht kassieren, was der Finanzminister offeriert. So erhielt, wie "der Standard" berichtete, Andrés Orozco-Estrada, Chefdirigent der Wiener Symphoniker und in coronafreien Zeiten weltweit viel beschäftigt, im Vorjahr rund 211.000 Euro – „und zwar unter dem Titel der Umsatzentschädigung“.

Da ging manchem das bereits G’impfte auf. Und Fieberschübe folgten letzte Woche auf die Lektüre der "Oberösterreichischen Nachrichten". Die genannten Zahlen stimmen zwar nicht ganz, wie sich beim Re-Check herausstellte, aber an der Tatsache selbst gibt es keine Zweifel: Das Linzer Landestheater schickte viele seiner Mitarbeiter – in der Regel 550 von etwa 1.000 – monatelang in Kurzarbeit. Daher konnte Geschäftsführer Thomas Königstorfer die vom Land gewährte Subvention (von jährlich 41,1 Millionen Euro) gehörig auffetten: Über den Arbeitsmarktservice erhielt das Landestheater etwas mehr als sechs Millionen Euro an Steuergeld zusätzlich.

Bekanntlich war es das Ansinnen gewesen, die Menschen in Beschäftigung zu halten. Der Mitarbeiter leistete zum Beispiel nur 20 Prozent (weil es einfach nicht mehr Arbeit gab), bekam aber 80 Prozent seines Gehalts. Das Unternehmen zahlte nur die tatsächlich geleistete Arbeit, die Differenz übernahm der Staat. Das klang vernünftig. Bei der AUA sind noch immer Tausende Flugbegleiterinnen in Kurzarbeit. Und viele von ihnen sind wohl dankbar, nicht gekündigt worden zu sein.

Im Linzer Landestheater und den angeschlossenen Kulturbetrieben denkt man aber anders. Man fand es im höchsten Maße unfair, dass es Menschen (etwa an den Universitäten oder im Landesdienst) gibt, die nicht in Kurzarbeit geschickt worden waren, obwohl sie kaum Aufgaben hatten, und folglich keine Gehaltseinbußen hinnehmen mussten.

Die Betriebsräte ließen sich ihre Zustimmung zur Kurzarbeit teuer erkaufen: Königstorfer musste den Mitarbeitern die Differenz auf die 100 Prozent ausbezahlen. In Form einer freiwilligen Überzahlung. Freiwillig war sie aber natürlich nicht, sondern erpresst.

Königstorfer hatte, wie er dem KURIER erklärt, auf den Deal einzugehen. Denn wenn er auf die Kurzarbeitsentschädigung verzichtet hätte, hätte er seine Geschäftsführerpflichten verletzt. Er lobt unter anderem die von Christian Kircher geleiteten Bundestheater: Dort war die Kurzarbeit anstandslos akzeptiert worden. Auch bei den Bühnen Graz gab es keine Sonderzahlungen. Aber das Landestheater sei, so Königstorfer, nicht der einzige Kulturbetrieb, der „freiwillig“ mehr zahlte.

Wie viel die freiwillige Überzahlung kostete (etwa so viel, wie das AMS bezahlte?), will Königstorfer nicht sagen. Er erklärt lieber, was das Publikum vom Deal hat: Die Linzer Bühnen sperrten bereits zum ehestmöglichen Termin, am 19. Mai, auf und spielen bis zum 18. Juli. Das ist echt einzigartig. Das Volkstheater z. B., nun von Kay Voges geleitet, ist längst in den Ferien. Es hatte bloß zehn Tage Programm gemacht.

Für Friedrich Schiller war das Theater eine moralische Anstalt, die Werte vermitteln solle. Nein, nicht jene von Thomas Schmid.

Die Mitarbeiter in Linz würden mit ihrem Verhalten, so der Dirigent Franz Welser-Möst in der OÖN, „den letzten Rest an Glaubwürdigkeit und Achtung“ verspielen: „Ich bin entsetzt über die Arroganz der Kollegen.“ Er schäme sich für sie. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Kommentare