Gentleman und Erneuerer: Hans Landesmann gestorben

Hans Landesmann war einer der Chefs der Salzburger Festspiele und auch erfolgreich in Wien.
In der Musikszene wird der Tod von Hans Landesmann betrauert – weit über Österreich hinaus.

Einer dieser Tage. Im wahrsten Wortsinn todtraurig.

Zuerst wird bekannt, dass Marcel Reich-Ranicki gestorben ist. Jener Kritiker, der auch den Autor dieser Zeilen zur Literatur verführt hatte. Vor vielen Jahren, als Reich-Ranicki Juror beim Wettlesen zum Bachmann-Preis in Klagenfurt war. Wir bekamen schulfrei, wenn wir lieber ins Landesstudio wollten um zuzuhören. Und wie wir wollten. Reich-Ranicki saß im hellblauen Sakko da und schaute wie der strengste Lehrer. Zwischendurch zückte er sein hellblaues Stofftaschentuch und putzte sich die Brille.

Eine halbe Stunde später kommt die Meldung vom Tod des 81-jährigen Hans Landesmann. Jenes Musikmanagers, dem so viele Menschen so viel zu verdanken haben. Unter anderem Markus Hinterhäuser, der möglicherweise bald Intendant der Salzburger Festspiele wird. Er wurde von Landesmann stets gefördert.

Gründer

Claudio Abbado musste von Landesmann nicht gefördert werden – der war längst ein Gigant, als er als Musikdirektor an die Wiener Staatsoper kam. Aber die Gründung des Gustav-Mahler-Jugendorchesters geht auf deren gemeinsame Kappe. Auch das Festival „Wien modern“ (das einst so wichtig war im konservativen Wien und heute seinen Platz sucht in einer Stadt, die Landesmann zu einer zeitgemäßeren gemacht hat) wäre ohne seine Initiative inexistent.

Er hatte stets ein offenes Ohr für junge Künstler. Für Menschen mit Visionen. Er vermittelte in Salzburg, als Gérard Mortier wieder einmal ein schwieriges Leben als Festspielchef hatte. Er unterstützte diesen als Geschäftsführer und Konzertverantwortlicher. Nach Salzburg bewies er in Wien, dass der Musikbereich bei den Festwochen einen größeren Stellenwert haben kann, und verwirklichte als Musikdirektor exzellente Produktionen. Vor Salzburg (ab 1977) hatte er in Wien das Konzerthaus erfolgreich geleitet.

Ein persönlicher Ausdruck tiefer Betroffenheit sei erlaubt: Auch der Autor dieser Zeilen verdankt Landesmann enorm viel. Wunderbare Gespräche. Tiefe Einblicke hinter die Kulissen der Musikszene. Und anfangs sogar den Rat, sich vorbehaltlos und leidenschaftlich einer Musikberichterstattung zu widmen, die nicht immer zynisch sein müsse.

Landesmann und Zynismus, das passte gar nicht zusammen. Er war einer der seriösesten und kompetentesten Kulturmanager, die man sich vorstellen kann.

Geboren wurde er 1932 in Wien, aufgewachsen ist er, aus großbürgerlichem Hause stammend, teils in Budapest. Er studierte in Paris und in New York Chemie. Allein das zeigt, wie sehr er ein Mann von Welt war.

Nach dem Tod seines Vaters trat Landesmann, der auch als Pianist ausgebildet wurde, in den Fleischgroßhandel seiner Familie ein. Der Ruf der Musik holte ihn aber bald wieder zurück.

Zuletzt lebte er, seit Jahren sehr krank, recht zurückgezogen, teilweise am Mondsee. Bei zahlreichen Aufführungen, vornehmlich von Werken des 20. Jahrhunderts, tauchte er aber wieder auf.

Hans Landesmann wird künstlerisch sehr fehlen. Und vielen auch persönlich. Er hat einem von Stagnation bedrohten Genre eine Zukunft ermöglicht. Von ihm wird daher bedeutend mehr bleiben als von den meisten Kulturmanagern.

Wenn man doch noch einmal mit ihm lange sprechen hätte können . . . Adieu!

Kommentare